MELCHIORs PATRONA BAVARIAE
Ein grässliches Bild. Aber es musste gemalt werden.
Ronald Reagan & Helmut Schmidt erfanden Anfang der 80er Jahre die Formel, den Sowjetblock tot zu rüsten, indem sie doppelt so viel Atomraketen aufstellten wie das "Reich des Bösen" bereits aufgestellt haben sollte. Ihre Völker lehnten sich auf, Intellektuelle, Schriftsteller wie Heinrich Böll verließen ihre Schreibtische, um sich vor die Raketensilos zu setzen und sich von der Polizei wegtragen zu lassen. Andere setzten sich an ihre Stelle, wurden wiederum von der Polizei weg getragen....
Und wie verhält sich nun ein Künstler zu dem ringsum ausgebrochenen Hochrüstungswahn ?
Wenn er zudem in Bayern wohnhaft ist,
seinerzeit der größten Rüstungsschmiede des Kontinents ?
Er besinnt sich darauf, dass dieses Bayern
schon seit dreihundert Jahren eine Kriegsgöttin als Schutzheilige hat.
Die PATRONA BAVARIAE. Abgekupfert von der MARIA VOM SIEGE,
die 1571 behilflich war, das Abendland zu retten : Lass man nur die Türken klagen
wie Maria sie erschlagen
. Damals vernichtete bei Lepanto die christliche Seemacht die osmanische Seemacht.
Dabei hatten die Türken eigentlich gar keine Flotte, sie mussten sich erst in Venedig eine zimmern lassen.
Wo auch die christliche Flotte auf Kiel gelegt worden war, und Venedig verdiente an beiden.
Die Rolle Venedigs, des Rüstungsgewinnlers,
nahm in den 1980ern F. J. Strauß ein,
Bundesraffzahn und Begründer der CSU-Kleptokratie, der sich eigene Atomwaffen ausmalte und in seinem
Bayernreich die Rüstungskonzerne MBB, Krauss Maffei, MAN, Rodenstock, MTU, Diehl, IABG und andere groß gezogen hatte, um von der Hochkonkjunktur des Kalten Krieges abzusahnen.

1620 durfte ein anderer bairischer Potentat mit Hilfe der Maria den Antichrist schlagen :
die Armee Herzog Maximilians unterwarf am Weißen Berg bei Prag das protestantische Böhmen und der Herzog wurde dafür
zum Kurfürsten ernannt ( der nun den Kaiser mit-wählte ).
Sowie zum Oberkommandierenden der KATHOLISCHEN LIGA.
Maximilian beförderte die Maria vom Siege
zur PATRONA BAVARIAE,
zur Siegesgöttin seines Landes.

So steht sie an der Fassade seiner neuen Residenz,
die er sich als siegreicher Kurfürst
nun leisten konnte, unter ihr eine ewige Lampe
der (noch immer) anhaltenden Verehrung
und zertritt einer Schlange den Kopf.

Die Schlange symbolisiert die Türken,
die Andersgläubigen schlechthin,
die Ratten und Schmeißfliegen des F.J. Strauß.
Die Durchrassten und Durchmischten
des Edmund Stoiber.

Die Armeen der KATHOLISCHEN LIGA,
mit dieser Siegesgöttin auf den
Standarten, wüteten unter ihrem General Tilly
bis hinauf ins Norddeutsche
und zwangen damit Schweden,
Schutzmacht der Protestanten, zum Eingreifen.

Der Beginn eines Krieges,
der dreißig Jahre dauernd sollte.
Gustav Adolf, König von Schweden,
hat das von seinen Truppen besetzte
katholische München geschont, sogar gerühmt.
Maximilians General Tilly hat das protestantische
Magdeburg verwüstet und seine Bewohner
massakriert.

Zum Dank dafür steht Tillys Denkmal
in der Münchner Feldherrnhalle
( im Hintergrund links ).

1916, mitten im Ersten Weltkrieg,
wurde die PATRONA BAVARIAE
zur offiziellen Heiligen der katholischen Kirche,
“zur Ehre der Altäre“ erhoben.
Der Papst, umzingelt vom Königreich Italien
( dem Kriegsgegner Bayerns und des
Deutschen Reichs ) rächte sich damit subtil für die
Wegnahme des Kirchenstaates.
Und Ludwig III., letzter Wittelsbacher auf dem Thron,
( laut Verfassung war er gar nicht rechtmäßig
König, aber das ist eine andere Geschichte
in der Geschichte, mit der man sich nicht befassen soll )
entwickelte mit der maßgefertigten Heiligen im Rücken nun
Kriegsziel-Visionen : das an seine Pfalz grenzende
Lothringen wollte er für Bayern haben,
vergrößert um das Elsass, dazu Belgien und
dazu auch gleich noch die Niederlande.

Bayern als Küstenstaat und Seemacht !
Wir kennen solche Hybris von einem weiteren
bairischen Potentaten : vom Kurfürsten Max Emanuel,
dem Enkel des Kurfürsten Maximilian I.
Der sein ererbtes Bayern, weil es ihm zu klein war,
gegen die Niederlande und Spanien eintauschen wollte.

Und von seinem Sohn Karl Albrecht,
Kaiser Karl VII., der gleich nach dem ganzen Reich griff
und damit schon wieder einen Krieg auslöste.

Und von Franz Josef Strauß sowieso
mit seiner Gier auf eigene Atomwaffen.
Und von dessen Thronfolgern, die immer wieder
mal die Ordnungszelle
Bayern ausrufen
und den Marsch auf Berlin androhen.
Die bayerischen Ministerpräsidenten
sind ehrenhalber
die Oberkommandanten der
Schützen.
Aus Tradition.
Und die Traditionsfahne
unter der die Schießbajuwaren
marschieren und schießen
hat ihnen das Haus Wittelsbach
gestiftet.
Als es bereits abgesetzt war.


Zum Dank für ihre tatkräftige Teilnahme
an der
Niederschlagung der roten Republik
in München mit
über 1000 Toten,
darunter auch 55 russischen
Kriegsgefangenen und 20 katholischen Gesellen.
Die Oberammergauer feiern die Mörder von den
Freikorps noch heute mit einer Straße.
Den Einmarsch der
Schützen-Freikorps aus dem Oberland stellte
Heinrich Hoffmann, Hitlers Leibfotograf,
für seine
Postkarten in Trachtenkostümierung nach
und vollbrachte damit
Bahnbrechendes für die Trachtlerei , die
hierauf dank der NS-Organisation KRAFT DURCH FREUDE / KdF
zu einer Hochkonjunktur kam.
Die, KdF sei's gedankt, bis heute anhält.
Von den Nazis blieben die Schützen
unbehelligt, trugen sich doch den
selben waffentragenden Ungeist in sich wie diese
und waren gerade recht für Hitlers Allfrontenkrieg
als noch reichlicher geschossen wurde,
und diesmal nicht nur auf bemalte Scheiben .

In den braunen Jahren bestärkt
und bestätigt
und in den Warenkorb der
althergebrachten Tradition gepackt,
marschieren
und schießen sie noch immer -
Althergebracht seit den Mörderjahren 1919 und 1933.
Ein Blick ins Internet !
Das nächste Gauschießen steht stets irgendwo an.

"Gau" ist, nebenbei,
ein brauner Kernbegriff,
den sich außer dem ADAC
sonst niemand mehr in den Mund zu nehmen traut.
Auf den Füßen
meiner Rüstungsmadonna,
der PATRONA BAVARIAE NOVA
ließ ich
die Marktführer der Mordindustrie
Platz nehmen.
In der Tradition
der Stifterfiguren
des Mittelalters.
Altmeisterlich penibel auf Holz gemalt,
85 mal 138 cm,
bot ich die auf den aktuellen Stand
der Raketenzeit gebrachte
MARIA VOM SIEGE
eben jenen Firmen an
( und deren Anhängseln in der CSU ) ,
die auf den Zehen
der PATRONA BAVARIAE NOVA
für ihren Reibach beten.
Mit jeweils
„nachrüstungsfrommen Grüßen“ -

So an Prof. Gero Madelung , MBB Ottobrunn ( größter Auftragsnehmer der Bundeswehr ) : So wie seinerzeit die alte PATRONA BAVARIAE über dem siegrei­chen katholischen Heere, so soll nun meine PATRONA BAVARIAE NOVA über Ihrer segensreichen Arbeit schweben und etwaige Friedensbemühungen zu verhindern wissen...

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Prof. Gero Madelung , MBB Ottobrunn ( größter Auftragsnehmer der Bundeswehr ): So wie seinerzeit die alte PATRONA BAVARIAE über dem siegrei­chen katholischen Heere, so soll nun meine PATRONA BAVARIAE NOVA
über Ihrer segensreichen Arbeit schweben und etwaige Friedensbemühungen zu verhindern wissen, durch die
„bestimmte Forschungs- und Entwicklungspotentiale unter die Mindestkapazität re­duziert werden"( MBB-
Geschäftsbericht 1981 ) müßten. Denn: verheerend wäre es für uns alle, wenn wir in den neunziger Jahren Ihr
TKF oder Ihr PAH 2 missen müssten.

Friedrich Laußermair, Vorstandsmitglied MAN: . . . Ihrer Firma, die sich um die Heranschaffung der Pershing II
besonders verdient gemacht hat, als sie dafür die Sattelschlepper XM 1001 lieferte…

Prof. Rolf Rodenstock , Unternehmerfunktionär c/o Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung
( Spenden-Sammelstelle für die die CSU) : …gerade jetzt, da nicht einmal mehr auf den Papst Verlass ist, der die
Wissen­schaftler aufforderte „aus den Laboratorien und Werkstätten des To­des zu desertieren", um eine „von der
Vorsehung gewollte Friedens­macht zu bilden" - gerade jetzt ist die PATRONA BAVARIAE NOVA dringend
vonnöten. Bekommt doch gerade jetzt der alte Ablasskrämer-Spruch „Wenn das Geld im Kasten klingt/die Seel'
sich auf zum Himmel schwingt" an­gesichts unserer nuklearen Zukunftsaussichten einen völlig neuen, umfassenden
und endgültigen Sinn. In meinen Kindertagen beeindruckte mich ein Opferstock in den ka­tholischen Kirchen, der als Mohrenknäblein gestaltet war. Warf man da einen Groschen hinein, bedankte der kleine Schwarze sich mit einem
Kopfnicken. Für Ihre Zwecke ließe sich die PATRONA BAVARIAE NOVA eben­falls in diesem Sinne umrüsten: bei
Eingang größerer Summen könnten gewisse Partien des Bildes dankend erstrahlen. Selbstverständlich und angemessenerweise nuklear. . .

Dr. Hans-Heinz Griesmeier, Krauss-Maffei AG: In Ihren Chef-Etagen, dem größten Panzerhersteller Westeuropas, angebracht, würde die PATRONA BAVARIAE NOVA sogleich die Gebete erhören, die sich auf den ersehnten Export
Ihres Leopard auch nach Saudi-Arabien beziehen. Auf Ihren Gepard oder Leo­pard 2 montiert, könnte die PATRONA BAVARIAE NOVA bei der Münchner Fronleichnamsprozession …

Dr. Ing. J. M. Dathe IABG ( =Rüstungsforschungs- und Industrieanlagen -Betrieb von MBB und Bundeswehr ):
Sie könnten die PATRONA BAVARIAE NOVA etwa in Ihren Chef-und Test-Räumen anbringen, wo die PATRONA
die besonderen Dienstleistungen Ihrer im stillen so rührigen Firma ebenso still metaphysisch beschir­men würde.
Aber auch die Einrichtung einer Kapelle bzw. eines An­dachtsraumes wäre durchaus anzuraten: Ihre stillen Helfer
könnten sich hier täglich vor Arbeitsbeginn zu einem stillen Gebet versammeln.

Erzbischof Elmar Maria Kredel, Bamberg ( = katholischer Militärbischof der Bundeswehr ) : Jesus, obgleich
Religionsstifter und mithin Patron des mit dem Gebiet der NATO nahezu deckungsgleichen Christlichen
Abendlandes, ist neuerdings durch seine nicht mit dem Generalsekre­tär der CSU abgestimmten sog.
„Bergpredigt" unhaltbar und zum Sicherheitsrisiko geworden. An die Stelle solcher Wehrkraftzersetzer muss
schleunigst meine PATRONA BAVARIAE NOVA treten. Gerade in Zeiten der geistigen Mobil­machung ist ein
Bildsymbol vonnöten, zu dem die mobilisierten Mas­sen aufblicken können. Vor gar nicht so langer Zeit war das
der Bamberger Reiter in Ihrem Dome: er gab die klare Ausrichtung zum End­kampf gegen den heidnischen Osten.
Da aber der allerletzte Endkampf gegen denselben nicht mehr mit der Kavallerie gekämpft werden wird, sollte
an seine Stelle die - in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit be­findliche - PATRONA BAVARIAE NOVA
treten.

Bischof Josef Stimpfle, Augsburg : ….gerade Ihrem Bistum zur Verfügung zu stellen, damit die PATRONA
BAVARiAE NOVA in den Gotteshäusern von Neu-Ulm oder Oberroth-Kettershausen im Unterallgäu zur Aufhängung
kommt. Werden doch die Gläubigen in diesen Orten ganz besonders des himmlischen Schutzes bedürfen, wenn
die dort bereits in ständiger Alarmbereit­schaft stehenden Pershing lA-Raketen durch Pershings II ersetzt sind. Und
sie damit zu Anwohnern des nuklearen Holocausts werden.

An den Katholischen Pfarrer der Bundeswehrhochschule Neubiberg : Sie veranstalteten im Sommer auf dem
Gelände des Munitionsdepots Hohenbrunn eine Segnung ziviler Kraftfahrzeuge. Der dort angedrohte
Schusswaffengebrauch war zu die für die Dauer der Zeremonie suspendiert worden. Wahrhaft christlich !
Trotzdem - Hand aufs Herz, Herr Pfarrer: hat Ihr Segen den zivilen Fahrzeughaltern mehr gebracht als ein
paar von Weihwasser verur­sachte Rostflecken? Sind sie damit immun geworden auch gegen den atomaren
Holocaust, den näherzubringen gerade in Ihrem Amtsbe­reich einiges unternommen wird? Und, schlimmer
noch: sind die Fahr­zeughalter durch Ihren Segen auch immun geworden gegen die Zumu­tungen der sog. „Friedensbewegung", die sich verantwortungslos einer sog. „Bergpredigt" eines gewissen Jesus als
Argumentationshilfe be­dient ? Meine PATRONA BAVARIAE NOVA ist in dieser Situation so recht geeignet,
auch das Numinose wieder klar auf Vordermann zu bringen.

Bürgermeister Dr. Wilfried Zehetmeier ( CSU ), München : Nicht von ungefähr wende ich mich mit diesem
Stiftungsangebot an Sie. Sind Sie doch der Erfinder öffentlichen Ver­eidigung der Bundeswehr-Rekruten auf
dem Königsplatz. Während die Rekruten des österreichischen Bundesheeres ihren Schwur-Akt auf dem Boden
des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen leisteten, mußte unser Schieß-Nachwuchs auf einem Boden
schwören, den die­jenigen gelegt hatten, die auch das KZ Mauthausen angelegt haben. Der nächste Ihrer
Schwur-Zeremonien auf dem Königsplatz verdient die Mitwirkung meiner PATRONA BAVARIAE NOVA.
Eingerahmt von den Vorstandsvorsitzenden der Münchner Rüstungsfirmen mit Kerzen in den Händen ! Auch
bitte ich zu be­rücksichtigen, daß ich mein Gemälde mit seinen 85 mal 138 Zentime­tern weitgehend den
Körpermaßen Ihres Parteifreundes Dr. Friedrich Zimmermann angenähert habe, der - während der Zeremonie
da­hinter verborgen - nach vollzogenem Schwur hervortreten könnte, um als Experte für Eidesleistungen über
den Platz zu rufen: „So wahr uns Gott helfe!"

Im demnächst absehbaren Spannungsfall sollte meine PATRONA BAVARIAE NOVA sogleich in den
Atombunker in der Heßstraße 120 überführt werden, damit sie nicht nur die dort eingelagerten Lebens­mittel
im Werte von einer halben Million Steuergeldern beschirmt, sondern auch die wenigen Auserlesenen, die den
Vorzug haben wer­den, den nuklearen Holocaust ein bißchen zu überleben.

In langen Bunkernächten könnten sie dann, vor der PATRONA BAVARIAE NOVA, darüber nachsinnen,
wovon dieser Freistaat gelebt hat und woran er zugrunde ging.

Mit nachrüstungsfrommen Grüßen Ihr M.S.
Keiner der Angeschriebenen hat reagiert.
Keiner hat seine spirituelle Chance
erkannt, die ich ihm bot...
Bayernhymne 1983

MBB dir Land der Bayern
Panzer und Raketen ungezählt
schaufeln deine Mordfabriken
in die erste,dritte,vierte Welt
so vergoldend die Bilanzen
lupfend deines Überflusses Bau
aufgemauert von den Spitzen
deiner Staatspartei in weiß und blau

MAN dir Reich der Lederhosen
SIEMENS,MTU, KRAUSS MAFFEI und satt Profit
DORNIER dir Clan der Skrupellosen
Himmler Heinz verdient im Geiste mit
CSU dir Staat der Töter
dopend ihres Reichtums Stau
Raffer-Mafia der Wachstumsköter
Mörder-Republik in weiß und blau
Der 22.Oktober 1983 war der schönste Tag meines Lebens.
Der Höhepunkt der Gegenwehr, die ganz Europa ergriffen hatte.
Bei klarem Himmel, unter wohlwollender Sonne fassten sich
hunderttausende an den Händen.
Ich unter ihnen bei Jungingen auf der Schwäbischen Alb.
Diese Geste bewirkte, hundertausendfach, dass die Raketen
wieder abgebaut wurden.

Die Völker wurden seiner Herr jedoch
dass keiner uns zu früh da triumphiert -
der Schoß ist fruchtbar noch
aus dem das kroch.

Und, nun, Jahrzehnte später ?
Die bavarische Großmannssucht, die immerwährende Drohung des Marsches auf Berlin,
besteht fort, wie bloß maulheldenhaft auch immer. MBB ist in EADS aufgegangen und
zum europäischen Großkonzern angewachsen. Krauss Maffei hat sich um Wegmann vergrößert.
Ihr Panzer Leopard, in München zusammengeschraubt,
zieht im Nahen Osten seine Spur der Verwüstung in der Traditionslinie von Tillys Soldateska.
Mehr als die Hälfte der deutschen Rüstungs-Exporte kommen aus Bayern, von 2014 auf 2015
stieg die Ausfuhr der weißblauen Kriegswaffen um das Sechsfache, Umsatz 1,8 Milliarden Euro.
Die Rüstungsindustrie ist wendiger geworden, kleinteiliger, aber auch allgegenwärtiger -
selbst an einem Ort wie, sagen wir, Penzberg werden heutigentags von ein und derselben Firma
Schlüsselanhänger UND Kampfdrohnen gefertigt.
Nur das Bild,
das dagegen protestierte,
ist weg gesperrt.
Im Depot des Schlossmuseums Murnau
und darf nicht gezeigt werden.
Laut Museumsleitung wegen Jugendschutz.






"Nichts" hat Ödön von Horvath
in dem obigen Städtchen geschrieben
"gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit
als wie die Dummheit"

Das Haus
der Gabriele Münter
von
bodenständigem Brauchtum
umflossen


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Die Nachtübung

1938
Wir befinden uns,die Jahreszahl hat uns bereits darauf vorbereitet,in einer ausgesucht
stockfinsteren Nacht.
„Es lebe der Führer !“
Ah ! Wie wir sogleich heraushören,kommt jetzt endlich –
„Wir sind geboren – „
kommt jetzt endlich der Murnauer selbst zu Wort.
„ – um für Deutschland zu sterben !“
„Deutschland erwache ! Juda verrecke !“
und wie er die Weltläufte philosophisch bewertet seit eh und je,kernig,
bodenständig,erdverbunden –
Wir werden weiter marschieren
bis alles in Scherben fällt' –

wobei das mit der Erdverbundenheit vorderhand sonderlich zutreffend scheint,
arbeitet die benannte Auswahl der Murnauer Männerwelt sich doch in dieser ausgesucht
stockfinsteren Nacht auf ihren immerhin deutschen, aber eben doch :Bäuchen mühselig
voran.
denn heute gehört uns Deutschland
und morgen die ganze Welt
“.

Das nun ist ein Gesang eines weiteren Murnauers,Hans Baumann,man hört ihn allerorten
dargeboten in diesen Zeiten der stockfinstren Nächte –

„Alle Mann Achtung !“

Das ist nun die Stimme des Sonderer Lenz – des Murnauers schlechthin, des schlechthinnigen
Bodenständigen,wie er west in den Ur- und Untiefen der Seelen hierorts,in die keine Münter,
kein Seidl,kein Horvath und nicht einmal der andere Murnauer Siegfried Rauch,lang gedienter
Kapitän des „Traum-Schiffs“ je hinuntersickern werden – ist der Sonderer Lenz doch Scholle
von Scholle,Urscholle von Urscholle –
„Sieg Heil,Manndern !“
„Sieg Heil,Lenz !“
„Was ist,deutsche Manndern,das Ziel unserer heutigen Nachtübung ?“
„Das Russenhaus !“
Das Russenhaus ! Es räkelt sich da oben dreist am Hang mit seinem urgefährlichen
Krüppelwalmdach,zwischen zwei Eisenbahnlinie,und bedroht beide.
„Dieses ist,deutsche Manndern,eine Eiterbeule des Kulturbolschewismus.
Verstanden ?“

Keiner hats verstanden,das mit dem Kulturbuzismus oder so ähnlich, zumal
ihnen der bodenständige Murnauer Schnürl-Regen in die braunen Uniformen
oben hinein- und,angereichert mit ihren urmurnauerisch-muhakligen Körpersäften
unten durch die Wickelgamaschen wieder herausrinnt : so salben sie in magisch
bodenständigem Kreislauf mit ihren Säften die Scholle,die sie bekriechen.
Und von der der Sonderer Lenz ein Teil ist –

„Spähtrupp,Manndern !“
Drei Freiwillige robben voraus ins Stockfinstere und fassen mit gebotener
Vorsicht ( haben sie es doch mit einem Widersacher zu tun,der vor keiner
Heimtücke zurück schreckt ) das feindliche Objekt durch den schützenden
Staketen-Zaun hindurch ins deutsche Auge :
„Meldung,Manndern !“
„Da hockt a Weiwaz drinna.“
( Für Norddeutsche : in dem observierten Objekt befindet sich eine
Frauensperson.)
„Hockt da drinna heimtückisch im Trocknen währendessen dass mir deutsche
Manndern unsre Pflicht leisten gegenüber dem Führer und uns den Unbilden
der deutschen Witterung aussetzen !“
„Deutschland erwache ! „ respondieren die deutschen Manndern,triefend.
„Und was treibt des Weiwaz ? Meldung !“
„Es moid“.
( Für Norddeutsche : Sie beschäftigt sich mit der Anfertigung eines
Ölgemäldes.)
„Dieses ist,Manndern,ein Vergehen gegen die Richtlinien des Führers,
kunstmäßig ! „
Der deutsche Regen sickert in die deutschen Ohrwascheln der deutschen
Manndern und lässt sie mählich ertauben für die Worte des Sonderer Lenz.
Der muss nachbrüllen : „I hab gsagt : a Vergehen gegan Führer !“
„Juda verrecke !“liefern die die Triefenden pflichtschuldigst nach.
„Was für Farben benutzt das Weiwaz ? Meldung !“
„Rot halt.Blau.Gelb…“
„Manndern ! Mitten unter uns werden die künstlerischen Ideale unserers
Führers mit dem Pinsel besudelt ! Weil,was für Farben hat der Führer der
Nation verordnet ?“
„Braun,Lenz,braun !“
„Erwache !“
„Feldgrau !“
„Verrecke !“
„Und was no - ?“
„De Farb von dem Baaz,wo mia drinna kriachn.“
( Für Norddeutsche : das Kolorit der feuchten Scholle,durch welche wir
uns bäuchlings voranbewegen.)
„Was also,Manndern,erfordert die Lage ?“
„Erwache ! Verrecke !“
„Ausmerzen diese Eiterbeule des Kulturbuzismus !“
„Verrecke ! Erwache !“
„Fackeln g’hörn her !“
Flamme empor ! Und mit ihr ein kehliger Murnauer a capella-Gesang :
„Es zittern die morschen Knochen
der Welt vor dem großen Krieg –„
Kernige Männerarme schleudern deutsche Brände auf das Russenhaus –
„Wir haben den Schrecken gebrochen
und unser ist nun der Sieg – „
schon loderts an den Fensterläden –
„wir werden weiter marschieren
bis alles in Scherben fällt – „
die Dachbalken in Glut,der hölzerne Söller eine einzige Stichflamme –
„denn heute gehört uns Deutschland
und morgen die ganze Welt !“
„Erwacheverreckeerwacheverreeeeeee – „

Da hebts den Sonderer Lenz aus seinem Traum,er ist nun kein Ortsgruppenleiter mehr,
dafür weilt er – wie es ihm zusteht – in Walhall,rechter Hand dümpelt der ehedem
Führerbeauftragte für die Arisierung der Mongolei, der zwar nie zum Einsatz gekommen
ist, sich aber mit seinem Parteibuch Nummer 138 ein günstiges Plätzchen in der braunen
Brühe ersessen hat,in der sie alle hier dümpeln.Linker Hand der Zahngoldausbrecher von
Ravensbrück, der seit 59 Jahren beteuert,er habe die ganzen braunen Jahre lang ahnungslos
als Dentist in Altötting praktiziert und von der Degussa nie gehört und auf allen dreien wuchtet
massig Hermann Göring,welcher keinesweg an Umfang verloren hat seit seiner Einweisung
hierher, sondern ganz im Gegenteil,weswegen sie ihn in Treue fest hochstemmen aus ihrer
gemeinsamen Brühe –

Da schaut der Sonderer Lenz plötzlich durch eine Zeitspalte – hinüber ?
Hinunter ? Hinauf ? Jedenfalls auf sein Murnau.SEIN Murnau des Jahres 2004,und sieht
das Russenhaus da oben noch immer sich räkeln mit seinem urgefährlichen Krüppelwalmdach,
zwischen zwei Eisenbahn-linien,die es beide bedroht.
Und er sieht Busse vorfahren vor der Eiterbeule des Kulturbuzismus voller gepflegter alter
Damen,den Prospekt der Wanderung „Mit dem Blauen Reiter durchs Blaue Land in zwei
Tagen“ unter den Arm geklemmt sowie ein eigenes Malgerät,mit dem die gepflegten alten
Damen sich alle auf Gabriele Münters Motive stürzen werden – die Strahdrischen,die
Heustadel – um diese in eigenen Farbsinfonien aufs Neue abzuschildern.

„Wenn das der Führer wüsste…“ stöhnt der Lenz,und beschließt, doch lieber weiterhin
Hermann Göring zu lupfen.

Und wir wissen jetzt endlich,warum es immer im Gully grummelt, wenn wieder ein
Bus vor dem Münterhaus vorfährt.



"Mit der Lüge standen sie auf,
mit der Lüge legten sie sich nieder.
Lüge war ihre Ordnung, Lüge ihr Gesetz.
Lüge ihr Urteil, Lüge ihr Deutsch,
Lüge ihr Ethos und ihre Liebe.
Lüge alles,
und echt nur eines : ihr Hass."

Lion Feuchtwanger,
DIE GESCHWISTER OPPERMANN