MELCHIORs Gekritzel
Guten Tag

Ihr wollt zu denen von der "Römerstraße" und
Tullius Jocundus Spririo ? Oder Ludwig II. und Jesus ? Viel weiter hier, tief unten.
Hier oben kann ich nur mit dieser Allonge-Perücke dienen. Die hat mir eine
freundliche Dame gehäkelt, damit ich aussehe wie Daniel Defoe.
Oder wie William Hogarth, der Satiriker.
Einer von den Uralten ist jüngst
ins Jenseits gegangen ( altbairisch oder kommunistisch ? )
Im Jenseits wird er, wie immer mit bodenseerischer Stimme, den Tausenden, die schon auf ihn warten, wie immer weiter predigen.Alexander Kluge indessen ( immer mit dem infragestellenden "jaaa ?" nach je einem Satz )
predigt eh unbeeindruckt weiter predigt,während Jürgen Habermus, unser Ältester, wie eh und je mit einem Donnerwort den
philosophischen Diskurs unterbricht.






MURNAUER MYTHEN
1912

Kandinsky malt
Die Eingeborenen schauen zu.






Wieder einer hinüber.
Kissinger.
Aber Hallervorden gurkst noch herum.
Und Blomstedt hebt immer noch den Taktstock.

Mit 97...




AIWANGER SINGT

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Hubert Aiwanger singt :
"Ja, das Schreiben und das Lesen
ist noch nie mein Sach gewesen...."

Wir befinden uns, man hört es ja eh, mitten in Niederbayern.Zwischen grünen Wiesen und grünen Hügeln. Nur : auf denen weidet kein Getier. Sondern das Getier befindet sich hinter vier Wänden. Und ätsch : es ist gar kein Hornvieh ! Und oben drüber haben sie ein breites Flachdach, denn es sind gut und gern 50 fette Vierbeiner.

Aiwanger singt :
"...denn seit ich auf den Beinen
befass ich mich mit Schweinen.
Auch war ich nie ein Dichter
Potzdonnerwetter Paraplui
nur immer Schweinzüchter
Poetisch war ich nie !"

Und das Dörfchen da im Hintergrund heißt Rasdorf, und noch weiter hinten, das ist Rottenburg an der Laaber, und ganz hinten ist der Wahlkreis Landshut, aber : auf dem Zaun da ganz im Vordergrund sitzt ein fröhlicher Geselle, der Herr ist über die Vierbeiner und inzwischen auch über -

Aiwanger singt :
"Mein idealer Lebenszweck
ist Borstenvieh und Schweinespeck !"

  • und inzwischen auch über die Regierung droben in Berlin...aber pardon, ich muss mich unterbrechen, denn herein tritt, nein vielmehr rollt auf einem, wie gesagt : einem Roller, ein Mann im Trachtenanzug :"Grüß Gott, fröhlicher Landmann !"


Aiwanger singt :
"Ja auf das Schweinemästen
versteh mich am besten" -
Sagen Sie mal, wollen Sie gar nicht mitsingen ?"

"Verzehung, aber da wär ich fehl besetzt. Ich bin eigentlich Lehrer."

"Lehrer ! Scho wieder so a Intellektueller !"

"Aber eigentlich bin ich Verkehrsminister".

"So ! Sie Veganer san Verkehrsminister."

"Deswegen bin ich ja auf der Flucht."

"Ah ! Sie sind der Andreas Scheuer !"

"Nicht so laut. Ihre Agenten sind überall."

"Aha ! Wegen ihren allseits bekannten 230 Millionen Schulden beim Bundessteuerzahler."

"Nicht deswegen. Sondern weil ich immer noch in der CSU bin."

"Der endlich amal aufgelösten Partei ! Der Söder ist ins Engadin emigriert, die Ilse Aigner sogar nach Neuseeland. Was bleibt dene anders übrig, bei 98 Komma 9 Prozent in der Volksabstimmung."

"Ja, aber an der Grenz zur Schweiz, da steht Ihr Innenminister, der Streibl Florian, auf Posten und erkennt an jeden von der CSU scho von weitem.Eigentlich schaut er ja ganz gemütlich aus, so wia a Chorsänger ausm 'Zigeunerbaron` mit seinem ewigen grünen Westerl, aber beim Signal 'CSU' fangt er - hiiiiiiiiiiiiii - zum Pfeifen wia a Gamsbock - "

"Ja, des is alpenländische Tier-Solidarität !"

"Aber dann lasst er dieses fürchterliche Motorengeräusch über einen herein brechen."

"Jaaaa ! Unsere Turobschrammmer mit dem steuerfreien Diesel ! Denen ihre Stollenprofile ham de ganzen Grünen verbaazt."

"Aber was Ihre - mit Verlaub - Viecherln verdrücken, das ist doch genauso grün."

"Aber verwandelt in volksaufbauende Bio-Energie mit Brennwert 164 kcl ! Fettwert 5 Komma eins und Proteine b 5, b 6 - ein Volk, ein Reich eine Sau ! Niedernbayern auf an jedem Teller. 'Gillamoos ist eigentlich Deutschland" hat der Dingsda, der Friedrich Merz amal gsagt, und Gillamoos is reines Niederbayern, und oben drauf ghört als Krönung der panierte Saukopf, mit gstossene Lorbeerblätter, und Thhymian und Nelken..."

"Beim Friedrich Merz ?"

"Na, beim Saukopf.Und dann mit einer pikanten Soße zu Tisch.Da bricht das Beste, das Allerbeste aus am jedem Ripperl-Esser hervor ! In meiner Branchn, da hab ich jahraus jahrein ständig Konjunktur ! 160 000 Säu werden gschlachtet an oam einzigen Tag."

"Und haben doch eine Lebenserwartung von zehn bis fünfzehn Jahre."

"Lehrer Lehrer ! Er weiß schon wieder alles besser. Bei uns net - bei uns is finito nach sechs Monat. Elektroschock, Betäubung, Kohlendioxydgas und dann : Wiederauferstehng in der Bratröhre. Sie Veganer Sie. Und kommen Sie mir nicht mit dem Tierschutz und dem ganzen Graffel da - wia heißt des glei ? - diesen ganzen Religionsvorschriften..."

"Aber Sie werden doch hoffentlich Israel ausnehmen !"

"Ja was glauben Sie denn - wia mit damals in der Aiwanger-Familie diskutiert haben, beim Abfassen unseres Flugblattes !
Ergebnis : mein Bruder bricht übern Libanon her in Israel ein - "

"Der Waffenhändler !"

" - und das letzte Gefecht is an der Klagemauer und de Amerikaner - "

"Die werden das zu verhindern wissen !"

"Aber nach den Neuwahlen in den Staaten doch nimmer, Sie Veganer Sie ! Die Amerikaner schweben oben drüber und nehmen per Fox News alles auf, und zur Siegesfeier gibts Ferkelbraten mit Eiscreme und Rodeo-Ketchup mit Mangosoße."

"Mit Rodeo-Ketchup und Mangosoße....iiih !"

"Was glauben Sie, wia des dem Donals Trump schmeckt."

"Dem Donald Trump ?!"

"Unserm Oberkommandierenden. Grad mit Eiscreme und Rodeo-Steak. Und er danach aufstossen muss, und beleidigt er nach fünf oder sechs Mass Landshuter Dult-Bier den Streibl Florian und mei ganze niederbairische Bagasch liegt vor Lachen unterm Tisch - "

"Aber der Steibl is doch Ihr einziger Draht zu den Wählern."

"Genau des hat Väterchen Stalin aa immer gsagt. Und sich dabei denkt : a jeder dritte von meine Getreuen ghört sowieso umglegt. Ausdünnung fördert den Saubestand."

Da will Andreas Scheuer sich verdrücken.

"Sie wollen sich schon wieder verdrücken ? Echt CSU. Sie, unsere Trecker haben fei a Mords-Tempo drauf und dabei - "

"Dabei - ?"

"Wollt i Eahna doch grad begnadigen."

""Begnadigen ! Das hat der Söder früher auch gsagt."

"A Ruah is jetzt ! Zur Buße kommen Sie nach Sibirien."

"Nach Sibirien "!"

"Einzigartige Jagdgründe ! Hirsche ! Wildsäu ! Und Elche Elche Elche.Und wenn dann nächstens unsere Königin aller Herzen vorbei kommt zur Staatsjagd - "

"Die Königin unserer aller Herzen ?"

"Sahra Wagenknecht, unser Totalittärschnepfe. Und Sie Veganer stehen für ihr stramm. Als ihrv 177. Jagdgehilfe."

"Als Jagdgehilfe - "

"Grad der richtige Beruf für oan mit 230 Millionen Schulden. Dann also brechen Sie aus dem Frost heraus und treiben der Sahra Säu und Elche und Wilsäu vor den Jagdstutzen. Und sie plären dazu 'hurrax dax` - ich höre ?"

"Hurrax dax...."

"Was halt ein Treiber so plärrt."

"Und das muss ich alles zu Fuß meistern...ich meine von meinen Scheuer-Rollern aus ?"

"A Lehrer halt ! Denkt nicht ans Praktische ! Sie kriegen Drohnen zugeteilt."

"Drohnen...."

Beide singen :'
"Mamamtschi schenk mir ein Dröhnchen
Ein Dröhnchen war mein Paradies.
Es war einmal ein süßes Bübchen
das bettelte so wundersüß
Mamatschi, schenk mir ein Dröhnchen
ein Dröhnchen wär mein Paradies.
Darauf bekam der kleine Mann
ein Dröhnchen aus Eisenblech und PVC
die schaut er an und lacht und spricht :
Mamachen, schenk mir ein Dröhnchen
ein Dröhnchen wär mein Paradies..."










>>>
Dort, im Führerbunker, befinden wir uns derzeit nicht. Sondern im weitaus idyllerischeren Garmisch. Wir haben den 15. Mai 1945. Wir sehen im Hintergrund eine prachtvolle Villa im Garten, der um und um in Blüte steht.Ein Angehöriger der US-Streitkräfte tritt auf. Er ist nicht nur Reporter von "Stars and Stripes", der Zeitung der Armee, er ist auch Klaus, der älteste Sohn Thomas Manns.Der alte Herr, Herr des blühenden Gartens, begrüßt den GI "drollig und mit aller Herzlichkeit". Wie Klaus Mann später in einem Brief an seinen Vater berichtet.

Der alte Herr, wie wir schon ahnen, Präsident aller deutschen Tonsetzer, hat vor einigen Jahren Thomas Mann vor die Türe gesetzt schon wegen dessen "überheblichen Geschwollenheit". Umso größer nun seine Mitteilsamkeit, die durch keinerlei - so Klaus Mann - "Scham und Takt" gehemmt wird.

RICHARD STRAUSS :
Die Nazi-Diktatur, auch für mich lästig ! Da war zum Beispiel der höchst ärgerliche Zwischenfall mit den Augebomten, die in meinem, des Meisters Haus, einquartiert werden sollen. Man sich das vor ! Fremde hier, in meinem Heim !

Mit veiner Hand, die etwas zitterte - so klaus Mann - nicht vor Altersschwäche, sondern Wut, weist er auf das Haus : ein ländlich-eleganter Bau von stattlichen Dimensionen.

RICHARD STRAUSS :
Mein Appell an Hitler hatte keine Wirkung.ER bestand darauf, das auch ich Opfer bringen müsse. Einquartierung ! Der musikalische Geschmack des Führers denn doch etwas einseitig und speziell gewesen. Richard Wagner in allen Ehren, aber es waren auch noch andere da.Medine letzte Oper, "Die Liebe der Danae",m ist einfach ignoriert worden. Und Sie wissen ja, was für Schwierigkeiten ich wegen des Librettos von Stefan Zweig hatte. Und übr igens konnte ich ja1933 nicht ahnen, dass die Ressengestze kommen würden.

Da muss Klaus Mann denn doch nachfragen :" Haben Sie denn nie daran gedacht, Deutschland zu verlassen ?"

RICHARD STRAUSS :
Ich habe doch meine Einünfte hier, ziemlich große sogar. Schließlich gibt es bei uns bei uns minfestens achtzig Opernhäuser. Im Dritten Reich gab es sehr gut zu essen, besonders wenn man Tantiemen aus mindestens achtzig Opernhäuser scheffelte. Und manche der Nazi-Häuptlinge waren famose Menschen ! Hans Frank zum Beispiel, Statthalter in Polen, sehr fein ! Sehr kultiviert ! Er schätzt meine Opern ! Und Baldu von Schirach, der über die Ostmark zu gebieten hatte -

"Du schweig !" ruft draußen eine Dame.
Pauline stürmt herein, Generalstochter. Pauline de Ahna ist die Gattin von Richard Strauss. Sogar Baldur von Schirach hielt verschreckt den Mund, wenn sie am Reden war.

PAULINE DE AHNA :
Es geht gleich los.

RICHARD STRAUSS :
Wir verreisen doch nicht etwa ?

PAULINE DE AHNA :
Stell dir vor, der Herr Fabrikant Reinhart hat uns eingeladen. Zu sich in die Schweiz ! Und nicht nur er, auch der Herr Direktor der Schweizerischen Kreditanstalt. Und vor allem Frau Renee Schwarzenbach. Weißt schon, die Urenkelin von Bismarck, die immer so für den Führer geschwärmt hat.An den Genfer See laden sie uns ein, ins Hotel" Montreux Palace". Und dann nach Onchy sur Lac ins Hotel "Beau Rivage Hotel", und dan nach Pontresinains Hotel "Hotel Saratz" und - du schweig ! - ich habe noch gar nicht gesagt, ich habe schon komplett gepackt.

RICHARD STRAUSS :
Ich sehe allerdings sphärische Streifen über dem Waxenstein...

PAULINE DE AHNA :
Das sind die Amerikaner ! Die US-Luftwaffe hält sich für uns bereit, was sage ich : sie wartet schon auf ihrem Rollfeld hinteri Grainau. Die Herren Ofizziere sind ja so famos und fein und kultiviert ! Und da schau, sie haben uns sogar eine Ordonnanz geschickt, für das Gepäck.

Und sie stapelt alle ihre Koffer auf Klaus Mann.

PAULINE DE AHNA :
Und jetzt noch die Hutschachteln fein säuberlichen oben drauf...

Und Klaus Mann kann nichts mehr sagen.

PAULINE DE AHNA :
Und jetzt - du schweig - ich wollte sagen : steck deine neueste Partitur ein !

RICHARD STRAUSS :
Du meinst, ich soll ein letztes Mal komponieren ?

PAULINE DE AHNA :
Den Abgesang und das Finale auf alle künftigen Zeiten sollst zu Paper bringen. Ein letzes Werk ohne Opuszahl !

Die "Metamorphosen" nämlich. Eine endzeitliche-Suite für 23 Solostreicher, uraufgeführt von Paul Sacher von der Firma LaRoche AG, und im Publikum sitzen alle Herrschaften von der germanischen Rüstungs-Industrie.

PAULINE DE AHNA :
Du schweig !

Wir haben immer noch den 15. Mai 1945. Ringsum an den Wänden der Wallfahrtskirche in Partenkirchen erstrahlen barocke Fresken.Der Maler, der da nun malt, ist Josef Wackerle, Reichskultursenator, Professor an der Kunstakademie und geboren zu Partenkirchen, da drunten, ein paar Häuser weiter und zudem Träger des Deutschen Kunstpreises des Josef Goebbels - Wackerle also steht da mit seinem letzten gebündeltem Einsatz,

JOSEF WACKERLE :
Ha ! Großer Führer, der du mich zu den Auserlauchtesten der Auserlauchten gerufen hast, zum privillegiersten Künstler deines Endkampfes, zu allerersten Garde deiner Entscheidungsschlacht, tief errungen drin in der Alpenfestung -

Wackerle wird immer unverständlicher, da er sich in das Zugspitzlatt hinein malt Zentimeter um Zentimeter. Zusammen mit Strauss und Albers und Gubransson und Leni Riefenstahl - da aber tappt ein GI herein, und er hat immer nach Frau Pauline de Ahna Koffer um die Ohren. Josef Wackerle entdeckt entsetzt : der Angehöriger einer feindlichen Macht !

JOSEF WACKERLE :
A Amerikaner ! Ja da legst di nieder.

Klaus Mann entledigt sich der Koffer und fragt ."Bin ich hier richtig bei der 74.Airborne-Kompanie ?"

JOSEF WACKERLE :
Habe die Ehre, fremder Krieger ! Wann Sie sich bitte ganz ruhig hinstellen könnten, vor die Alpenfestung, dann mal ich Ihnen ganz adrett gleich mit hinein.

Und so entstand Josef Wackerles Gemälde "Wie die Amerikaner grad Garmisch-Partenkirchen erobern". Es hängt heute immer noch oben in Sankt Anton, umgeben von 10673 Andachtsfotos von Gebirgsjägern, die dieses glückhafte Ende freilich nicht mehr erleben durften. Da stürmt Pauline de Ahna herein -

PAULINE DE AHNA :
Und wo bleiben eigentlich meine Koffer ?

Josef Wackerle hebt den Finger an den Mund. Und alle singen fröhlich mit :

Es gibt a Loisachtal alloa
A Zugspitz und an Waxenstoa.
Da derfst de ganze Welt ausgeh
Du findest nirgends mehr so schee





( Die wörtlichen Zitate von Richard Strauß findet man in Klaus Manns "Der Wendepunkt", im 12.Kapitel )







Der altbekannte Murnauer Friedensmann,
mit dem die Touristen sich fotografieren lassen
und
der jahraus jahrein im Winter wie im Sommer
bei dem Murnauer Haupt-Monument,
der Madonna am Obermarkt Wache hält.

Für den Frieden !
Alle zehn Minuten dreht er sich um.

PEACE verkündet seine Fahne,
aber er hat auch
Schriften der Reichsbürger mit im Gepäck.

5.7.2024.
EIN NACHBAR

Das ist ein Nachbar aus dem Hause gegenüber,
Schneckenburger 20, hier auf der späteren Leopoldstraße im Jahre 1911
im Alter von 41 Jahren. Acht Jahre später war es ihm gegeben,
in den Räumen Fenster an Fenster gegenüber den jungen Revolutions-Aktivisten Eugen Leviné vor den Mördern der weißen Garden zu verstecken.
26 Tage lang. Später, mit Leviné vor Gericht, wurde Botho Robert Schmidt freigesprochen.
Leviné wurde füsiliert.



Ein anderer Nachbar, im nächsten Hochverrats-Prozess, vier Jahre später
wurde in Festungshaft genommen und vorzeitig entlassen.
Sodass er sein Werk vollenden konnte
in einer Wohnung, zwei Ecken weiter.
Gemäß der von ihm erfundenen Vorsehung.

München lag danach in Tümmern.


MURNAUER MYTHEN 1912

Paul Klee und Wassily Kandinsky
begegnen auf der Promenade
dem Sonderer Lenz





AUF DER FRIEDENSDEMO

28.3.03
Der Löwe an der Münchner Feldherrnhalle
ist auch nicht für den Krieg des George W.Bush im Irak.
Anders als dessen lauthalsige Befürworter
Wolf Biermann, Henryk M. Broder, Josef Joffe ( DIE ZEIT ) oder Helmut Karasek,die sich damit für Abu Ghraib und Guantanomo persönlich verantwortlich gemacht haben.

Auf AUFSTACHELUNG ZU EINEM ANGRIFFSKRIEG
stehen bekanntlich nach StGB § 80 nicht unter 10 Jahren Haft bis lebenslänglich.

WANN
haben die Genannten die eigentlich abgesessen ?

DER VOYEUR

im Bilde links, wie er in der Alten Pinakothek München ins Auge fasst was Michael Pacher und andere Mittelaltermeister für ihn gemalt haben damit er, der Voyeur, es nun voyeurieren, visitieren, voyeurisieren, mit den Augen zwar nicht begreifen,aber
doch in Besitz nehmen kann.
24.3.08






La voyeuse
Rom Thermenmuseum
19.3.02

Voyeurin,
vor Rubens' Höllensturz der
gleichgearteten, allerdings
nackerten Dicken.

Alte Pinakothek München
12.2.06
Der Voyeur
bei der Arbeit : der Herr rechts sitzt nur da
damit seine Gattin eine Rückenstütze hat
während sie den Katalog studiert.
Sobald sie den zuklappt, erhebt er sich. Erleichtert.
Männerschicksal beim fast immer weiblich
veranlassten Museums-Besuch.
Museo Thyssen-Bornemicza Madrid
1.11.02
Der Voyeur
ist gar kein Betrachter, Schauer,
Beschauer, Wahrnehmer -
schon gar nicht ist er ein Entdecker :
er kommt ohne
eigene Augen & Gesichtssinn aus,
denn er wird von einer Stimme
gelenkt die ihm befiehlt
was er zu besichtigen hat.

Colmar Musée Unterlinden
19.5.02

Nachwuchs-Voyeur
mit Mutti vor einem Höllenbild
des genuesischen Finsterfantasten
Alessandro Magnasco ( 1667-1747 ) :
"Ich möchte da nicht rein,
in die Unterwelt da".

Haus der Kunst München
7.2.03




Trunkener Silen,
Nüchterner Voyeur

Alte Pinakothek München
26.10.08
Auch der
Voyeur ( rechts ) muss zeitweise nachdenken.
Der Penseur dagegen ( links ) denkt immerzu nach.
Sogar auf der französischen 2€-Münze, befingert von toute la Nation.

Sein Original sitzt vor dem Höllentor
im Musée Orsay in Paris in einem figurenreichen
Gips-Ensemble
bei dem man dankbar
ist dass es nie in Erz gegossen wurde.
Solo & allein grübelt der Penseur ja auch
weitaus eindrucksvoller vor sich hin.
Was lernt uns das ?

Strasbourg musée d'art moderne
17.4.04




MURNAUER MYTHEN 1920

Die Murnauer bekommen
von den pensionierten
Wehrmachtsoffizieren
erklärt
wer den 1. Weltkrieg gewonnen hat









Café du Commerce,
Saint Pierre d'Oléron 2.6.02
Der genialisch Zerwühlte in der Mitte
ist der scheue Betreiber des Kinos.
Ehrgeizig bei den Premieren gleichauf
mit Saint Germain de Pres, aber wehe man lobt ihn dafür -
dann macht er verschreckt zu -
autistisch wie alle Cinemanen.
Und Herr aller Voyeure.


Amsterdam, Tropenmuseum 17.4.09

"Wenn jedes Ausstellungsstück eine Stimme hätte,
herrschte im Tropenmuseum ein grenzenloses
Stimmengewirr."
Auch der Versklavten und Erschlagenen.
Anders als in deutschen ethnologischen Museen
drücken sich die Holländer nicht um die Verbrechen ihrer
Vorväter in den Kolonien.
Steinhausen / Österreichisch Schwaben 8.6.02
Eine der schönsten Kirchenbauten von Dominikus Zimmermann.
Nach deren Besichtigung im Café eine Busladung aus Aachen.
Erste von links :"Ich werfe meine Rente nich zum Fenster raus.
Wat, sieben Kinder haben Sie ? Danach sehn Sie nich aus."
Zweite von links: "Die Kirche is 1731 erbaut".
Dritte von links :"Wat, seh ich nich nach aus ?"
Danach schweigen die Erste und Dritte sich feindselig an bis
zum Ende des Beobachtungszeitraums.
Die Vierte von links, in die Stille hinein : "Wat, so alt schon ?"

Café du commerce, St.Pierre auf der Ile d Òleron !
Hier hab ich als Schnellporträtist meine besten Fänge gemacht. Die Nachbartische waren nur wenige Armlängen entfernt
und da Franzosen eh ständig in Conversation begriffen sind, haben sie
den zeichnenden Voyeur nie bemerkt.

26.5.10

"Diese Morgenspaziergänge waren meine besondere Freude,
und ich darf sagen, die schönsten und
poetischsten Stunden meiner Oléron-Tage auf diesem prächtigen Rempart zugebracht zu haben. J
e nach der Stunde,zu der ich hinaustrat, fand ich Flut oder Ebbe, begrüßte ich das steigende oder
das schweigende Meer."


Theodor Fontane 1871 über die Ile d'Oléron
Café du Commerce !
Der Besucher meiner Website
( der auch Voyeur ist )
weiß inzwischen, wo.

Stammgäste, allmittäglich hier anzutreffen.
Wie, durch Jahrzehnte jeden Sommer auch wir -
meine Frau Irmtraud und ich.
26.5.10
Florenz.

Eine deutsche Kunsthistorikerin,
ein deutscher Kunsthistoriker,
lassen die Voyeure aus sich heraus :
"Muss verrückt gewesen, Julius II. -
Kapelle nich fertig gekriegt..."
Sie schweigt.
"Boboli-Gärten - warst du doch sicher
auch enttäuscht..."
Sie schweigt.

Café Pitti 2.11.03
Madrid, Museo reina Sophia, 3.11.02
Versunkenheit vor Picassos GERNIKA.Stille wie in einer Kirche. Noch nie erlebt vor einem Gemälde.Die beiden Wachkerle lassen die Besucher nicht aus den Augen. Nicht einmal Niederknien lassen sie durchgehn ( mir, um zu zeichnen ). Trotzdem wirken die rüden Burschen wie eine Ehrenwache.

Als ( wenig später ) US-Außenminister Powell im UN-Gebäude in New York die gefälschten Beweise der Bush-Regierung vorlegt, die den Angriff auf den Irak rechtfertigen sollten, wird vorher die Kopie von GUERNICA zugehängt.

MURNAUER MYTHEN
Das Feigenblatt












Argenton sur Creuse
Département Indre
28.7.05
Nach einer überaus langen Reise
von Sibirien nach Lübeck,
von da in die Poschingerstraße in München-Bogenhausen,
nach der Plünderung derselben durch die SA ins Schaufenster
eines Kurzwarengeschäfts im Hackenviertel wo er Häkeldeckchen
vor seinen Bauch halten musste steht Thomas Manns Bär nun im
Münchner Literaturhaus.Nach jeder Renovierung blonder, aber
immmer noch das Tablett für die Visitenkarten in den Tatzen
wie in den BUDDENBROOKS.
18.2.10
München, Pinakothek der Moderne
ein Bau den ich bewundere. Drum herum nur Bau-Schrecknis.Verantwortlich :
CSU-Kultusminister Zehetmaier, der sich immer bei den Marien-Wallfahrten der CSU nach Tunten( ! )hausen als Betbruder in der ersten Bank fotografieren ließ,
verbot dem Architekten dieses Jahrhundert-Bauwerks sogar
seine eigene Baustelle zu betreten und bei der Eröffnung zu sprechen.
Die Wallfahrten nach Tuntenhausen haben also nichts bewirkt...

7.12.03


"Wir hatten uns noch nie
etwas zu sagen, Herr Vetter".

Kardinal Leopoldo de Medici und sein Großneffe Gian Gastone,
der allerletzte der Medici. Weil er auf seine Perücken mehr Mühe
verwandte als auf seine Nachkommenschaft, fiel die Toskana
an Österreich.

Eingang zu den Uffizien, Florenz 31.10.03


MURNAUER MYTHEN

1.November 1938
Wie der Sonderer Lenz zur
Reichskristallnacht
erfolglos eine Synagoge
in Murnau gesucht hat










La Gomera
Valle gran rey 12.3.08

Playa inglés
Die Brandung ist so heftig, dass sich niemand ins Wasser traut.
Der Strand hier heißt "inglés" weil er die Briten zu Recht an i
hre Orkney-Inseln erinnert.

Vor allem die schottisch wüsten Brecher.
Klovierswall ( auch schon von Kokoschka gemalt ) Amsterdam 18.4.09

Enkelin Naumia, damals 15, kriegt im coffeeshop keinen Kaffee, weil sie noch nicht 18 ist. Wir kapieren : hier wird nicht Espresso verkauft, sondern Kokain. Drogenhandel bringt Reibach und ist darum nach
calvinistischem Verständnis gottgefällig.
Wie die Prostitution der 50jährigen Dickmamsells aus der Karibik gleich nebenan in den rosa Schaufenstern rund um die Oude Kerk , die Alte
( calvinistische ) Kirche .

Irmtraud zeichnet unerschrocken wie stets.
Diesmal Ferdinand Hodler.Und wird es hinterher tous le monde
ebenso unerschrocken zeigen. Wie alle ihre Zeichnungen.
Ich traue mich nie, die meinigen zu zeigen.
Erst hier, auf der Website...

Hypo-Kunsthalle, München 1.10.10


"Pagar ! Pagar !"
Zahlen, zahlen, ruft die Aufseherin
nachdem
ich sie beim Gähnen
vor dem Heiligen Sebastian
von El Greco erwischt habe.

Prado Madrid 31.10.02





Blockhouse
nennt der französische Volksmund
die Reste des Atlantikwalls
der so weit unten in der Biscaya
die Invasion der Alliierten
ohnehin nicht verhindern konnte.
Heute, fünfzehn Jahre später, berichtet Enkelin Naumia,
hat der Atlantik sie verschlungen.

Île d'Oléron, Grand Plage, Juni 2002
Aus Lanzada
angelehnt ans Bernina-Massiv, dem entlegendsten und
unbekanntesten aller Alpentäler ( zumindest der Lombardei )
möchte man sich nicht mehr wegbegeben.

Ich zeichnete mich darum in seine Felsen ein,
hoffend, ein Bleiberecht zu erwirken.

Val Malenco 23.8.10
Die Epitaphe
im Kreuzgang des Freisinger Doms
haben eine individuelle Prägnanz wie nirgendwo sonst
auf Grabplatten, wo die Verewigten
in Stein gehauen alle schematisch gleich aussehen.

Nicht so hier.
Hier sind sie so unverwechselbar
als sprächen sie zu einem. Und sieht der Mittlere
nicht aus wie Carl Amery ? Der die BESTIENSÄULE unten in
der Krypta in einen seiner Romane eingebracht hat.
Und dessen Vater hierorts Lehrer war
und zugleich das Modell
für Serenus Zeitblom, der uns in
Thomas Manns DOKTOR FAUSTUS
das Leben desselben erzählt.

18.10.03




MURNAUER MYTHEN

Wenn Kandinsky in Murnau geblieben wäre :
"Jetz lernt er endli amoi
wahre Kunst malen:"







Ein Steinalter wird direkt neben meinem
rechten Ellenbogen ( grade, dass ichs zeichnen kann )
von einer zu allem entschlossenen 40jährigen
brünstig stöhnend abgeschmust.
Für eine Tochter/Enkelin ist sie zu leidenschaftlich-libidinös,
für einen Liebhaber ist er zu teilnahmslos-statisch.
Das Rätsel blieb innerhalb des Beobachtungszeitraums
ungelöst.

Florenz, Piazza S. Spirito, 6.4.07
Eine denkbarst hinfällige
alte Dame schleppt sich mühsam von
einem der Fleischgebirge des Lucian Freud
zum nächsten und betrachtet sie mit sichtlichem Genuss.
Das kanns nur in London geben, in
der einzigen NATIONAL PORTRAIT GALLERY,
in der gnadenlose Konterfeis versammelt sind,
wie man sie auf dem Kontinent nie zu sehen bekommt,
wo seit Ludwig XIV. die Porträtisten die Porträtierten
mit dem Weichzeichner zuschminken müssen.
Bis zur Verunstaltung. Zur Verschönlichung.
Bis zur Entwürdigung. Des Porträtisten.
Nein : beider. Schaut euch die NATIONAL PORTAIT GALLERY an !
London 23.5.12
Café Cacatua, La Gomera 19.3.09.
Durchhängerische Siesta-Stimmung :
"Halligalli wieder, was, heut nachmittag !"
sagt einer zu seinem Hund.
Weitere Themen :
Schwänzeltanz / Saumagen / der Pfälzerwald.
Der rechte :
"Meine Mutter, die dumme Kuh" ( hebt bedeutungsvoll
die Stimme ) "in St.LEONROD bei Heidelberg..."
Bei dummen Mutterkühen ist genaue Ortung
unabdingbar.

Halligalli eben.
Zu meinen heimlichsten Vergnügungen
zählen die KIEFERSFELDENER RITTERSPIELE.
Zu den heimlichsten, weil noch jeder Bildungsbürger sich entsetzte, dem ich sie anpries. Gewiss, da war in den 80ern der Filmemacher Theo Kotulla ("Aus einem deutschen Leben" mit Götz George ) begeistert wie ich, aber gleich daneben giftete der höchstlinke Bruder des Verlegers Axel Matthes ( Matthes & Seitz ) : "Weg damit !" Dabei ist der prosodische Sprechton in K. kein anderer als der bei den heimischen OBERAMMERGAUER PASSIONSSPIELEN : "Haaa, sieeeeheeeee, und wisse denn, Verwooooooorrrrfner du - " In O'gau ist er mir unerträglich. In K. genieße ich ihn. Die Kiefersfeldener haben ihre Unschuld nie verloren.
Kiefersfelden 15.8.09
Max Strauss, links, altrömisch.
Auf dem Schildchen steht freilich KAISER NERO.

Übereinstimmungen untersuchen !
Verwöhnt überfüttertes Bubi / überfürsorgliche
KraftMutti / darum verfrühtes Doppelkinn.

München, Glyptothek 24.4. 02
Voltaire und gleich daneben
"Die Hundescheiße, das ist ER" ( = Präsident de Gaulle ).
Für die Franzosen hat 1968 Museumsrang.
"L' imagination au pouvoir !" Die Fantasie an die Macht.
Et chez nous ? Das teutonisch-pastörliche '68
hat die Fantasie abgeschafft.

Dôle, Musée des beaux arts
12.6.10
LE VOYEUR

Allein der römische Statuenmann
ist sich sicher dass nichts zu sehen sein kann
wo nun einmal überhaupt nichts ist. Ich wiederhole :
Nichts ! Rien.Nada.Nothing. Niente.

Alle anderen, Touristen auf dem Münchner Marienplatz
anno 2007,begrinsen trotzdem hochgestimmt das
Glockenspiel im Rathausturm
obwohl das Läutwerk wie auch die Figuren komplett
abmontiert und zur Reparatur
in die Schweiz geschafft worden sind.

Aber nach wie vor in allen
Fremdenführern der Welt stehen.

Der Voyeur als Phantomgaffer.
Warum begafft niemand den armen römischen
Statuenmann, den einzigen Hellsichtigen ?
Im Hintergrund, mit dem spitzen Turm das HÔTEL DIEU
das edelste Altersheim des Spätmittelalters, eingerichtet
von den burgundischen Herzögen. Im Vordergrund die edelste der Confiserien am Ort.
Die britischen Touristen erwerben hier die edelsten der edlen Backkunstwerke.
Und fressen sie mitten im Lokal auf ! Im Stehen !!! Aus der Hand !!!!!!!
( Ich weigere mich, sie dabei auch noch zu zeichnen )
Von da her begrüße ich den Brexit.
Und liebe mein Frankreich, weil ich dort in all den Jahrzehnten niemals,
jamais ! ein Kind der Grande Nation aus der Hand habe mampfen sehen.
Nicht im Stehen, nicht im Gehen. Nicht auf der Straße .
Achtlos, wie es auch hierzulande gang & gäbe geworden ist.
Welche Verachtung für sich selbst.
Beaune 19.6.07
Île d'Oléron, Sonnenuntergang.

Während Irmtraud
den Strand hinauf und hinunter joggt
zeichne ich diese Sandburg, bevor die nächste Flut
das Kunstwerk für immer fort spült.

Vert bois, 2.6.02
Lawrence Sterne
einer meiner Lieblings-Schreib-Gevattern.
Der Erzkönig der Abschweifungen, Interjektionen, der Cäsar des
"Was ich aber eigentlich noch sagen wollte/ ich schwimme schon
wieder vom 100sten ins 1000ste"
portätiert von Joseph Nollekens ( Büste ) und Josua Reynolds.
Die Briten ehren ihn, aber seinen deutschen Erbprinzen Albert
Vigoleis Thelen ( 1903-1989 ) und seine
INSEL DES ZWEITEN GESICHTS kennt niemand.

London, National Gallery, 23.5.12
Florenz,
Piazza S.Felicità
7.4.07

Der Vasari-Gang ( gelb ) schlingert sich als Flucht-Flur, der zu gewärtigenden Volksaufstände wegen von der Stadtburg der Medici, dem Palazzo Vecchio, über den Arno bis zum Palazzo Pitti extra muros.

Bei S. Felicità windet er sich sogar durch die Empore einer Kirche, in der die wundersamsten Fresken des PONTORMO zu bestaunen sind.

Ich war noch nie im Vasari-Gang, aber er ist mir vertraut aus Roberto Rossellinis PAISÀ wie mir das Wartezimmer des Philip Marlowe vertraut ist aus Howard Hawks' THE BIG SLEEP.

Staubige, drangvolle Sehnsuchtsorte, verriegelt. Aber der Riegel der Fantasie ist offen.
Italien, das Land der Bambini,
lebenslang Un-Erwachsenen :
die Italiener, ein infantiles Volk laut
Indro Montanelli, einem konservativen Publizisten,
auf den dafür prompt die brigade rosse
ein kindisches Attentat verübten . Wo sind die
Attentäter wohl heute, bei der Lega nord oder bei
dem infantillisimo Pepe Grillo ?

Bergamo, mitten in der Ära Berlusconi
28.8.10
"Da lies, Mama !"
"Da lies, Bub !"
Andere Bildhauer seiner Zeit stellen das Motiv ANNASELBDRITT als übereinander gestaffelte hieratische Dreierkomposition ANNA-MARIA-JESUSKIND dar.Der Landshuter Hans Leinberger aber als dramatischen Austausch zweier neugieriger junger Leser.( Mutter Maria ist hier keine 15 Jahre alt )
"Lies Bub / lies Mama, was die Reformatoren da schreiben !"


Bayrisches Nationalmuseum, 8.2.09
Der Orden von Toledo
war ein Geheimbund der spanischen Surrealisten,
um Luis Bunuel , der hier auch seine düstere TRISTANA
spielen ließ, in der düsteren Stadt in der El Greco gemalt hat,
düsternd vom Düstersten der Inquisition und des Bürgerkriegs.

Und heute lutschen hier die Touristen ihr Sahne-Eis
wie in Dinkelsbühl oder vor dem Taj Mahal,
und kein Ur-Einwohner ist mehr zu sehen.
Auch kein Geschäft, in dem man Milch, Brötchen,
Gemüse oder auch nur einen Radiergummi bekäme : in
allen Auslagen stehen nur Ritterrüstungen, Ritterrüstungen,
Ritterrüstungen, Ritterrüstungen.
Lebensgroß.
Aber keiner von den Lutschern legt eine an.
Trotzdem liegt auf allen der Rost, der die Stadt überrieselt.
Das nun doch wieder wie bei Bunuel.
2.11.02
Venedig, Biennale, 9.11.05

Pulicinella traut sich nicht
in den faschistischen deutschen Pavillon
( strategisch auf die höchste Erhebung
der Insel geklotzt ).

Zu unrecht :
drinnen hätten ihn drei
ältlich-dickliche AufseherInnen tänzerisch
mehrfach umkreist und dabei verzückt gerufen
WE ARE SOOOO CONTEMPORARY !
Um dann plötzlich zu erstarren.
Auf einem Bein.

Arte nuova tedesca !
Attenzione, Voyeure !
Weit aufsperren die Ohren !
Schnuppert, schnüffelt, lauscht
an allen Türen und lasst kein Schlüsselloch aus !
Eure Ausbeute dann in diesen
besonderen Briefkasten, das Maul der Inquisition -
ein zukunftsweisendes STASI-Denkmal,
immer noch speckig nach 213 Jahren
von den vielen schwitzigen Spitzelpfoten.

( Lass dir nicht die Finger abbeißen, Nauke,
obwohl ichs dir gönne )

Venedig Museo Correr 31.10.10
Louvre 23.4.04
Die Meute der Voyeure hetzt die Treppe hoch,
selfit sich vor der Nike von Samothrake, dann wird rechts
in den Flur gehetzt, achtlos vorbei an den spannendsten Werken
von Rosso Fiorentino und Pontormo, der Schritt beschleunigt sich zum Gerenne, alle schwenken wie auf Kommando wieder nach rechts,
achten nicht auf die Felsgrottenmadonna von Leonardo da Vinci rechts, nicht auf den wandfüllenden Veronese links,die Meute reißt ihre Kameras über ihre Köpfe...

Es wird nichts drin sein vor lauter Gewühl, nur die hochgerissenen
Kameras. Allenfalls bei den allervordersten Voyeuren eine Postbeamtin
in einem Schaltergehäuse, hinter Panzerglas, unbeteiligt-langweilig lächelnd.
"Du meinst doch nicht etwa Mona Lisa, das eindrucksvollste Porträt
aller Zeiten !?!?!?!"

Mir sind Arcimboldos Porträts lieber.
Oder die von Francis Bacon.


Oktoberfest München,
eine Woche vor der Eröffnung

"Beißt die Frau den Geist, sag Mama ?"
fragt ein Kind hinter mir
während ich zeichne.
"Nein", sagt die Mama,
"eher umgekehrt".

15.9.02
"Heut fährt der Gott auf einem Floße,
Er sitzt auf Schilf und Rohr,
Und spielt die sanfte, abendliche, große
und spielt die Welt sich vor".

Eines meiner Lieblingsgedichte, als ich 18 war, von Oskar Loerke. Jahre später begegnete ich
dem Gott der Welt PAN persönlich im Parque Nacional de Garajonay auf La Gomera
der aus lauter Lorbeerbäumen besteht.

14.5.08

Weingarten, 7.6.09

Der Agnostiker ist berauscht
von der Raumfantasie dieser Basilika von 1724,
die das "schwäbische St.Peter" genannt wird - St. Pietro
in Vaticano indessen war eine propagandistische
Protz- und Imponier-Architektur -
hier im Oberschwäbischen, umgeben von selbstbewussten
Protestanten, 200 Jahre später,
geht den katholischen Theologen der Schnauferer aus
und sie überlassen den Künstlern das Wort.
Das letzte Wort der katholischen Kirche. Sie verabschiedet
sich mit Kunst.
Der Agnostiker genießt ( und notiert sich ) die reine, nun
von allem Schamanismus befreite Form.

St.Pierre 15.6.07
Ihr wisst ja, Freunde : das Café du commerce !

Das beste Licht für
die Beobachtung abzeichnenswürdiger Gesichter.
Wer sich ein solches ( uneitel ) zutraut,
folge mir dorthin.
Saint Pierre d'Oléron rue de la republique 19.
Á bientôt !
Am letzten Tag,
an dem ich mein neues erstes Skizzenbuch
beschließe, sitzt ( es ist nur noch das allerletzte Blatt übrig ) ,
mein Lieblingsgast
aus dem Café "Palais de gourmandise" auf der Insel Oleron
direkt am Nebentisch. Unter einer der letzten Baskenmützen, die
vor Zeiten hier in der Gegend produziert worden.
Erst ist höchstens 1.55 groß, gewesener huitre cultivateur
also Austernfischer
und ich sein
Voyeur, und er zählt seine Münzen wie
vor heimlich mitlaufender Kamera.
Das baguette vor sich.

4.6.02
Engelstreffen,
Diözesanmuseum Freising 7.6.09

Der Geflügelte links ( Luzifer ) gehört der Fraktion an, die verloren hat ( wie Trotzki ) und die nun der Siegerpartei
( vergoldet, rechts ) immer und ewig die Fackel halten muss und je nach Belieben der Siegerpartei erniedrigend hässlich dargestellt werden darf - wie Sokrates, Margarete Maultasch, Richard III., oder Thomas Münzer.













Florenz Palazzo Pitti
2.11.03
Damit wären wir also wieder beim Thema Voyeur...
Besucher.
Betrachter.
Zuschauer.
Beobachter.
Konsumenten.
VOYEURE ! Und ICH bin der Voyeur der Voyeure.
Indes : der Voyeurismus ist in mir aufgehoben,
denn ich bringe die anderen Voyeure
mit dem Zeichenstift zu Papier.
Während die anderen, die von mir Gezeichneten, aufstehen
und von hinnen gehen. Und sich morgen schon nicht
mehr erinnern was sie betrachtet haben.
Sollen wir die Probe machen ?
Meldet euch zu Wort, Voyeure !
Widerlegt mich !
Haus der Kunst München 9.10.05
Schackgalerie München 5.5. 2016

Was mir hier mit 15 imponiert hat : nur noch muffig & schimmlig.
Ich zeichne das einzige spannende Motiv des Hauses :
der Teufel muss dem Sankt Wolfgang beim Kirchenbau zur Hand gehen ( Moritz von Schwind ).

Dabei spricht mich teilnahmsvoll ein Herr an : warum ich mir die Mühe machte, das da abzuzeichnen.
Fotografieren sei doch viel bequemer.
Schon wieder das Thema der mit Blindheit geschlagenen Voyeure.
Nun digital.

ZU GUTER LETZT
GEHT DER VOYEUR
DOCH RUNDUM VERWANDELT ( siehe Abbildung )
VERFESTIGT & GELÄUTERT
AUS DEM ORT WIE ER VIEL GESEHEN HAT


NÄCHTLICHES TREIBEN
IN DEN VATIKANISCHEN GÄRTEN

Hinterglasbild von 1997, als ich in Murnau Hauserbe wurde
und mich der ( "Ahnenerbe ? ) Hinterglasmalerei hingab.
Freilich, dem Kult der seinerzeitig regierenden Heiligen wollte ich
mich nicht aussetzen.

So kam es halt, dass die Frau des Eschenloher Spediteurs Wittwer ausrief :
"Mei liaber, Sie traun si was !"











"Den ?
Den habe ich gekriegt für die eins im Zwischenzeugnis".



GUTEN TAG
WER SIND SIE DENN ?
Hinterglasbild




"Was hab ich dir gesagt -
du sollst ihn nicht mit Eis füttern
bis er flugunfähig ist."

SONNENUNTERGANG
MIT WALLFAHRT
Hinterglasbild



"Lass uns fliehen, Liebste.
Irgend wo hin, wo unser keiner kennt.
Zum Beispiel in den mittleren Schwarzwald.
Und die Kinder schicken wir
dann auf die Waldorfschule."



Elfriede D. ( 34 ) Sprechstundenhilfe aus Bad Zwischenahn :
"Nach jedem Mal mit meinem Engel
gelingt es mir mühelos, im Fluge
eine Höhe von bis zu 1.30 zu erreichen
und so minutenlang
ekstatisch zu verharren, obwohl ich mit meinen 78 Kilo
zu derlei sonst nicht prädestiniert bin."



NACH DEM LETZTEN KONZIL
Hinterglasbild








1989
"Nicht, dass ich mich beklagen wollte.
Aber dass du ausgerechnet du sonst keinerlei Interesse hast .
das find ich als Theologiestudentin
echt erschreckend."
"Gisela !"
NACH DER VERKÜNDIGUNG
( Nach Rembrandt )








Wer
in der Vergangenheit mein
Murnauer Haus betrat,
wurde an der Tür
von dieser teuflischen Dame begrüßt,
wie hier das Heimatblatt meldete.

( Unter ihr, versteckt : der Papst )


Ihr gegenüber
dieser himmlische Kollege.

Die Religiosen schäumten.
die Esoteriker raunten :
sollte dieses Haus ausgerechnet ein
spiritueller Tempel sein ?

In Wahrheit hab ich nur zwei Risse
in der Mauer übermalt.



MURNAUER MYTHEN
Fronleichnamsprozession 1933














Als ich die Zeichnung "Fronleichnam 1933" machte,
hatten wir 1997
und erst 2020
erfuhr ich aus Edith Raims
"Es kommen finstere Zeiten"
wie meine Vaterstadt den Fronleichnamzug 1933
wirklich begangen hat..
>>>
1

Damit das Murnauer Moos nicht ausläuft, hat die Geografie eine Barriere aus Schotter aufgehäuft, die Wissenschaft nennt das „Moränenhügel“, und ganz oben drauf, wenn man grade mit hängender Zunge von Hechendorf her aufgestiegen ist, wenn man nun endlich rastet und verschnauft, steht da ein Wirtshaus .

Eben der Beinhofer.

Wie eben just in diesem Moment, als ein Krieger geschritten kam. Einer in geschmiedetem Eisen, jedenfalls oben herum, während er statt einer Hose einen Rock aus Lederriemen trug.
„Des muass a Fremder sei“, erkannte da der Michl Willy, Inhaber des Beinhofers und fragte gleich : „Mägn Sie a
Quartel ?“

Und es war in der Tat ein Fremder, Tullius Jucundus Spirio von der achten kappadokischen Kohorte. Ein Kämpe in allen Schlachten in Syrien, Mesopotamien und Gallien. Und überall ! Und was war der Dank des Kaisers ? Man kommandierte ihn ausgerechnet hierher nach Germanien, wo er als Straßenpfleger kaiserlichen Dienst machen soll.

Eben beim Beinhofer. Wo der Willy Michl die Anhöhe beherrscht mit seinen Quartln.

„Wie weit ist es noch nach Augusta Vindelicorum, ich meine nach Augsburg ?“

„Unsereiner kimmt gar net erst bis Weilheim. MögenS jetzt endli a Quartel ?“

A Quartl war ein Viertelliter Bier, wie ihn auch auch beim Großvater ( 1875 bis 1949 ) lebenslang verzehrte.

„Prost also nacha“ sagte der Michl.
„O miraculum“ entfuhr es Tullius, dem Siegreichen, und er verschluckte sich. „Nach Valpolicella schmeckt das ja gar nicht.“

„Bei uns musst di an alles mögliche gewöhnen“ brummte der Michl „Beispielsweise an das Gewürm, das bei uns umanander krabbelt.“

„Hallo hoh“ zirpte da das feiste Etwas, das dem Jucundus dem Siegreichen die siegreichen Knie leckte.

„Ich gebe zwar Murnau das Motiv für sein Wappen“ zirpte der Drache „aber sonst bin ich friedlich. Ich mag, im Gegensatz zu unserem Herbergsvater Michl Willy kein Kalbfleisch. Sondern verzehre mich vegetarisch nach italienischem Salat und Olive in Minzenöl“.

„Minzenöl, Minzenöl“ tönte aus aus der Weide, aus der nun eine weitere Gestalt herab sprang.

„Ich höre was von meiner Spezial-Apotheke raunen“ schnatterte es da. „Ich bin nämlich Sheila O`Osigo und Druidin und habe schon dreimal die ganzen Einwohnerschaft um den Beinhofer herum in Spitzwegerich verwandelt.“

Michl Willy stöhnte an dieser Stelle leidvoll und goss sich noch ein Quartl ein.

„Und als sie wieder zu sich kamen und grantig meckerten, wie es unter den Ureinwohner nun mal so Brauch ist, hab ich sie in Eichhörnchen verwandelt, und sie mussten mir drei Monate lang Nüsschen sammeln, von denen ich immer noch welche übrig habe...“

Und sie steckte Jucundus dem Siegreichen Nüsschen zwischen die kiriegerischen Lippen.

„Eia, man sitzt ja wie auf caracolanischen Marmor hier!“ rief Sheila, die Druidin, die
sich beherzt auf das Knie des siegreichen Jucundus nieder liess.

Und wieviel Kriegerwunden stecken in des Tullius siegreichen Beinen ! Die Pfeile der Kapadoken hatte er nunmehr erwähnt - „hier in der Kniekehle“, und das asiatische Schlangengift von den Speeren der sarmatischen Kavallerie ! Ehe er freilich auch die Blessuren an den Waden erklären konnte, ertönte ein Hupen von der Straße herauf und ein langer roter Sechzehnzylinder parkte vor dem Beinhofer.

Das ist“ hauchte Sheila dem siegreichen Jucundus ins Ohr, „das ist der Komponist Richard Strauß aus Garmisch.

„Siebenmal hams de Kurven geschnitten den Berg vo Hechendorf herauf“ schnauzte der Willy Michl.“Macht insgesamt sieben Quartl.“ Und der Komponist ließ sich froh nieder und genoss den weiten Blick auf den Heimgarten. ( Murnauer Hausberg, 1790 Meter )

A propos Kurven.„Wir haben hier einen neuen Wegemeister“ warf der Drache ein, der durch den Auftritt eines Neuen schon wieder in den Hintergrund gedrängt war. Eitel, wie Drachen halt mal so sind.

„Ah da schau her“ nahm Richard Strauß den Einwurf auf, froh dass er nicht auf den Drachen eingehen musste, da sein Vorgänger und Namensgeber Richard Wagner allzu sehr diesen Kriechtieren gehuldigt hatte. Doch da erscholl ein spitzer Schrei. „Ah ! Eine Partitur !“ ertönte es aus dem Heuschober heraus, wo Hortensia de Miracoli Quartier bezogen hatte. Die Sängerin und Komödiantin ! Und im Nu stand sie vor Richard Strauß , von Strohhalmen umknistert.

„Ich bin Bühnenkünstlerin !“ hechelte sie und liess eine verführerische Triole hören, um den Komponisten zu animieren :“Ha ha ha ha...“

„Nein, bitte nicht !“ rief da Richard, der Garmischer Autofahrer.“Bei mir daheim singt meine Frau den ganzen Tag – ich brauch eine schöpferische Pause !“ Und so wars in der Tat, er legte eine Partitur für Orchester auf den Wirtshaustisch.

„Eine Alpensinfonie, steht da drüber.“ zirpte der Drache.

„Und in ihr werde ich die Grandiosität und die Gefahren der Alpen beschreiben, im Finale aber auch die glückliche Heimkehr der müden Bergsteiger unter Kuhglockengeläut.“

„Soso“ zirpte da weiter der Drache.“Und dazu genügt Ihnen der biedere Heimgarten. Während Sie da drüben rechts das dramatische Gezack des Wetterstein ignorieren. Wo immerhin der Gipfel, die Zugspitze, 2962 Meter auftragt.“

„Schon schon“, erwiderte Strauß, „aber auf diese Höhe bringe ich doch meine Gattin nie und nimmer hinauf.“

„Das Publikum wird über den Heimgarten grinsen“ hämte der Drache, „ bei nur 1790 Metern.“

Nun stürmten aus dem Heu heraus,in dem Hortensia genächtigt hatte, ihre Kinder heraus erfüllten den Beinhhofer mit lautem Stimmgewirr, und Richard Strauß beschloss, in seine letzte Sinfonie auch noch einen Kinderchor einzubauen. Bei bloß 1790 Metern.

„So sind und bleiben Sie“ zirpte der Drache„eben ein mittlerer Tonsetzer mit Ihren bloss 1790 Metern. Der Klangzauberer Richard Wagner dagegen…“
Und zirpte selbstbewusst Richard Strauß das Drachen-Motiv aus dem „Ring des Nibelungen“ ins Ohr.

Als die Sängerin Hortensia de Miraculi, die sich doch innigst nach einer Arie des Richard Strauß sehnte, eben den Meister Richard Strauß so zersetzend lästern hörte, ergriff sie selbst das Wort und sprach zum Drachen :“Ei, schaun Sie doch sich mal selber an !“

Alle, Jucundus, die Druidin, Strauß und sogar der Michl Willy fassten den Drachen ins Auge.
„Was“, ereiferte sich Hortensia weiter, „wenn der Herr Strauß grade Sie als Modell ausgewählt hätte für seine Alpensinfonie, statt nur den biederen Heimgarten ?“

Ein lebhaftes Staunen aller Anwesenden war zu vernehmen, ein oh ! des Jucundus des Siegreichen, ein Aufstöhnen der Druidin, und Richard Strauß bestellte beim Michl Willy noch ein Quartl.

„ Ihr Haarausfall könnte zu Alpenwiesen werden“ flötete Hortensia, „auf denen Kühe grasen. Ihr Achselschweiß könnte sich in Gewitterwolken verwandeln. Ihre hervorstehenden Knochen könnten zu Felswänden werden, überhängend und bedrohlich, in denen sich Alpinisten abstrampeln. Und ihre Triefaugen zu Wasserfällen, ihr Maul zum Tunnel und das mannigfache Ungeziefer, das sich auf ihnen herum treibt, würden durch Richard Strauß zu Wildschweinen. Und das in s-dur !“

„Hia, Wildschweine ! “ frohlockten die Kinder der Hortensia und bestiegen begeistert den Drachen.

„Und ihr langer Schwanz könnte als Gipfel dienen, auf denen die Gemsen herum klettern !“

„Das kitzelt, das kitzelt !“ rief der Drache und zuckte mit seinem Schwanz, an dem statt
der Gemsen sich nun Hortensias Kinder voran hangelten.

Und er entsann sich, dass er doch Flügel hatte und setzte die in Schwingung, um den Kindern zu entkommen. Vielmehr, er hatte genau besehen nur zwei, recht stummelige Flügelchen, viel zu schmächtig für acht oder zehn Kinder. So dass es bei einem schlaffen Aufwärts blieb und er in der Krone des Kastanienbaums hängen blieb. Der Kastanienbaum entlaubte sich, die Kinder entlaubten sich mit ihm, sie stürzen nieder und auf die Gäste. Und drei oder vier auch auf die Motorhaube des langen Autos von Richard Strauß Autos, der verschreckt das Weite suchte. Und beschloss, in seinen Alpensinfonie doch lieber keinen Kinderchor ein zu bauen.

Und just in diesem Augenblick radelte aus dem Norden, einer Windrichtung aus der sonst nichts Gutes kommt, eine resche Maid einher.

„Was ist das für eine naturbelassene Idylle !“ rief sie aus, hüpfte vom Rade, stellte ihre Leinwand auf und begann die Druidin, die Sängerin und Jucundus zu porträtieren. Und den Willy Michl !

„Ich bin eigentlich auf der Suche nach dem Doktor Kandinsky„ schnatterte das junge Ding , „der hier in der Gegend umgehen soll. Ich erhoffe mir von ihm eine Unterweisung, wie man den Himmel grün malt und die Wolken lila.“Uns

Und der Drache bekam von ihr, da dem Malermädchen niedlich den Ausschnitt leckte, ritschratsch links und rechts ein paar rote Backen ins grüne Gesicht gemalt.

„Und wie seh ich jetzt aus ?“fragte der rot Bemalte.

„Zum Abküssen“ lachte das Malermädchen und versetzte ihm einen sinnlichen Malerinnen-Schmatz.

„Aber“ quengelte der Drache „.Meister Strauß will mich dennoch nicht als Modell für die Alpensinfonie nehmen !“

„Aber die Alpen sind doch so weit hinten !“ lachte das Malermädchen „Dafür ist das Murnauer Moos ist gleich da unter uns !“

Und schwang sich auf den Rücken des Drachen. Und stieß ihm ihre Stöckelschuhe in die Seiten flog mit ihm hinunter ins Murnauer Moos.
Und es haben sie Storchenpaare und Enten aufs wundersamste begleitet. Der Drache musste über Wanderern kreisen, die viele viele Selfies aufnahmen. Aber dann hat, im Schatten einiger Strahdrischn, das Malermädchen unversehens den Meister erblickt.

Wassilj Kandinsky ! Im Strohhut und in oberbayrischer Volkstracht.

Der Doktor, ganz Moskowiter Volljurist, küsste dem Mädchen die Hand und bat darum, die Malerliesel möge auch ihm dieselben roten Backen ins Gesicht malen, wie vordem dem Drachen.

Hinter den Strahdrischn stoben nun Malermädchen hervor, - was heißt Mädchen, es waren alle erklecklich beleibte Damen, Mütter, ja sogar Großmütter, die sich gegenseitig mit roten Bäckchen verzierten. Und niemand achtete mehr unseres Drachens, dem verzweifelte Tränen in das Rot der Wangen rannen und, Tröpfchen um Tröpfchen, im Grün des Panzers verstickerten. Und unser arme Drache kroch ungetröstet davon. Und hundeelend den Hechendorfer Berg herauf.

„Grüass di God, Drachen !“ rief der Willy Michl sogleich.“Magsd jetz a Quartl ?“

Und nach dem zehnten oder neunzehnten Quartl fing der an zu tanzen. Aus lauter Schmerz. Und ab dem fünfundzwanzigsten Quartl drang Gesang aus seiner Kehle, und Hortensias Kinder hatte ihren Drachenschwanz wieder . Nun war es schon Schmerzfreunde, Und da nach dem 55. Quarl war schon Schmerzlust.

Nun bringt, allen Wirten sei’s gesagt, ein quarlbeschwipster Drache der Umwelt viel Beschwer. Grüne Schuppen regnen herab, der umher sausende Schwanz entlaubt die Bäume und deckt die Dächer der Nachbarhäuser ab.

„Halt an !“ rief darum Hortensia „hoch den Schwanz bei dir !“ und des Drachen Schwanz war zwar noch wackekig, aber er stand in die Höhe. Und Hortensia kletterte daran hinauf, verknotete ein Seil an der Spitze des Drachenschwanzes und warf das andere Ende Jucundus dem Siegreichen zu.

„Schnell, auf den Kastanienbaum damit !“

Und Hortensia warf sich auf das Seil und vollführte da oben eine Pirouette, und ihre Kinder hingen an der Balacierstange, die einen links und die anderen rechts und alle schmissen die Beine kreuz und quer, so dass sogar der Michl Willy seine Quartlkrüge abstellte und mächtig in die Bratzn klatschte.

Und die Kinderschar ließ sich immer wieder hinab fallen mit hui hui, wurde aber immer wieder von den angedudelten Gästen ( Quart Quartl ) wieder hinauf geschmissen und fand an der Stange Halt oder auch nicht, fiel ins Laub oder auch nicht. Und alle Quartlgäste und Anhimmler schieben den Kopf ins Genick. Und staunten hinauf zu Hortensia mit offenen Mäulern, aus denen der Quartlschaum tröpfelte,

Seit Jahrzehnten ist sie durch die Lande gezogen, als jüngstes und dann, mit den Jahren als leicht alterndes Talent : als Garderobenhilfe, Requisiterin, Kartenabreißerin, Abwaschhilfe - und wie selten als Sängerin ! Überall hat man ihr die großen Partien weggeschnappt, und immer wieder ist Hortensia von einem Theaterdirektor oder Hilfs-Kulissenschieber ins Bett gezogen worden. Während der Theatermensch seiner Lust oblag, hat sie die nächste Partie auswendig gelernt : "der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" oder "Abscheulicher, wo eilst du hin" und Kind reihte sich an Kind, Absage an Absage, und nun da sie hier triumphieren darf, im Wirtsgarten, hoch auf dem Seil,soll man da nicht verzückt sein ?

Und auch den Drachen lächeln die künstlerische Zukunft an : wenn er nun demnächst mit Hortensia zwischen seinen, des Drachen, gewaltig gereckten Zähnen vors Publikum träte, Hortensia als Fee kostümiert oder auch als Flammenmädchen ? Wenn sie sich auf seiner Nase räkelte, in angedeuteten SChleierchen ? Auf seinen, des Drachen mannigfachen Warzen und Höckern herumtänzelte, Schönheit und Kraft, hier weiblicher Liebreiz und dort urtümliche Gewalt ?

Beispielsweise in Landshut, wo Hortensia zwar keine Rolle bekommen hat, aber ihr ein Kind angehängt wurde mit abstehenden Ohren, ganz der Papa ( der dort Souffleur war, sich aber Kapellmeister ausgab ) . Und wie sie nun, im Staatstheater Hannover ( nie eine Rolle ) mitten in der Ouvertüre einbrächen, Hortensia auf des Drachen Nasenspitze und die Sänger von der Bühne fegten. Wo ausgerechnet "Aida" Premiere hätte. Oder in die Karl-May-Openair-Festspiele zu Bad Segeberg ( nie eine Rolle ) aus der Höhle herauskröchen, diesmal Feuer speiend, mit Hortensia auf seiner Klaue als tätowierte Squaw ?

Doch da : ein spitzer Schrei !

Dem Drachen wurde zuviel zugetraut. Vorsicht an alle im Publikum, die in ihrem Vorgarten ein solches Haustier halten. Nie und nimmer sollten sie ( die Drachen ) nämlich gezwungen werden, ihren Schwanz hoch zu stemmen und darauf eine beleibte Künstlerin tanzen zu lassen !

Hortensia ist vom Seil gerutscht, direkt Jucundus Spirio auf den Panzer - o Quartl, o Tristesse. Schon wieder ein Debakel heute. Hurtig jetzt die Kinder gepackt und auf und davon ! Doch da wagt sich, nachdem es von Hechedorf her aufgestiegen ist, ein Malermädchen, vielmehr eine Mal-Matrone an Hortensia heran :"Ob Sie mir wohl beibringen könnten, so auf dem Seile zu tänzeln ? Mit einer Arie in der Kehle ?"

O neue Hoffnung, o frisches Quartl ! Zuversicht strahlt auf alle aus, aber ich komme ja gar nicht dazu, das alles gleichzeitig zu erzählen, so sehr geht alles durcheinander beim Beinhofer. Denn soeben ist ein Missionar eingetroffen. Ein Missionar ist einer, der einem die Religion beibringen soll, in diesem Falle ist die christliche. Und der, der Missionar, trifft ausgerechnet auf keltische Ureinwohner. Kelten siedeln ja seit eh und je hier, lange bevor die Germanen sich blicken ließen.

Kurzum , die Druidin ( weiblich ) trift auf den Msiionär ( männlich). "Pater Magnus O`Higginss" stellt er sich vor. Religiiös verschüchtert.

"Und sie, keltisch spitz :"Magst du an Hasch ?"

Er, noch mehr religiös verschüchter :"Ein Heiliger dieses Namen ist mir nicht bekannt."

Und sie, vielversprechend lächelnd :"Du solltest ihn kennen lernen. Du wirst mit mir zusammen eine Cannabis-Plantage anlegen."

Nächstes Morgen, und belebter Sonnenschein fällt durch das Gezweig des Wirtshausbäume.
„Sind Sie Schriftsteller ?“
Da spricht ein neu Aufgetretener zum Willy Michl. Einer mit einer ganz dünnen Stimme.
„Sind Sie nu ein Schriftsteller, ja oder nein ?“
Das wurde der Michel Willy noch nie gefragt. Und der Michl Willy schaut um sich um nach dem, der sowas wissen will. Aber es ist niemand zu sehen. „Des muass a Gspenst gwesen sei“, denkt der Willy, soweit der Willy überhaupt denken kann und schenkt sich – was kann so ein Prackl von Wirt schon anderes tun – ein neues Quartel ein. Eben in den Quartlkrug.
„Ist das ein Kelch ?“ fragt wieder die dünne Stimme.
Diesmal hat der Willy gesehn, woher sie kommt. Aus dem Streusand unter seinem Wirtshaustisch. Der Michl rückt – man weiß ja nie – auf gehörigen Abstand.
„Oder ist das eine Aquamanile ?“
Auch diesen Ausdruck, Wirt hin und Prackl her, hat der Willy noch nie gehört.
„Und wer bistn nacha du ?“
Soll das Gespenst doch selber zugeben, dass es ein Gespenst ist.
„Oooooooo, ich habe Schicksalschwangerstes erleiden müssen, großer Mann ! Unehelich gezeugt bin ich in einer Geschwisterehe, meinen Vater habe ich erschlagen, meine Mutter hab ich geheiratet….“
Das Bekenntnis geht in selbstmitleidiges Gesäusel über.

„Iiiiiiih……“ mit langem Gepfeife am Ende, bis es verhallt wie ein Unkenruf.

„A Gspusi zwischen Bruda und Schwester, Vater obgmurgst, Mutter gheirat“ denkt der Willy „Jetzt werds aber fei kriminalistisch“. Kriminalistisches kennt jeder Wirt. Sechs, acht Quartl getrunken, und schon sprudeln die Selbstbezichtigungen.

„Dabei hat das alles doch nur dieser Schriftsteller für mich ausgedacht.“
„Was denn verdammnoamal für a Schriftsteller ?“
„Oder eigentlich nicht einmal der, sondern ein Kollege, den der erste sich auch ausgedacht hat. Und den hat er dann, um alle Spuren zu verwischen, gleich Den Geist der Erzählung genannt.“
Der mit der dünnen Stimme klettert die Eisenstreben des Stuhles hoch, und sitzt
schwuppdich vor dem Willy Michl. Winzig und mausgrau.

„Der hat mir gesagt, ich meine der Geist der Erzählung hat das gesagt, ich muss unbedingt nach Rom“ klagt die dünne Stimme.
Wieder der Unkenruf. „Und deswegen bin ich auf der Flucht.“

„Nach Rom hört ich da ?“ erschallt auf einmal Jucundus des Siegreichen Stimme.
“Ich bin nämlich auch aus Rom !“ Und steht stramm da in seiner Rüstung der achten kappadokischen Kohorte, in geschmiedetem Eisen und dem Helm mit rotem Kamm obendrauf. Alles in allem ein Kriegsmann zum Fürchten.

„Aus Rom !!!!“ fiept der Mausgraue. „Und da soll ich hin !“

Und weg ist er. So groß wie eine Maus und ebenso flink. Er flieht und flieht, bis in ein Beet voller spitzer grüner Blätter, sein Herz macht rummbodibumm. Und eine sanfte Hand einer Dame streichelt ihn : Sheila O’Osigo. Die Druidin. Mit gespitzten Lippen.

„Bist du aber ein süßer Fratz !“
Und steckt ihm eines der langen langen grünen Blätter ins Mäulchen. Und noch eines. Und noch eines, und die Blätter werden auf seiner Zunge zu einem berauschenden grünen Gefunkel, zu einer süßen Götterspeise.

„Das ist nämlich unsere Canabis-Plantage !“ lächelt sie, und küsst ihm den Cannabissaft von den Lippen. Und der neue Gast, winzig wie ein Igel, aber glücklich wie ein Goldhamster, schmiegt sich in ihre druidischen Finger.

Und als ihr Gefährte, der Gärtner in der Plantage, hinzu tritt, der Missionar Magnus O`Higgins, lächelt sie :“Wenn wir doch auch endlich so einen süßen Fratz hätten, mein Magnus, zum Eia-Popea-Machen und Durchknuddeln und du, mein Mann Gottes , könntest ihn nach jedem Abstillen durch die Plantage tragen und unter Cannabis-Laub in den Schlummer singen.“

Aber da schreit Jucundus der Siegreiche : „Ad armas ! Alarm ! Der Drache frisst das Cannabis auf !“

Da hört man schon das Knirschen des Drachenmauls, wie seine Kinnbacken genüsslich den teuren indischen Hanf zermahlen, und wie seine Gurgel das Cannabis schmatzend verschlingt.

„Wie stehe ich jetzt bloß da“ klagt Jucundus der Unbesiegbare „als Vertreter des römischen Reiches, wo dieses Monstrum schmatzend mitten auf der Straße liegt ! Auf der Kreuzung zwischen Augusta Vindelicorum und Partanum, und dann kommt der Richard Strauss in seinem langen roten Wagen und hupt und hupt und ereifert sich…“

Und Jucundus der Siegreiche will sich davon stehlen.

„Typisch fürs römische Heer“ bemerkt spitz die Druidin „immer gleich aufm Rückzug.“

Magnus, der Missionar, der einzige Literarische hier, der seine Bibliothek mit schnellem Finger durchsucht hat und nun einen Roman vorweist, ruft stolz :

„Ich habs ! Unser neuer Kleiner ist DER ERWÄHLTE. Hier steht, er ist das Kind von Geschwistern. Heiratet seine Mutter , erschlägt seinen Vater, zum Ende aber wird er erlöst aus seiner Mausegestalt und wird - Papst in Rom.“

Alle schweigen betroffen. „Schreibt Thomas Mann, ein Schriftsteller.“

Und schon ein spitzer Schrei der Druidin : „Aber wo ist denn er selber ?“

Die Druidin hat den winzigen Mausgrauen ins Maul des Drachen gelegt ! Und sich daran erfreut, wie der Kleine auf der Zunge, auf der gewaltigen Zunge so herzig auf und nieder geschaukelt ist.

Heitschi bumm heitschi bumm bumm.

„Aber hast du denn auch“ fragte Jucundus der Siegreiche „zur Sicherheit einen Löffel hinein gespreizt, für den Fall, dass der Drache sein Maul auch mal zu macht ?“

Damit der Erwählte nicht verschlungen wird, und wärs auch nur aus Versehen ? Und die ganze Geschichte, die Thomas Mann zusammen mit dem Geist der Erzählung erdacht hat, hopps geht und der künftige Papst als ein Klümpchen Kot, grün aber sonst nicht mehr erkennbar irgendwo in einer Wiese abgeladen wird ?

Und als ihr Gefährte, der Gärtner in der Plantage, hinzu tritt, der Missionar Magnus O`Higgins, lächelt sie :“Wenn wir doch auch endlich so einen süßen Fratz hätten, mein Magnus, zum Eia-Popea-Machen und Durchknuddeln und du, mein Mann Gottes , könntest ihn nach jedem Abstillen durch die Plantage tragen und unter Cannabis-Laub in den Schlummer singen.“

Aber da schreit Jucundus der Siegreiche : „Ad armas ! Alarm ! Der Drache frisst das Cannabis auf !“

Da hört man schon das Knirschen des Drachenmauls, wie seine Kinnbacken genüsslich den teuren indischen Hanf zermahlen, und wie seine Gurgel das Cannabis schmatzend verschlingt.

„Wie stehe ich jetzt bloß da“ klagt Jucundus der Unbesiegbare „als Vertreter des römischen Reiches, wo dieses Monstrum schmatzend mitten auf der Straße liegt ! Auf der Kreuzung zwischen Augusta Vindelicorum und Partanum, und dann kommt der Richard Strauss in seinem langen roten Wagen und hupt und hupt und ereifert sich…“

Und Jucundus der Siegreiche will sich davon stehlen.

„Typisch fürs römische Heer“ bemerkt spitz die Druidin „immer gleich aufm Rückzug.“

Magnus, der Missionar, der einzige Literarische hier, der seine Bibliothek mit schnellem Finger durchsucht hat und nun einen Roman vorweist, ruft stolz :

„Ich habs ! Unser neuer Kleiner ist DER ERWÄHLTE. Hier steht, er ist das Kind von Geschwistern. Heiratet seine Mutter , erschlägt seinen Vater, zum Ende aber wird er erlöst aus seiner Mausegestalt und wird - Papst in Rom.“

Alle schweigen betroffen. „Schreibt Thomas Mann, ein Schriftsteller.“

Und schon ein spitzer Schrei der Druidin : „Aber wo ist denn er selber ?“

Die Druidin hat den winzigen Mausgrauen ins Maul des Drachen gelegt ! Und sich daran erfreut, wie der Kleine auf der Zunge, auf der gewaltigen Zunge so herzig auf und nieder geschaukelt ist.

Heitschi bumm heitschi bumm bumm.

„Aber hast du denn auch“ fragte Jucundus der Siegreiche „zur Sicherheit einen Löffel hinein gespreizt, für den Fall, dass der Drache sein Maul auch mal zu macht ?“

Damit der Erwählte nicht verschlungen wird, und wärs auch nur aus Versehen ? Und die ganze Geschichte, die Thomas Mann zusammen mit dem Geist der Erzählung erdacht hat, hopps geht und der künftige Papst als ein Klümpchen Kot, grün aber sonst nicht mehr erkennbar irgendwo in einer Wiese abgeladen wird ?

Aber hier, ausgerechnet in diesem Moment der Verzweiflung, gerade hier wird in der Luft ein Gesumme hörbar ( ich habe mich ja eben gerechtfertigt wegen der andauernden Unterbrecherei ) - wird ein ein Gesumme hörbar, das den Umkreis über dem Wirtshaus zum Beinhofer erfüllt. Was sag ich : der Äther dröhnt wieder ! Denn von Norden her gleitet ein Äroplan heran. Was sag ich, ein formidabel glänzendes Luftschiff, ein Zeppelin in Glanz und Grün und mit schimmernden Schuppen .

„Das ist ja unser Drache !“ schreit Jucundus der Siegreiche.
„Und der kann auf einmal richtig fliegen ?“
„Kunststück !“ kreischt die Druidin.“Aufgetankt mit Cannabis, wie der ist, und vollgepumpt mit Hasch !“

In aller Ruhe gleitet der Drache über das ahnungslose Wirtshaus zum Beinhofer.

„Haltet ihn an !“ Die Druidn ist außer sich. “Er hat doch den Papst im Maul !“

Sie vergeht vor Vorwurf, Scham, Verzweiflung. Und selbst wenn diese ach so zärtliche Zunge des Drachens den Kleinen, den künftigen Papst, nicht hinunter geschluckt hat, so ist er nun doch offensichtlich, an Bord des Drachens, auf dem Wege nach -

„Roooooom !!! Holt ihn doch herunter !“

Rom, klingt es da in den Ohren Jucundus des Siegreichen, Rom, die ewige Stadt, wo ich herkomme ? Und sogleich fühlt er das Pfeilgift wieder in den Knien und die
Kriegselefanten im Angriff auf seine Beine, und er ersehnt einen Speer, um das fliegende grüne Biest in den Bauch zu treffen, damit es im Schilfe des Murnauer Moos abstürzt.
Oder wenigstens behutsam bauchlandet.

Nichts von alledem. Der Drache segelt unbeeindruckt über das Moos hinweg nach Süden. Hinein ins Gebirg. Und stellt, kurz vor dem Verschwinden, nochmal den Schwanz hoch.

„Ihm hinterher !“ ruft die Druidin, aber keinem ist nach einer Verfolgungsjagd. Sondern jeder bestellt lieber ein neues Quartl. Auf das Wohl des Erwählten. Den Papst.

“Ruhe !“ ruft da die Druidin, denn weit im Süden ist ein Orchester zu hören. Es rauscht auf, das Wettersteingebirge gebiert Klänge. Streicherklänge zu Anfang, dann Hörner, großer Orchesterklang, accellerando…

“Die Alpensinfonie !“ schreit Hortensia, „Das ist die Partitur, an der Richard Strauss bei uns geschrieben hat, hier an diesem Tisch !“

Sogleich platzt es auch aus Jucundus, dem Siegreichen heraus : „ Und als der Drache vorhin den Schwanz hochstellte, da hab ich tatsächlich gelesen ‚Klassik furioso nur mit den Münchner Philharmonikern !‘“

Die Alpensinfonie steigert sich zum Gewitter, Blitze fahren hinein, Pauken mischen sich ein, den Kinderchor allerdings hat Richard Strauß doch nicht hinein komponiert, in unguter Erinnerung an Hortensias Kinder.

„Aber wo ist nun mein Kleiner, der Papst ?“ klagt die Druidin.

„Wo wird er denn schon sein“ knarrt da der Michl Willy „da hinten liegt er halt.“
Mitten in Eurer grünen Plantasche, und schlaft.“

Und ruht sich aus vom – pardon ! - reichlichen Misten. Vom Cannabismisten. Und gemistet hat unser Drache wie eine ganze Kuhherde. Und ringsum war nun alles grüngrüngrün. Im Nu war der Wirtsgarten voll, dann der Bierkeller, alles grün grün grün, dann war sogar der Dachboden – pardon ! - voll geschissen, die Fremdenzimmer, die Abwässerkanäle, aus dem Gully ist es gesickert und zwar grün, gn, grün, grün,wohin man auch geschaut hat.

Man wagt sich, durch die grüngrünen Kuhfladen, Drachenfladen, zum Maul des Drachen vor.

„Ei, da steckt er doch, unser graues Mäuschen !“
Der Erwählte, der Büßer ! Da iegt Leo der Große, ganz wie Thomas Mann ihn beschrieben hat. „Es ist sehr borstig. Ein Ding, ein Wesen„ wie es im ERWÄHLTEN heißt „eine lebende Creatur, wenig größer als ein Igel. „

Die Druidin atzt ihn erstmal mit - na was wohl - mit Cannabis. Und wie er knabbert, wie es ihm schmeckt, wie seine niedlichen Pfötchen nach mehr verlangen und immer mehr, so dass Hortensias Kinder nicht leer ausgehen wollen und auch Willy Michl nicht und schon gar nicht Jucundus der Siegreiche.

„Aber so allmählich mal muss er doch nach Rom und auf den heiligen Stuhl gesetzt werden !“

Das wird freilich überhört. Nur nicht vorschnell mit einer viel zu großen Karriere kommen, wenn Leo ( der Große ) so entspannt auf dem Schoße des Missionars Siesta hält und alle päpstlichen Viere von sich streckt.

Aber hier, ausgerechnet in diesem Moment der Verzweiflung, gerade hier wird in der Luft ein Gesumme hörbar ( ich habe mich ja eben gerechtfertigt wegen der andauernden Unterbrecherei ) - wird ein ein Gesumme hörbar, das den Umkreis über dem Wirtshaus zum Beinhofer erfüllt. Was sag ich : der Äther dröhnt wieder ! Denn von Norden her gleitet ein Äroplan heran. Was sag ich, ein formidabel glänzendes Luftschiff, ein Zeppelin in Glanz und Grün und mit schimmernden Schuppen .

„Das ist ja unser Drache !“ schreit Jucundus der Siegreiche.
„Und der kann auf einmal richtig fliegen ?“
„Kunststück !“ kreischt die Druidin.“Aufgetankt mit Cannabis, wie der ist, und vollgepumpt mit Hasch !“

In aller Ruhe gleitet der Drache über das ahnungslose Wirtshaus zum Beinhofer.

„Haltet ihn an !“ Die Druidn ist außer sich. “Er hat doch den Papst im Maul !“

Sie vergeht vor Vorwurf, Scham, Verzweiflung. Und selbst wenn diese ach so zärtliche Zunge des Drachens den Kleinen, den künftigen Papst, nicht hinunter geschluckt hat, so ist er nun doch offensichtlich, an Bord des Drachens, auf dem Wege nach -

„Roooooom !!! Holt ihn doch herunter !“

Rom, klingt es da in den Ohren Jucundus des Siegreichen, Rom, die ewige Stadt, wo ich herkomme ? Und sogleich fühlt er das Pfeilgift wieder in den Knien und die
Kriegselefanten im Angriff auf seine Beine, und er ersehnt einen Speer, um das fliegende grüne Biest in den Bauch zu treffen, damit es im Schilfe des Murnauer Moos abstürzt.
Oder wenigstens behutsam bauchlandet.

Nichts von alledem. Der Drache segelt unbeeindruckt über das Moos hinweg nach Süden. Hinein ins Gebirg. Und stellt, kurz vor dem Verschwinden, nochmal den Schwanz hoch.

„Ihm hinterher !“ ruft die Druidin, aber keinem ist nach einer Verfolgungsjagd. Sondern jeder bestellt lieber ein neues Quartl. Auf das Wohl des Erwählten. Den Papst.

“Ruhe !“ ruft da die Druidin, denn weit im Süden ist ein Orchester zu hören. Es rauscht auf, das Wettersteingebirge gebiert Klänge. Streicherklänge zu Anfang, dann Hörner, großer Orchesterklang, accellerando…

“Die Alpensinfonie !“ schreit Hortensia, „Das ist die Partitur, an der Richard Strauss bei uns geschrieben hat, hier an diesem Tisch !“

Sogleich platzt es auch aus Jucundus, dem Siegreichen heraus : „ Und als der Drache vorhin den Schwanz hochstellte, da hab ich tatsächlich gelesen ‚Klassik furioso nur mit den Münchner Philharmonikern !‘“

Die Alpensinfonie steigert sich zum Gewitter, Blitze fahren hinein, Pauken mischen sich ein, den Kinderchor allerdings hat Richard Strauß doch nicht hinein komponiert, in unguter Erinnerung an Hortensias Kinder.

„Aber wo ist nun mein Kleiner, der Papst ?“ klagt die Druidin.

„Wo wird er denn schon sein“ knarrt da der Michl Willy „da hinten liegt er halt.“
Mitten in Eurer grünen Plantasche, und schlaft.“

Und ruht sich aus vom – pardon ! - reichlichen Misten. Vom Cannabismisten. Und gemistet hat unser Drache wie eine ganze Kuhherde. Und ringsum war nun alles grüngrüngrün. Im Nu war der Wirtsgarten voll, dann der Bierkeller, alles grün grün grün, dann war sogar der Dachboden – pardon ! - voll geschissen, die Fremdenzimmer, die Abwässerkanäle, aus dem Gully ist es gesickert und zwar grün, gn, grün, grün,wohin man auch geschaut hat.

Man wagt sich, durch die grüngrünen Kuhfladen, Drachenfladen, zum Maul des Drachen vor.

„Ei, da steckt er doch, unser graues Mäuschen !“
Der Erwählte, der Büßer ! Da iegt Leo der Große, ganz wie Thomas Mann ihn beschrieben hat. „Es ist sehr borstig. Ein Ding, ein Wesen„ wie es im ERWÄHLTEN heißt „eine lebende Creatur, wenig größer als ein Igel. „

Die Druidin atzt ihn erstmal mit - na was wohl - mit Cannabis. Und wie er knabbert, wie es ihm schmeckt, wie seine niedlichen Pfötchen nach mehr verlangen und immer mehr, so dass Hortensias Kinder nicht leer ausgehen wollen und auch Willy Michl nicht und schon gar nicht Jucundus der Siegreiche.

„Aber so allmählich mal muss er doch nach Rom und auf den heiligen Stuhl gesetzt werden !“

Das wird freilich überhört. Nur nicht vorschnell mit einer viel zu großen Karriere kommen, wenn Leo ( der Große ) so entspannt auf dem Schoße des Missionars Siesta hält und alle päpstlichen Viere von sich streckt.

Nächster Morgen. Noch belebendere Sonnenstrahlen.

In ihnen sitzt der Willy Michl mit seiner Kaffemühle und schreffelt die Blätter des Cannbabis zu einem köstlichen Mus. Der Wirtsgarten hat sich beträchtlich gewandelt. Kaum ist ein noch ein einzelner Tisch zu erkennen oder gar die einzelnen Gäste daran, die alle vom Grünen überragt, besprossen, umringelt werden. Überall wachsen Dolden hervor, hoffnungsreiche Trauben von Grün, die Ernte ist reichlich, über-reichlich sogar, und Willy Michl ruft immerzu frohgemut :„Hare rama hare krishna und Prost allerseits !“

Und die Gäste, früher dem gelben Quartl zugetan, schlurfen nun am grünen Gebräu. Während der Drache noch immer in der Cannabis-Plantage träumt.

„Oh was war das für ein wunderschönes Mädchen“ schwärmt er, denn er hat außer sich noch nie einen Drachen gesehn. Und weiß nicht, dass sie, die schwebende Drachin, aus Polyvenylchlorid gegossen war, und da und dort mit Stahlrohr verstärkt. Und die Gelenke mit Gummi ausgekleistert.

In seinem Traum aber, dem grün bemoosten, glänzen ihre Schuppen wie die Südsee,
und ihre Warzen wie Regenwälder bei Sonnenaufgang.

„Und unsere Eier“ flüstert er, „wirst du dann in die Cannabis-Plantage ablegen .“

Aber hier, ausgerechnet in diesem Moment der Verzweiflung, gerade hier wird in der Luft ein Gesumme hörbar ( ich habe mich ja eben gerechtfertigt wegen der andauernden Unterbrecherei ) - wird ein ein Gesumme hörbar, das den Umkreis über dem Wirtshaus zum Beinhofer erfüllt. Was sag ich : der Äther dröhnt wieder ! Denn von Norden her gleitet ein Äroplan heran. Was sag ich, ein formidabel glänzendes Luftschiff, ein Zeppelin in Glanz und Grün und mit schimmernden Schuppen .

„Das ist ja unser Drache !“ schreit Jucundus der Siegreiche.
„Und der kann auf einmal richtig fliegen ?“
„Kunststück !“ kreischt die Druidin.“Aufgetankt mit Cannabis, wie der ist, und vollgepumpt mit Hasch !“

In aller Ruhe gleitet der Drache über das ahnungslose Wirtshaus zum Beinhofer.

„Haltet ihn an !“ Die Druidn ist außer sich. “Er hat doch den Papst im Maul !“

Sie vergeht vor Vorwurf, Scham, Verzweiflung. Und selbst wenn diese ach so zärtliche Zunge des Drachens den Kleinen, den künftigen Papst, nicht hinunter geschluckt hat, so ist er nun doch offensichtlich, an Bord des Drachens, auf dem Wege nach -

„Roooooom !!! Holt ihn doch herunter !“

Rom, klingt es da in den Ohren Jucundus des Siegreichen, Rom, die ewige Stadt, wo ich herkomme ? Und sogleich fühlt er das Pfeilgift wieder in den Knien und die
Kriegselefanten im Angriff auf seine Beine, und er ersehnt einen Speer, um das fliegende grüne Biest in den Bauch zu treffen, damit es im Schilfe des Murnauer Moos abstürzt.
Oder wenigstens behutsam bauchlandet.

Nichts von alledem. Der Drache segelt unbeeindruckt über das Moos hinweg nach Süden. Hinein ins Gebirg. Und stellt, kurz vor dem Verschwinden, nochmal den Schwanz hoch.

„Ihm hinterher !“ ruft die Druidin, aber keinem ist nach einer Verfolgungsjagd. Sondern jeder bestellt lieber ein neues Quartl. Auf das Wohl des Erwählten. Den Papst.

“Ruhe !“ ruft da die Druidin, denn weit im Süden ist ein Orchester zu hören. Es rauscht auf, das Wettersteingebirge gebiert Klänge. Streicherklänge zu Anfang, dann Hörner, großer Orchesterklang, accellerando…

“Die Alpensinfonie !“ schreit Hortensia, „Das ist die Partitur, an der Richard Strauss bei uns geschrieben hat, hier an diesem Tisch !“

Sogleich platzt es auch aus Jucundus, dem Siegreichen heraus : „ Und als der Drache vorhin den Schwanz hochstellte, da hab ich tatsächlich gelesen ‚Klassik furioso nur mit den Münchner Philharmonikern !‘“

Die Alpensinfonie steigert sich zum Gewitter, Blitze fahren hinein, Pauken mischen sich ein, den Kinderchor allerdings hat Richard Strauß doch nicht hinein komponiert, in unguter Erinnerung an Hortensias Kinder.

„Aber wo ist nun mein Kleiner, der Papst ?“ klagt die Druidin.

„Wo wird er denn schon sein“ knarrt da der Michl Willy „da hinten liegt er halt.“
Mitten in Eurer grünen Plantasche, und schlaft.“

Und ruht sich aus vom – pardon ! - reichlichen Misten. Vom Cannabismisten. Und gemistet hat unser Drache wie eine ganze Kuhherde. Und ringsum war nun alles grüngrüngrün. Im Nu war der Wirtsgarten voll, dann der Bierkeller, alles grün grün grün, dann war sogar der Dachboden – pardon ! - voll geschissen, die Fremdenzimmer, die Abwässerkanäle, aus dem Gully ist es gesickert und zwar grün, gn, grün, grün,wohin man auch geschaut hat.

Man wagt sich, durch die grüngrünen Kuhfladen, Drachenfladen, zum Maul des Drachen vor.

„Ei, da steckt er doch, unser graues Mäuschen !“
Der Erwählte, der Büßer ! Da iegt Leo der Große, ganz wie Thomas Mann ihn beschrieben hat. „Es ist sehr borstig. Ein Ding, ein Wesen„ wie es im ERWÄHLTEN heißt „eine lebende Creatur, wenig größer als ein Igel. „

Die Druidin atzt ihn erstmal mit - na was wohl - mit Cannabis. Und wie er knabbert, wie es ihm schmeckt, wie seine niedlichen Pfötchen nach mehr verlangen und immer mehr, so dass Hortensias Kinder nicht leer ausgehen wollen und auch Willy Michl nicht und schon gar nicht Jucundus der Siegreiche.

„Aber so allmählich mal muss er doch nach Rom und auf den heiligen Stuhl gesetzt werden !“

Das wird freilich überhört. Nur nicht vorschnell mit einer viel zu großen Karriere kommen, wenn Leo ( der Große ) so entspannt auf dem Schoße des Missionars Siesta hält und alle päpstlichen Viere von sich streckt.

Währenddessen sitzt auch der Missionar sitzt und , was soll ein Missionar schon tun, liest vor.
„‘Bringt erst einmal „ liest er „bringt erst einmal siebzehn Jahre auf einem Steine hin, herabgesetzt zum Murmeltier…‘“ So wortwörtlich Thomas Mann.

„Ich bin ein Murmeltier, habt ihr gehört !“ kicherte da stolz der Erwählte und streckt sich wohlig.

„Himmelskakri no amal“ schrie da der Willy Michl auf,„wo is denn das ganze Cannabis auf oamoi hi !“

Ei nun, wohin wohin - die Kinder Hortensias haben alles fort stibitzt. Wie es die Art von Komödiantenkindern halt so ist. Und waren als Dealer unterwegs : im Ober- wie im Untermarkt, in den Pflegeheimen, im Gymnasium, auf Zeltplätzen. Sogar in der CSU-Geschäftsstelle !

„No amal afangen !“ ruft der Michl Willy. Und alle griffen wieder nach den spitzen grünen Blättern und begannen neu zu schreffeln.

„Aber wo ist eigentlich“ fragte der Willy Michl „wo ist eigentlich unsere Hortensia?“

Dass diese Hortensia hoch droben in den Lüften schwebte, das wäre wohl zuviel gesagt . Mit einiger Anstrengung geriet sie von Alleebaum zu Alleebaum, das trifft es schon eher. Denn Hortensia bewegt sich im Sitzen fort, um genau zu sein. Thront dem Drachen just hinterm Kopf und sang ihm vor „Ich bin ein Musikante und komm aus Schwabenlande“ oder „Wer recht in Freuden wandern will“ und derlei Tralala, wie wir alle es vom Wandertag her kennen.

Tralala also, denn der Drache ist ja jetzt auf der Suche nach seiner Drachin, von der er nicht weiß, dass sie ein Luftschiff ist. Und in jedem dritten Ahornbaum lassen sie sich aufstöhnend nieder. Werden die dünnen Flügelchen noch reichen, die Allee hinauf, an der Großbaustelle vorbei, über die Eisenbahn hinweg ?

Aber : was ist denn überhaupt ihr Ziel ? Wo denn ein Drachenmädchen suchen, ja gar befriedigend auffinden ? Keine Sorge, liebes Publikum, denn der Geist der Erzählung hat bereits ein Ziel ausgemacht. Es ist der Freizeitpark im Landkreis Fürstenfeldbruck. Die Flügelchen des Drachen sind lahm, die Stimme ist entkräftet - aber : über dem Freizeitpark hängen so viele Ballons und bunte Elipsoide und Spiralen herum, dass sich da die Nachfrage lohnt, ob sie nicht was Verwandtes auch unten auf Vorrat hätten. Riesige Schmetterlinge mit Gondeln unten dran, halbe Monde zum Platznehmen für mindestens acht Personen, eine grinsende Sonne, ein Luftschiff sogar mit Propeller vorn dran. Der Drache malt sich bereits aus, wie er in mit ihr, der Drachin, über der Budenstadt kreisen wird.

Unten auf dem Erdboden freilich gehts streng geschäftsmäßig zu, :“Was steht ihr denn glotzend rum“ brüllt der Mann vom Dienst „in drei Minuten ist Anfang von Das Tapfere Schneiderlein ! Und wir haben kein Wildschwein !“

Ehe Hortensia erklärt hat, sie sei Sängerin und könne jede Arie in jede beliebige Märchen-Vorstellung einpassen, hat man dem Drachen schon unter einem Stück Badvorleger auf die Bühne geschoben.

Und wenn das Schneiderlein zu Ende ist – „Platz da !“ - fängt die nächste Vorstellung an, „Platz da ! Und du bist der Froschkönig, als Aushilfe !“

„Platz da ! Um halb vier fängt Schneewittchen an. Du mit deinem fetten Grün springst ein als Waldwiese. „

„Aber ich bitte Sie“ schreit Hortensia, „ so können Sie doch nicht reden mit einem Drachen, der seine Geliebte sucht !“

Platz da ! Rauf auf die Bühne. Die Pfoten des Drachens sind zerstochen von den rücksichtlosen Mitspielern.

„Platz da, Drachenvieh ! In der nächsten Vorstellung bist Du der linke Felsen in der Cinderella !„

Aber da haben sich die beiden schon still aus dem Staub gemacht. Und vom Schwanz hat man dem Drachen auch noch sechseinhalb Meter abgesägt, und am hinteren Ende des Drachen leuchtet nun eine Signallampe als Schlusslicht.

Ihr dritter Versuch ist in der Oper. Auch hier wird Hortensia übersehen, und auch ihr bejubelter Mezzosopran. Schwerhörig, wie der Korrepetitor ist und schwerhörig sind eben alle Korrepetitoren, das hört man den Opern-Chören auf der Stelle an.

„Können Sie wenigstens Feuer speien ?“ fragte er den Drachen.„Sie müssen ganz einfach den Spiritus ins Maul nehmen“ sagte der Korepetitor und dann komme ich mit dem Feuerzeug…“
Der Korepetitor kommt mit dem Feuerzeug. Und der Drache steht in Flammen.

„Ausatmen ! Ich hab gesagt, Sie sollen ausatmen und nicht die Luft einsaugen.“ Damit ist er schon in der Oper verschwunden, mit dem Ausruf „sowas von unbegabt“. Und der arme Drachenkopf ist nicht mehr zu sehen, weil ihn schwarzes Gewölk einhüllt.

„Immer kriegst du“ schreit Hortensia ihn an, „die Rollen angeboten und nicht ich. Du solltest endlich zum Theater gehen !“

„Aber ich liebe sie doch…“

Die Nase verkockelt. Die Zähne geschwärzt. Die Augen brennen, aber -

Aber als am nächsten Morgen der Herr Dr.jur. Wassily Kandinksky vor die Tür trat, traf er auf das Malermädchen Agathe Ruckdeschel, das arglos seinen Gartenzahn anstrich.

„Wir drehen heute im Murnauer Moos“ begrüßte er sie.

„Und zwar die berühmte Stelle mit den Strahdrischn“.

„Ah ! Die Strahdrischn“ schwärmte das Malermädchen „die berühmten Bauwerke aus Schilf, Tradition und heimischem Erwerbsgeist“ - obwohl die eigentlich nur als Streu im Kuhstall herhielten – „Symbole des Althergebrachten, so wie auch der Gartenzaun, in dem sie gerade jeder Latte eine andere Farbe verpasste, blau, weiß, rot, grün, um das Auge des Dr. jur. Kandinsky sinnlich zu erregen -

Aber da erst bemerkte sie, dass der Angeschwärmte lang schon zum Moose hin entschwunden war. Um diese Begegnung mit den Mal-Damen auf den Film zu bannen,
der im Herbst im deutschen Fernsehen laufen soll, vor Hinz & Kunz, die sich doch nur mit Tatorten und Anne Will auskennen.

Nun aber eilends zurück in den Wirtsgarten vom Beinhofer, denn schon wieder überstürzen sich hier die Ereignisse. Die Kinder Hortensias haben nämlich den Untergrund erforscht. Will sagen, den Erd- und Felsenboden, auf dem der Willy Michl – na ja, sagen wir mal : fusst. Aber darunter, und vor 2000 Jahren, wer hat da bitte gefußt ?

Eben : die Römerstraße !

Denn, Freunde, wir wir befinden uns hier ( beim Beinhofer ) an einem Scheitelpunkt, einem Gipfel, hoch über dem Land und dürfen eine römische Stadt hier sehr wohl erwarten.

Hortensias Kinder kriechen also dort unten umher, fünf Meter unter dem Erdboden, durch alle Kanäle.und Kloaken. Und wieviel Zimmer und Küchen und Hinterstübchen es da unten gibt ! Und Jucundus der Siegreiche entdeckt, wieviel Straßen mit festen Platten, deren Löcher man gar nicht erst ausfüllen muss. Und Bäder, und Planschbecken, und Achtung gebietende Tempel.

Und nur der Drache darf nicht hinunter. Jucundus der Siegreiche zwängt ihn von vorne,
Magnus der Missionar zwängt ihn von hinten, dann presst ihn der Willy Michl mit
beiden Pratzen ins allzu schmale Loch. Nichts geht voran, ein römischer Abgrund und ist halt ein römischer Abgrund.

Aber als ihm der Willy Michl verspricht, ihm aus der Tiefe klein für klein zu berichten, legt er sich grünklobig zufrieden auf die Ausgrabung, und schläft den Schlummer des Sicherheitsbeauftragten.

„Wie herrlich, dass ich nicht nach Rom musste, wie die der Geist der Erzählung es vorgesehen hat“ freut sich der Erwählte. „Denn jetzt habe ich die Römer hier um mich herum ! „
Und krabbelt durch die dunklen Gewölbe, erklomm Mosaiken und Fresken und rastete auf mancher nackten Venus.

„Murnavia antiqua schon besichtigt“ ? bellen die Tourismus-Branche hinaus in die Welt. „Zwischen dem Hofbräuhaus und Neuschwanstein erleben Sie DIE RÖMER IM UNTERGRUND“. Das Fernsehen war da, der Militärische Abschirmdienst war da, der Landrat, 302 Busse jeden Tag, und ganz am Ende auch noch ein paar verhatschte Beamte des Landesamtes für Denkmalpflege.

Aber das Problem ist, wie es auch unsere Landesregierung hat, unser Problem ist grün. Huckelig und voller Warzen. Denn der Drache liegt, mit allen Tonnen, die er hat , auf Eingang zur Römerstadt. Soll der Dorfpolizist nun den Drachen aufschreiben wie einen xbeliebigen Falschparker ? Soll der Bau-Unternehmer seinen schwersten Kran schicken und den Drachen hochheben wie einen Felsblock, der auf der Autobahn liegt ?

Als Kandinsky vom Drehen im Moor zurück kommt, erwartet ihn nicht nur der Gartenzaun mit den frisch gestrichenen Latten, rot weiß grün lila und so weiter , sondern auch eine Reiterin, die auf ihrem Pferd den Zaun wie beim Dressurreiten überspringt. Von links nach rechts, von rechts nach links.

„Hallo, sind Sie nicht der Dr. Kandinsky ?“
Von rechts nach links.
„Ich bin Agathe Ruckdeschel, im Film frisch besetzt als Marianne von Werefkin.“
Von rechts nach links.
„Ich trainiere mit meinen Hengst grade dieses Hindernis.“
Von links nach rechts.
„Das Pferd ist eigentlich der Kavallerist Alexander von Jawlensky, aber mir zuliebe ist er viel lieber der Hengst.“
Von rechts nach links.
„Streicheln Sie ihm sachte die Schnauze ! Er ist nämlich sehr eitel.“

Und das Monokel strahlte vor ihrem rechten stahlblauen Auge.

Und während der Hengst Jawlensky noch springt, wird tief unter der Erde gesprochen :

„Ist das göttlich, so faul im Finstern zu flacken.“

Die Männer, Willy Michl und der Missionar und Jucundus der Siegreiche liegen flach auf dem Rücken. Oder auch : sie geben sich mit Leib und Seele der inneren Einkehr hin. Was das ist, das werdet ihr erfahren, wenn ihr euch ( unter der Erde ) auf den Rücken legt und euch rundum einölen lasst. Mit betörend duftenden Essenzen, in denen der Hibiskus und Kardemomme und Moschus erblühen.

„Und das alles haben wir dem Mithras zu verdanken.“
„Mithras, ist das auch ein Gast beim Beinhofer ?“
„Mithras ist ein römischer Gott !“ weiß Magnus O’Higgins, denn alles Theologische ist seine Zuständigkeit.
„Er hat das Ewige Leben erfunden.“
„Halt auf“ mischt sich da der Willy Michl ein. „Des war fei unser Jesus Christus !“
„Das war der Mithras“ beharrt nun auch Jucundus der Siegreiche, der es wissen muss.

„Und zwar zweihundert Jahre früher als der Jesus. In der Stadt Tarsus, aus der später, auch unser Apostel Paulus kam.“ ( Lest es unter Wikipedia nach, wenn ihrs nicht glaubt ).

Und so schlafen die drei Mithrasgläubigen wieder ein in ihren köstlichen Essenz-Düften. Ekstase, überall würzige Ekstase. Und sie wälzen sich grunzend nach links, alle drei, und wälzen sich grunzend nach rechts, alle drei. Aber nach drei oder vierzehn oder nach ichweißnichtwievielen Tagen starren alle drei angeödet zur Decke. Und es entsteht eine lange Pause.

„Und wann kommen jetzt amal die Frauen ?“
„Der Mithraskult ist eine Religion ohne Frauen.“
Es wird gestöhnt.
„Denkt doch mal : auch der Apostel Paulus war ein Weiberfeind.“

Lest es nach unter Wikipedia, und Jucundus der Siegreiche verdrückt eine altrömische Verwünschung.

„Ohne Frauen“ weiß nun auch Magnus der Missionar, „ist jede Religion nur eine einziges Schlamperei“.

Sie schweigen wieder, und irgendwo hinten tief im Gewölbe tropft einsam Wasser von der Gewölbedecke. Blimm blimm blimm...

„Deswegen also hat das Christentum gesiegt.“

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Der Beinhofer liegt oben auf der Spitze des Hügelkammes, der sich einem entgegenreckt und entgegenstreckt, wenn man von Hechendorf her die Höhe heraufgeklommen ist. Wenn man schweißbedeckt und durstig ist. Wie alle, die seit 2000 Jahren über die Römerstraße herauf gehechelt und herauf gestöhnt sind : Legionen der Cäsaren, Händlerwagen mit sechs Ochsen vorn dran, der Fugger und Welser, erste Autofahrer töf tööf und letzte Fußwanderer nicht mehr zum Zählen , die alle von Partanum sprich Partenkirchen nach Augusta Vindelicorum wollten - eben nach Augsburg.Bis halt die Olympiastraße, pardon : die Bundesstraße 2 seit 1936 den Beinhofer zu einer versonnenen Waldwirtschaft gemacht hat.

„Uff ! Der Beinhofer ! Endlich Zeit für a Quartl.“

A Quartl ist ein Viertelliter Bier. Da gibt es nichts zu lachen ! Mein Großvater hat Bier nur quartlweis getrunken. 1875 bis 1949. Beim Beinhofer ! Der Beinhofer war sein Leben. Sein Info-Zentrum. Sein Kosmos. Kurzum : der Beinhofer war meines Großvaters Quartl. Heute ist beim Beinhofer – ich erwähne das für die Neuen, die bei der Verlesung der ersten Beinhofer- Geschichten nicht mit dabei waren – ist beim Beinhofer alles anders. Denn heute wird beim Beinhofer Cannabis ausgeschenkt. Das von dem Missionar Magnus O`Higgins angebaut wird.

Der Missionar Magnus O`Higgins gehört zum Beinhofer- Ensemble. Ebenso wie der Willy Michl, Besitzer des Beinhofers. Wie Tullius Jucundus Spirio, der altrömische Wegemeister . Die zwar alle derzeit nicht sichtbar sind , weil sie alle dem Kultus des Mithras verfallen sind, der die Unsterblichkeit erfunden hat und deswegen eingeölt herum flaggen müssen. Nämlich tief unten in den Gewölben der römischen Stadt.

Römische Stadt, römische Stadt, hör ich die Neuen murmeln, wo ist hier eine römische Stadt ?

Wehe dem, der erst als Zweiter kommt ! Denn die römische Stadt, die unter dem Beinhofer ruht, ist auch im ersten Teil entdeckt worden. So kriegt ihr hier eben nur Hortensia, die Sängerin mit den vielen Kindern zu sehen. Die ständig übt und hofft und beim Beinhofer auf dem Heu schläft. Und die Druidin Sheila O’Neill, die die Cannabis-Plantage mit angelegt hat. Und eben unseren Drachen. Der hier wacht, nein : schnarcht.

„Mögens a Quartl Cannabis ?“fragt die Druidin, die hier die Bedienung macht, einen neu hinzu getreten Gast. Und reicht ihm das Quartel mit den altbairischen Worten „Hara rama hare Krishna.“

„Es soll hier“ versetzt der Neue, der irritiert das Gebräu in dem Quartl gekostet hat, „es soll hier eine römische Stadt geben.“
„Schon. Aber der Drache liegt halt drauf. Auf ihren sämtlichen Ein- und Zustiegen“.
„Damit er sie abschirmt vor dem Landesamt für Denkmalpflege mit ihren ganzen wissenschaftlichen Archäologen und Tiefenbohrungen und gribes-grabis und Absperrbandln. Und unsere Männer, die bleiben derweil da drunten. In den Untiefen der Geschichte. Der Willy Michl, und Tullius der Siegreiche und eben auch mein Magnus, der Missionar O‘Higgins, mit dem ich das ganze Cannabis-Graffel da mühsam opflanzt hab.“
Und genehmigt sich selbst einen Schluck aus dem Cannabis-Krug.

„Weil sie halt, die Mannsbilder, alle an den Mithras glauben.“
„Und was bitte ?“ fragt der Neue.“An was denn für einen Mithras - ist das sowas wie ein Duschgel ?“
„Sie ! Versündigen Sie sich nicht ! Mithras is a antike Religion, das sag ich Ihnen als Druidin.“
„Verzeihung“ stutzt da der Neue, der schon leicht bedudelt ist von dem Cannabis-Trank, “ich wollte Ihrem geistlichen Stand nicht zu nahe treten“.

„Geistlicher Stand !“ ereifert sich die Druidin.“De Mandern liegt da drunten und langweilen sich der Unsterblichkeit entgegen, und san rundumdum duftig eingeölt, und mir Weibern da heroben müssen uns um die Ausschenkerei bekümmern und das Cannabis ernten und de Krügeln abwaschen und – vor allem den Drachen füttern.“
Der Drache, als hätte ers gehört, was über ihn gesagt wurde, lasst ein traumseliges „Grgrrrrrrr“ hören.
Und der Neue wird keck, das machen alle die Cannabis-Quartl in ihm :„Da würden Ihnen doch ein paar neue Einnahmen ganz recht kommen. Ich bin absolut kompetent, wo hier was zu verdienen ist, Frau Druidin ! Ich bin eine Sternstunde meines
Fachs -“
„Ich habS Ihnen gleich ogsehn“ raunzt die Druidin „Sie sind der Scheuer Anderl, Verkehrsminister zur Wiederverwendung .“

„Eben der !“ freut der Neue sich. „30.000 Kilometer Gleise hab ich eingespart, um den öffentlichen Fern-Verkehr zu entlasten.“
„Und 243 Millionen Euro Schulden habnS hinterlassen mit Ihrer Maut“ weiß sie auch noch. Denn eine Druidin ahnt halt alles.

„Genau ! Wenn hier beim Beinhofer erst wieder Verkehr wär, also Hochbetrieb a la Andreas Scheuer, wären da Parkplätze ringsum, Würstchenbuden, Glühweinstände, Riesenräder und drüben in das Haus da - „
„Sie meinen die Villa Reinherz“
„Genau. Da zieht die Tourismus-Zentrale ein. Zwischen Hofbräuhaus sowie Neuschwanstein / steige froh in die Katakomben Murnaus ein. Und daraus ergeben sich Führungen, Führungen, Führungen nunter in die römische Stadt und pro Person san sowieso sechs Quartl obligatorisch , das ergibt allein für mich eine Pauschale von – warte mal...“
Und er holt seinen Taschenrechner heraus, vielmehr sein Handy, um seine Hintermänner zu befragen.
„Wie, Scheuer-Bub, “ schreit die Druidin auf, „Sie wollen selber auch mit abkassieren ?“

„Ja, das ist doch alles im weitesten Verkehr Verkehr Verkehr, oder ? „ lächelt der Scheuer treuherzig. „Das bedarf der Koordination, und ich bin die Koordinaton in Person. Ich bin der Verkehr selbst. Schon um meine 243 Millionen Euro wieder reinzukriegen für die ich sprichwörtlich berühmt bin.“
Beide nehmen einen tiefen Schluck aus dem Krügel. Er siegesgewiss, sie raunzig.

„Aber wie also, Minister-Büberl, „wie kriegen wir den Drachen von der römischen Stadt herunter ? „
„Also, wenn ich meine Schienen einbring, und ich die alle 30.000 Kilometer Eisenbahn nebeneinander aufstelle, aufrecht verstehenS, eine Schiene fein säuberlich hinter der andern, und jede Schiene ist einen Meter 53 cm lang, dann ist der Drachen zumindest a bisserl - gelupft.“
„Aha. Bloss gelupft.“
„Man muss halt da drunter den Kopf einziehen.Der Söder müsste in die Knie gehen. Aus Buße dafür, dass er mir noch immer keinen neuen Job - „
„Aber : ob das reicht zu einem Hochbetrieb, den wo Sie mir versprochen haben ?“

Da tritt Hortensia auf, die Hörer der ersten Folge wissen Bescheid, Hortensia die immer noch ihre strahlendste Rolle sucht und nun trällert :
„Almarausch und Edelweiß
ewiger Firn und Gletscherschnee
und mir zwoa ghörn aa derzua
Sennerin und Sennerbua“-

Und weil sie annimmt, Scheuer sei der Ministerpräsidenten , der auf Staatsbesuch gekommen ist wegen der römischen Stadt drapiert sie ihm Almenrausch und Edelweiß um den Hals. In diesem Gewühle auf des Beinhofers Wirtsgarten taucht plötzlich Denis Darcel auf -

Stop ! Schon wieder ein Neuer ! Wer ist dieser Denis Darcel von -

Denis Darcelel von Hintermeyer, bitte. Also . Wenn ich mich auf dem Burggraben stelle – der Burggraben nur als Beispiel – und rufe : Denis Darcel, erscheine uns ! kommt aus jedem zweiten Haus : Denis Darcel von Hintermeyer raus ! Oder wenn ich mich auf den Soller stelle - bitte, der Soller nur als Beispiel - und rufe : Denis, wo bist du ? Kommt der Hintermeyer aus jeder Tür,.Und wenn ich auf dem Kemmel stehe – nur als Beispiel – oder auf der Ramsachleite oder gar Hechendorf und rufe : Darcel -

“Gestatten, dass ich mich selber vorstelle“ lächelt Denis Darcel von Hintermeyer hat dabei ein Edelweiß zwischen den Zähnen, „ die Hälfte der Einwohnerschaft dieses schönen Ortes Murnau bestehen aus Individuen, die auf zwei Krücken oder im Rollator ihren Herzschrittmacher zu transportieren versuchen – Aber wer rollt sie voran ? Denis Darcel von Hintermeyer, von Mantra durchflutet. “

„Gebomgt gebomgt, Herr von Eso“, sagt Andreas Scheuer streng. „Wir brauchen aber Wege, um den Drachen zu heben. In die Luft !“
Der Drache indessen bläst aus seinen Nüstern und dreht sich wieder auf die andere Seite. Um von seiner Drachin zu träumen.
„Am besten „ weiß Denis Darcel, „ich fang gleich mit ihm dem Yoga an. Erst Qui, dann Yin, und schon beim Tao schwebt ihr über unseren Köpfen.“
„Wie bitte ?“ fragt da der ganze Wirtsgarten.

Keiner versteht ein Wort, aber Denis Darcel von Hintermeyer ist halt Eso und Murnau lebt davon. Und Denis Darcel von Hintermeyer dehnt und streckt sich. Aber der Drache schläft weiter.
„Dann versuchen wirs es mit dem assamesischen Riechsalz.“
Aber der Drache schläft.
„Ich banne ihn mit meinem dritten Auge !“
Aber der Drache schläft und kratzt sich hinter einem Ohr. Nach wie vor bodennah.
„Ich übernehme hier das Kommando !“
Ein mächtiger Mann betritt den Wirtsgarten des Beinhofers. Ein roter Dreispitz sitzt unternehmungslustig auf seinem Schädel, und er schaut so einschüchternd ins Publikum, dass keiner mehr fragt, wer er eigentlich ist.

„Wir stemmen den Drachen ganz einfach hoch“ donnert er, „wenn alle tieeeeeeeef einatmen, die uns gewählt haben..“
„Das ist doch reine Zauberei“ stöhnt die Druidin.
„Unsere plötzliche Gegenwart ist auch eine Zauberei“ grinst der mit dem Dreispitz.
Der mit dem roten Dreispitz pfeift. Und die Wirtsbäume beim Beinhofer geraten in Schwingung, die Äste biegen sich, die Dachpfannen schlackern, das Laub flattert einem um die Ohren, die Spatzen flüchten, die Krüglein tanzen, alle Anwesende wirbelts hoch - und es nicht zu übersehen : der Drache schwebt !

„Daran sehen Sie, wieviel Wähler wir bereits wieder haben hier in diesem Land !“
Und geht unter dem Drachen hin und her, und streckt mit seinen Degen hoch in die Luft.
Die Driudin staunt, Denis Darcel von Hintermeier putzt vor lauter Verwunderung sein drittes Auge, Sie wissen schon , das berühmte unsichtbare direkt über der Nase wie bei jedem Eso. Und Andi Scheuer überlegt, ob er Danis Darcel von Hintermeyer nicht mit wieviel Prozent an seinem Geschäft beteiligen soll.

Nur Hortensia, die enthusiastische Sängerin, stimmt diesmal nicht trillernd in die allgemeine Entzückung ein. Und wer direkt an ihrem Munde hinge ( was aber leider keiner der Anwesenden tut ) könnte sie murmeln hören : „Ich frag mich ja, ob diese Wähler beim Drachenlupfen wirklich nur ausgeatmet haben , diese heiße Luft roch doch merkwürdig beinahe wie Schwefel !“
Ja, sohar Künstlerinnen können manchmal den richtigen Riecher haben, auch wenn sie nie beachtet.

Denn aus der Tiefe hervor , die Zu- und Abgänge der römischen Stadt liegen nun ja wieder offen da, aus der Tiefe hervor also klettert nun Tullio Jucundus Spirio hervor. Richtig erinnert , der von der 8. kapadokischen Kohorte, der mit den Pfeilspitzen in der Kniekehlen und dem Schlangengift in den Fersen der Kriegsgegner von damals.

„Ich bin doch eh schon mindestens 2000 Jahre halt“ ereifert Jucundus sich. „Warum erinnert mich denn keiner daran !“
Aber just in diesem Moment sackt der riesige Drachenkörper wieder ab und legt sich, mit einem sanften gummiartigen „plaff“ wie eine Luftmatraze in einem leeren Plantschbecken – wieder auf die römische Stadt drauf. Und deckelt wieder alle ihre Ein- und Zustiege.

Und bedeckt auch alle Pläne des Andreas Scheuer.
„Ich glaube“ meldet der sich zu Wort“ meine Eisenschienen wären da doch nachhaltiger gewesen, Verstehen Sie,
nachhaltiger !“
„Auch unsere Wähler müssen halt auch mal durchatmen !“ ruft der mit dem roten Dreispitz.
Und er fuchtelt mit seinem Degen dem Scheuer Anderl unter der Nase herum. Wie eine impertinente Wespe.
„Das Volk steht auf, der Sturm bricht los, verstanden ?“

„Das Volk steht auf“ erinnert sich die Druidin.“Das klingt ja fast wie die AfD“.
Eine Druidin riecht halt alles.
„Richtig erkannt !“ schreit der mit dem Dreispitz.“Und mindere Exemplare aus absterbenden Parteien gehören ….“
Andreas Scheuer, gewesener Minister, schaut sich ratlos um, wen der mit dem roten Dreispitz denn wohl gemeint haben könnte. Aber der Degen bleibt genau auf ihn, den Scheuer gerichtet.

“Auf wen gehen denn die Abertausende von Rollern zurück“ schreit der mit dem Dreispitz „die die Parkplätze unserer Limousinen verstopfen ! Und wer hat die bitte erfunden, Antwort !“
„Das war“ stottert der Scheuer, „allerdings mein jüngerer Bruder, und der ist Fahrradbastler ... “
„Aha, echt niederbayerisch, immer gleich den Bruder vorschieben !“

Tullius Jucundus Spirio aber geht von dannen. und marschiert auf der Römerstraße entlang im festem Schritt, als alter antiker Zenturio, Richtung Augusta Vindelicorum, also Augsburg. In Domus moratum aber, also in Weilheim, stolpert Tullius über Scheinwerfer, Kabel und Polizisten, die zwar keine sind, sondern nur verkleidete Arbeitslose. Dort wird eine Krimi-Serie gedreht, denn die Weilheimer wollen hinter Tölz und Rosenheim nicht zurück stehen, schon gar nicht gegen die längst wieder verschwundene Murnauer Polizeiserie „Stadt Land Mord“ von 2007 auf SAT 1 seinerzeit, mit bloß 8.8 % Marktanteil und, hallo ! da ist der Tullius Jocundus Spirio grade die richtige Besetzung , mit seinem handgeschmiedeten Brustpanzer.

Und so wird Tullius Jucundus Spirio stracks engagiert. Als zweiter Kommissar, und er macht ja auch was her, mit seinem roten Helmschweif und seinem original altrömischen Schwert. Wenn er mit dem das Beweisstück aufspießt, das corpus delicti , oder dem Verdächtigen das Ohr absäbelt oder dem Verdächtigen die ganze Wohnung zerhaut, Tisch um Tisch und Schrank um Schrank und sogar das Zahnputzglas nicht auslässt, bis in der Tiefkühltruhe endlich die Leiche der Schwiegermutter aufgefunden wird, und das ist immerhin die von Jutta Speidel.

Im Wirtsgarten zum Beinhofer aber hat sich der Drache wieder erhoben, ist wieder hinaufgewirbelt. Diesmal so hoch wie die höchsten Kastanien.
„So viele Wähler wie noch nie !“jubelt der mit dem roten Dreispitz und marschiert im Kreis unter dem Drachenbauch, mit hoch gelüpftem Degen. Sodass völlig unbemerkt zwei Mitglieder des Beinhofer-Ensemble zum Vorschein kommen, die unterdessen – aber wo sind die Hörer der ersten Folge ? - in den Tiefen der Gewölbe der römischen Stadt geschlafen haben und die nun, beunruhigt durch den Stimmengewirr über ihnen, sich mühsam ins Freie hangeln.

Warum mühsam ? Der Schlummer des Michl Willy und des Missionars Magnus O`Higgins war nämlich zuletzt höchst unbequem, weil sie – ich erinnere an das Auf– und Niederlupfens unseres Drachens durch das Gebläse der AfD - weidlich durchgeschüttelt worden sind. Der Drachen auf sie drauf, rumms rumms - und der Drachen von ihnen, rummsrumms, und die beiden sind am Ende hängen geblieben -

Ja, sind hängen geblieben oben in den Rundbögen. Der römischen Stadt. Wo sich seit den Zeiten der römischen Kaiser allerhand Spinnen eingenistet haben und Fledermäuse, und dazu Nachtohreulen und Schnecken, die zwar seit 2000 Jahren ausgestorben sind, dort unten in Kellergewölben aber glänzend gedeihen. Und die nun die beiden, Willy und der Missionar, abzupfen wie Beeren vom Johannisbeerstrauch.
„Schau dir das an ! Was ist denn das schon wieder für ein Gewürm ?“
„Irgend so ein antiquarischer Tintenfisch mit Lamellen dran. Wenn ich den meine Gäst sevier in Olivenöl, mit Cannabis und Knoblauch dazu, landet der Beinhofer noch im Guide Michelin“.
Und dann machen sie hopphopp eine Räuberleiter und steigen aufwärts.

Im Wirtsgarten wird gesungen :"Und wenn wir zum Derschiessn ghörn..."

„Hörstas, wie draußen alles singt ?“ sagt der Willy Michl.
„Das muss der Chor der seligen Geister sein. Wo wir doch jetzt unsterblich sind, vom Mithras aus“ meint der Missionar.

Im Wirtsgarten wird wieder gesungen :
"Und wenn mir zum Derschiassen ghörn
dann wolln wir halt derschossen werden
in unserem Wald auf unsere Baam
am liebsten stirbt man doch dahoam".

Als sie aus den Katakomben heraus kriechen, stellen sie fest :“Also, Engelrn san des net.“
„Die schauen eher aus wie die Kinder von unserer Hortensia.“
„Aber in nagelneuen Uniformen.“
„Und die marschieren. Unter dem Kommando von oam mit am roten Dreispitz.“
„Woasst was ? Mir san als Unsterbliche ausgerechnet gelandet mitten im 30jährigen Krieg.“
„Nichts als wie zrück zu unserm Mithras, bei dem herrscht wenigstens Frieden !“

Aber, eben als sie sich wieder nach unten verdrücken wollen, ins sichere römische Gewölb, erkennt der Michl Willy den mit dem roten Dreispitz : „Du bist doch der Fischer Xari aus Untersöchering !“
„Erlauben Sie mal ! Ich bin die Sturmgruppe Werdenfels der Aktion für Deutschland !“
„Geh zua Xari, tratz mi net, du bist doch allerweil der Kassierer gwesen im Ortsverein von der SPD.“
„Der Sozialismus hat ausgedient !“ bellt der mit dem Dreispitz.“Der Feind rückt an von allen Seiten !“

„Das Abendland“ bellt nun auch der der Scheuer Anderl, ehemaliger Bundes- minister , „das Abendland befindet sich im verschärften Belagerungszustand !“ bellt er, und präsentiert seinen Karabiner, will sagen seine Mistgabel.

„Immer schon war das Esoterische mein Quartl„ lächelt der mit dem Dreispitz. “Schon mit dem transzendentalen Hinweis auf Twitter, wie der Bill Gates alle weißen Völker in den Abgrund lotst und das Corona in Silicon Valley erfunden hat, zwecks Vernichtung der weißen Rasse.“

Und die Kinder der Hortensia, Jungvolk nun alle, schwatzen sogleich weiter, was sie da an Geheimnissen gehört haben, denn selbstverständlich haben sie nun alle Handy. Und aus den Handys strömen neue Geheimnisse heraus : höstas schon ghört, wie der Bill Gates in Afrika Flüchtlinge anwirbt, hastas scho ghört, wie er sie bei uns übers Dach einschleust, hastas scho ghört wann die Katz bei der Nacht miaut des ist in Wirklichkeit de Oma de grad vergwaltigt wird und dem Missionar und dem Michl Willy schwirrt der Kopf : a Quartl jetz her !

Und als sie es endlich haben, schreit „öha !“ der Willy Michl auf und „pfui Deifel“ japst, streng religiös der Missionar. Denn es kein Cannabis mehr im Kriagl, sondern wieder das altvertraute fade braune Bier von der Hackerbrauerei.
„Die Aktion für Deutschland“ schreit der mit dem Dreispitz „hat Rauschgifte verboten !“
„Und der Söder“ schreit der Scheuer Anderl hinterher, denn er ist immerzu der Hinterherchreier „hats sofort unterschieben.“
Grantig würgt der Willy Michl das Bier hinunter, aber der Missionar spuckts aus.

„Ich hab doch“ stöhnt die Druidin „die ganze grüne Pracht gezüchtet ! Eigenhändig angebaut, aber umsonst ! “
„Und wer die ganze Cannabicherei verstößt“ schreit der mit dem Dreispitz weiter, „landet in den Gewölben der römischen Stadt.“
„Auf der alleruntersten Stufe !“ schreit Scheuer, der Hinterherschreier, und fasst seine Mistgabel noch grimmiger, und da haben die Kinder Hortensias, das frische Jungvolk, die Druidin schon hinunter gezerrt ins urtiefe römische Gewölbe.
In die römische Einsamkeit. Aber die Druidin ist gar nicht einsam da unten, sie hält ihre zauberischen Augen offen. Und während die Männer, die wegen des Mithras Eingeölten, hier nur gepennt haben, entdeckt sie mit ihren Druiden-Augen ein Mosaik !

Mosaik, das muss euch gar nicht überraschen, ein Mosaik gehört schließlich zu jeder antiken Ausgrabung, und wen man schon keines in Augsburg gefundet hat, dann rührt das allein daher, dass die Sklaven die vielen Steinchen nicht von Rom herauf bis nach Augusta Vindelicorum schleppen wollten. Und so ordern sich die Steinchen und Glitzerchen hier zu einem Kunstwerk, tief unter dem Beinhofer, vor 2000 Jahren, formten sich zu Ornamenten, Palmetten links und Palmetten rechts, und zauberhaften Ausblicken auf weite Meeresflächen, mit Tritonen und Najaden und Molusken. Schaut es euch in aller Muße an, wenn ihr dran seid mit der nächsten Führung.

Und Drachen vor allem, draco darcissimus, ganze Familien mit Enkeln und Urenkeln und Nebenneffen, es geht drunter und drüber wie im Herbarium im Zoo. Die Drachenbrut plantscht wie Heringsvölker herum im lagus gradus, im Staffelsee also, aalt sich dort wo Seehausen heute ist, und spielt fangen in Riedhausen, eins zwei und ich bin frei, schlagen Purzelbaum auf dem Dünaberg und erklimmt die hohen Tannen auf dem Heimgarten, um dort mit ihren langen Zungen Fliegen zu fangen.. Und die Druidin als eine richtige heidnische Spökenkiekerin, stürzt sich mitten hinein ins Wasser, hinein ins Mosaik und paddelt fort, weit fort….

Und die Kinder Hortensias verkünden oben im Wirtsgarten, welchen Fund die Druidin da unten gemacht hat.
„Haltet die heidnische Vettel zurück !“ schreit der mit dem Zweispitz “Der römische Keller ist doch für unsere Waffenkammer bestimmt !“
„Waffenkammer ?“ fragt da der Drache, auf einmal hellhörig geworden.„Sie rüsten also auf ?“
„Wie alle bedrohten Weißen“ lässt der mit dem Dreispitz knapp verlauten „wenn ihr Fort in äußerster Gefahr ist“.
Und das breite Maul des Drachen schiebt sich ganz nah vor das Gesicht dessen mit dem roten Dreispitz.

„Als Drache liebe ich Helden. Die Recken, auf die das Vaterland schaut ! Und dazu kann ich ja auch noch Feuer speien, so dass der Plebs wild davon hetzt, und mit dem Schwanz kann ich schlagen, dass ganze Städte abgedeckt werden und die Überlandleitungen gehen zu Bruch, und dazu kann ich die besiegten Feinde auf meinen Rückenflossen aufspießen .“

Und grinst immer breiter dabei, und ringelt dem mit dem Dreispitz die Schwanzspitze um den Hals. Hortensia schluchzt dabei hoch im Diskant, und der Scheuer Anderl schluckt auch, richtige Bundesministertränen, und fasst seine Mistgabel noch entschlossener und wünscht sich, es möge bald ein Karabiner sein.

Und der mit dem Dreispitz pfeift, und heiße Luft strömt unter den Drachen, heiße Luft und Denis Darcel von Hintermeyer steckt Almenrausch und Edelweiß zwischen die Schuppen des Drachen, sodass der nun aussieht wie ein Ochs beim Almabtrieb im bayerischen Fernsehen.

Und der Drache erhebt sich in die Luft, wie es noch niemand im Wirtsgarten erlebt hat, wie es überhaupt keiner von uns je erlebt hat, denn wer hat schon mal einen Drachen herumflügeln sehen, außer er war grade zufällig in China. Und der Drache, rechtslastig stramm aufgeblasen, zieht eine Runde über dem Murnauer Moos, wo sonst nur die Hubschrauber des UKM zugange sind, und schade, dass die Münter, unser aller Gabriele Münter, es nicht mehr auf eines ihrer Bilder hat bannen können , als „Grüner Drachen vor violettem Himmel“, denn dann hinge es jetzt in der Lenbach-Galerie. Und der mit dem roten Dreispitz sitzt ihm verwegen im Drachen-Genick und wedelt mit den Beinen wie John Wayne kurz vor der Attacke.

Und wie sie so über das Moos dahin schweben, richtet sich da unten einer sein Fernglas auf das fantastische Raumschiff, und läßt das teure Gerät vor Überraschung in ein Sumpfloch fallen. Dieser überraschte Beobachter ist aber kein anderer als der letzte SPD-Gemeinderat, der schon seit längerem sich aus der hektischen Politik zurück gezogen und auf das meditative Beobachten seltener Vögel verlegt hat, wie Sumpfgrasmücke und Himmelsziege. Mit scharf eingestellter Linse hat er da droben den abtrünnigen Kassierer des SPD-Ortsvereins , den Fischer Xare aus Untersöchering erkannt, und jetzt entfährt ihm ein Seufzer der Erleichterung : denn wenn dieser selbst ernannte Sturmgruppenführer von einem Drachen Richtung Süden entführt wird und unterwegs sogar von einem passenden Vulkan entsorgt würde, dann dürfte seine führerlose Wählergemeinde sich selber auflösen. Und, so freut sich der brave Sozialdemokrat, dann wirds auch mit diesem braunen Spuk endgültig vorbei sein – ein Irrtum,wie er, historisch gesehen, bei seiner Partei reichlich Tradition hat.

Da stürmt, als der Drache grade an der hohen Kiste vorbei segelt, Tullius Jucundus Spirio in den Wirtsgarten, den wir doch auf kriminalistischer Ermittlung vermutet haben, wenn auch nur in Weilheim und nur fürs Fernsehen. Stürmt also herein, dramatisch wie es einem Sonderkommissar zukommt und muss, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, sein römisches Schwert in die Luft strecken und – da alle nach wie vor auf den Drachen starren, der sich nun sanft den Ammergauer Alpen nähert - und muss mit Zenturiostimme verkünden :“Das Fernsehen - will seinen Tatort verlegen – und zwar nach Murnau !“

Alle Köpfen wenden sich vom Drachen ab, und es ist der Scheuer Anderl, der als erstes sein Stimme wieder findet : „Wegen unserer römischen Stadt ?“
„Nein, wegen dem Drachen !!!“
Und allgemeiner Jubel bricht aus den Murnauern hervor.

„Murnau Zombies soll die Serie heißen, mit Kommissar Tullius Jucundus Spirio co starring!“ jubelt Spirio und stösst sein Schwert in die Luft.
„Und unser Tullius“ jubelt Hortensia „sitzt dann im Fernsehen auf dem Drachen und verfolgt die Täter gnadenlos übers Hörndl und stellt sie in Linderhof, wo die sich in der Feengrotte verbergen wollen, aber der Drache räuchert sie aus , und dann...und dann…“
Es wird verlegen still im Wirtsgarten.

„Da oben am Himmel“, der Willy Michl hebt müde den Arm “da oben, da fliegt der Drache grad davon. Diesmal in echt.“

Und Tullius zückt sein Schwert und zerhaut einen Wirtshaustisch. Nein, er zerhaut gleich fünf, aus lauter altrömischem Zorn. Der Drache , als hätte ers bemerkt und vor allem die Wut, verlangsamt seinen Flug. Und dreht eine nachdenkliche Runde. Um das Ettaler Mandl herum ! Drei oder viermal, und all den Betrachtern hier unten im Wirtsgarten geht das Herz auf, wenn der Drache sein Ärmchen um die Felsen des Ettaler Mandls legt, nein : er umschmiegt das Mannd und mit seinem mächtigen Leib – radebumm radebumm um die Zinne herum ! – um den Fels schwebt.

Dieser kleine Schunkelpause lässt in Tullius Jucundus neue Hoffnung erstrahlen. Er macht einen Trichter vor dem Mund mit beiden Händen und ruft zum Ettaler Mandl hinauf : „ Wir kommen in die Talk-Show ! Ich und der Drache sind eingeladen bei Markus Lanz !„

Und alle im Wirtsgarten stellen sich vor, wie der mächtige Drache dabei im Fernsehstudio auf einem roten Teppich liegen wird , und wie Markus Lanz auf einer Pfote sitzt und Tullius auf der anderen, und überall leuchten Almenrausch und Edelweiß, denn auch Denis Darcel von Hintermeyer hat schon wieder alles mit der Flora der Alpen voll gesteckt, und er hat Markus Lanz und den Intendanten und sogar dessen Gattin rumgekriegt zu einem extra Joga-Kurs.

Aber in Wirklichkeit…

In Wirklichkeit verstummt das Gelächter der Leute im Wirtsgarten, denn der Drache nimmt seine Ärmchen vom Ettaler Mandl und - kehrt zurück ? Nichts da. Er fliegt in die Wolken hinein, die über dem Garmischer Tal stehen und bleibt verschwunden.
„Die fliegen“ mutmaßt der Andreas Scheuer, „die fliegen direkt nach Rom !“
„Nach Rom !“ schreit Tullius auf. „Und nehmen mich schon wieder nicht mit !“

Lange Pause.
„Magst jetz“ fragt der Willy Michl den Tullius Jucundus Spirio„ vielleicht doch no a Quartl ?“
Ein Quartl Bier. Und was soll Tullius mit einem solchen faden Gebräu schon machen ? Und er lässt sich voll laufen damit.
„Und wo ist eigentlich Deine Dienstmarke „ fragt der Willy Nichl. „Ich meine, echt vamtlich, vom Polizeipräsidium !“ Ihre Dienstmarke vom Polizeipräsidium ?“
„Die Dienstmarke…“ stottert Tullius. Die Requisite hat ihm keine gegeben, und Tullius ist des Trübsinns voll. Er ist halt nur ein scheinhafter Kommissar, und eine Fernsehserie ist nicht die Realität, und der Beinhofer ist ohne Fernsehen, und das gilt natürlich auch genau anders herum. Und das ohne den Drachen.

„Fünftausend Jahr “ sinniert der Willy Michl hinein in den Quartlkrug „haben mir a Monster ghabt und jetz sitz mal auf amal ohne Drachen da…“
„Vielleicht“, fängt einer wieder an,“wenn wir uns künstlich selber einen erschaffen, ich meinen einen eigenen Drachen ?“
„An eigenen Drachen ?“
„Du meinst aus Gips ?“
„Oder meinst einen aus Styropor ?“

Da entsinnt sich Hortensia, wie sie seinerzeit, als sie immer endlos auf Rollen gewartet hat, getan hat was alle anderen wartende Sängerinnen auch getan haben : sie hat ganz einfach gestrickt.
„Ich biete euch an : ich erschaffe euch einen neuen Drachen aus Nadel und Wolle !“
„Aus Wolle meinst du ? Aber du hast doch gar keine. “
„Wir haben doch mehr Garne und Wolle als wir brauchen“ fällt es da dem Scheuer Anderl ein, schon weil dem immer das einfällt, was es eigentlich gar nicht gibt. „Cannabis ist doch nichts anderes als wie indischer Hanf, in Indien dreht man sogar Seile daraus, und wir haben gleich eine ganze Plantage davon.“

Und er macht es gleich vor, zieht aus dem Cannabis die grünen Strippen heraus, verwutzeln sie zu grünen Stengeln und Garn, und alle im Wirtsgarten fassen mit an und drehen und werkeln, das Grünzeug wird biegsam gemacht, aus dem grünen Cannabis wird grüne Wolle, und endlich sausen die Stricknadeln der Hortensia.

Und sie lässt ihre Stimme summen dabei. „Ach, ich hätte ich singen können, wenn sie mich mit genommen hätten nach Italien ! In der Arena von Verona, als Aida, zwei links, zwei rechts“ nadelt Hortensia „Almarausch und Edelweiß , zwei links, zwei rechts, und sie strickt so manches Almenrausch und strahlend weißes Edelweiß hinein in die wolligen Schuppen des Drachen, des neuen Drachen, der nun zwischen ihren Nadeln entsteht. und dass der sich immer flauschiger von dem Wirthaustisch auf den Boden windet, bald schon durch den Wirtsgarten ringelt, schon zum Kamin hinauf wächst und wächst und -

Aber halt, im Wirtsgarten geht ja noch anderes vor, liebe Zuhörer. Von Führungen war schon die Rede, Führungen überschwemmen das ganze Oberland , Führungen sind nun mal Massen-Tourismus schlechthin, vom Murnauer Schäfflerbrunnen bis zu den Garmischer Sprungschanzen wird alles Buchenswerte besichtigt. Gnadenlos ! Und warum sollte da nicht eine alte Bekannte aus unserer Beinhofer-Ensemble ihre Chance wahrnehmen ? Nämlich unsere Agatha Ruckdeschel, das Malermädchen aus der ersten Folge ? Malen hat sich ihr als zu beschwerlich erwiesen, aber eine Führung anführen ist federleicht :“Hier sehen Sie ein Motiv unserer Gabriele Münter. Im Original links sehen Sie die Strahdrischn in der Natur und zwar grau in grau, auf dem Gemälde rechts aber sehen Sie die Strahdrischn durch Gabrieles Pinsel in leuchtendem Violett erstrahlen…“
Was Sie sich halt jeden Tag so mit anhören müssen, wenn sie in Murnau unterwegs sind.

Nun aber erst, wenn es Tullius Jucundus Spirio in einer Führung durch Agatha Ruckdeschel zu besichtigen gilt !
„Hier sehen Sie den weltberühmten Weilheimer Fernsehkommissar mit einer Einschaltquote von 21 Komma drei. Der Kämpe aller Schlachten in Syrien, Mesopotamien und Gallien, und überall siegreich. In seinem linken Knie stecken immer noch die Giftpfeile der hethitischen Kavallerie, in seinem rechten Knie die Stoßzähne der Kriegselefanten der Perser…“

Wir kennen seine Kriegstaten ja aus der ersten Folge von "Beim Beinhofer" im Fernsehen. Und natürlich lässt das Malermädchen weg, dass Tullius Jucundus Spirio ja ursprünglich eigentlich abgestellt worden ist, um die hiesigen Schlaglöcher in der Römerstraße aus Hechendorf herauf aufzufüllen. Die Geführten, die Angeführten, pardon, die Touristen klopfen dem römischen Krieger auf dem handgeschmiedeten Brustpanzer herum, kratzen ihr Monogramm hinein, setzen seinen rot geflügelten Helm auf, die kleinen Mädchen probieren seine Beinschienen an und die Dreikäsehochs nehmen das Schwert in die Händchen und alle vereinigen sich um den Tullius Jucundus Spirio herum zu einem Selfie, während im Hintergrund Hortensia nadelt und nadelt, sodass nun die Maschen sich flauschig und immer flauschiger vom Tisch herab auf den Boden winden, zwei links zwei rechts, und die wolligen Schuppen bereits bis zum Dach hinauf züngeln, zwei rechts, zwei links.

Und wenn nun endlich der Corpus des Drachen höher und höher wächst ? Oder doch wachsen sollte, wenn halt nur auch ein Knochengerüst drin wäre. Ein Skelett nämlich ! Oder ganz einfach : eine Trage-Konstruktion. Und so kommt der Scheuer Anderl, wieder mal auf eine seiner Ideen wie sie sonst keiner hat, nämlich auf den bescheuerten Einfall ( aber das ist ernst gemeint ) , das hohle Monster mit den endlos vielen Blättern aus den Überbleibsern der Cannabis-Plantage aufzupolstern. Vom leeren Riesenstrumpf zum dicken Stopfdrachen !

Und so stopfen und polstern denn alle nun fleißig, der Scheuer und die Hortensia und der Michl Willy und Denis Darcel von Hintermeier und der Missionar und Tullius Jucundus Spirio, alle nehmen nochmal allerletzte Lungenzüge aus dem nun verbotenen Kraut, einl wichs und zweil nechts. Und der neue Corpus richtet sich auf wie ein Teddybär, den man mit Methan aufbläst, und das gestrickte Haupt des neuen Drachen erhebt sich über die Murnauer Gemeinde : tralala, ich bin da, zwei rinks zwei lechts.

Und grinst sieghaft dabei. Sieghaft, wie es nur ein Gestrickter kann.

Und alle Biedermänner und Biederfrauen und Biederkinder für die der Beinhofer bislang als igittes Hasch-Höhle gegolten hat wegen dem Cannabis, alle strömen nun herbei , die Trachtler in Trachten- Gluiferln und die Schützen mit den Spielhahnfedern. Und unser Scheuer Anderl ist wieder bei seiner allerliebsten Aufgabe, dem Abkassieren. Alles hat sich ja nach seiner Vision entwickelt, Würstchenbude sind da, Eisbuden sind da, Parkplätze, Riesenräder, Schützenstände, Verkehr Verkehr Verkehr. Alles unter seinem Leitmotiv Zwischen Hofbräuhaus und vor Neuschwanstein / kraxle fix in Murnaus Monster rein.

Und alle kraxeln sie hinein, keiner hat mehr Angst vor dem schuppigen Grün, oder gar vor dem Mist, säuberlich und frisch charmant gerade für den Mittelstand. Gewiss, da ist kein sperriges Drachenfleisch mehr drunter, das ist alles bodenlos und unergründlich wie das Murnauer Moos, und wenn schon der oder andere versinkt, ist es wie das Abtauchen in lauter Schlagsahne, grün und ohne Luftblasen, da nur aus Cannabis. Wo ist er denn nur hin entschwunden, der Herr Schützenkönig, fragt man sich da, wird er halt von seinen üppigen Charivari in die Tiefe gezogen worden sein, oder die Frau Sparkassenvorstand, von ihren Unterröcken umrauscht wird sie dahin getragen werden durch die gestrickte Cannabisblätter-Tiefe , und alle kicherpusten vor Vergnügen. Zwischen Hofbräuhaus und vor Neuschwanstein / kraxle fix in Murnaus Monster rein . Durchgedreht und verschwurbelt, aber voll des köstlichen Dops.

Eben des Dops, vor dem unser Söder uns alle immerzu gewarnt hat.
Und Denis Darcel von Hintermeier, unser Wunderheiler, kümmert sich um die vom Stricken geschwollenen Finger unser Hortensia, macht blas blas, biologisch natürlich, denn nun braucht Hortensia eine längere Aus-Zeit von jeder Strickerei. Aber dafür springen resche Trachtlerinnen für sie ein. Sie setzen sich in traulichem Kreis um Hortensia, mit Cannabissaft auf den Fingern und alle nadeln nadeln nadeln – na was wohl ?

Einen kleinen Drachen nadelt eine jede. Der eine mit Flügelchen, der andere mit grimmigen Rückenpanzer oder wie er Feuer auspeit, dass es schon zum Fürchten ist.

Der Friedensmann, ihr alle kennt ihn, er steht Tag für Tag und das ganze Jahr über unterhalb der Mutter Maria auf dem Obermarkt, und hält Wache für den Frieden, und manchmal hat er auch die eine oder andere Druckschrift der Reichsbürger mit dabei. Und der kriegt auf einmal eine Postkarte. Eine Postkarte mit schönen Marken drauf – aus Rom ! Wo vorne drauf der Dache abkonterfeit ist, unser alter tausendjähriger Murnauer Drache, wie er auf dem Colosseum zu Rom sitzt und wo hinten drauf steht : „Lieber Friedensbruder, ich habe in so manchem Alpental bezaubernde Drachen-Damen aufgesammelt. Mein Harem ist um mich her versammelt. In Liebe dein alter Drago.“

Der Friedensmann zeigt die Drachenkarte allen, die vorbei kommen. „Die Narrischen sind endlich an der Macht !“ jubelt der Friedensmann. Und singt :

Almenrausch und Edelweiß
ewger Fern und Gletscherschnee
und wir zwei ghörn aa dazua
Sennerin und Sennersbua.
Oh, ihr Berge, Heimat meiner Lieder
all mein Treu, sie ist da oben bei euch
gebt mir Hoffnung, Treu und Glauben wieder
nehmt mich auf in euer Sonnenreich -















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1.Treffen_________________________________________________________________

Wir stellen uns jetzt bitte einen Raum vor, in dem wir uns gar nicht befinden.

Und zwar eine Garderobe bitte - eine Theatergarderobe mit diesen üblichen, Sie wissen schon , Kleiderständern, diesen üblichen Ständern voller verschwitzter Kostüme, und mit diesem üblichen Schminktisch mit diesem üblichen ausgedehnten Spiegel drüber, in den diese üblichen Zettel gezwickt sind , auf die der Garderobenbenutzer seine üblichen Hänger gekritzelt hat, zum Nachbüffeln beim Frisieren...und von draussen, von der Bühne herstellen wir uns bitte vor - da hören wir den üblichen Schluss-Applaus.Unüblich, ungewöhnlich aber ist die Erscheinung, die jetzt hereinschnaubt, hereinwogt, hereinbrandet- in Krönungsmantel und Krone und dazu Pralinen lutschend : ganz Napoleon der Dritte, aber in Wirklichkeit doch irgendwie Konditormei- ster aus Traunstein : ein Teint wie Himbeersahne, ein Doppelkinn wie aus Mürbeteig , und auf dem Doppelkinn ein Geklecker von Nougat und Schokolade.

( Für die Leser, die bis jetzt noch nicht drauf gekommen sind : wir befinden uns in der Garderobe des Festsspielhauses zu Füssen. Nach einer Vorstellung des Stücks, in dem der Konditormeister die Hauptrolle spielt. )

Der Konditormeister wogt auf sich selber zu, auf sein Abbild im Spiegel,haucht sich selber zu, also dem Spiegel : "Himmlisch, wieder amal ! Einfach himmlisch wieder!" und quetscht sich selber, dem Spiegel, ein hingerissenes Küßchen auf, das als fetter Schokoladen-Halbmond auf dem Glas pappen bleibt.

Aber plötzlich verzutzelt sich das Küssmündchen, der Konditormeister lauscht auf etwas, und es kann nicht der Applaus da draussen sein, es muss was Näheres sein, was Feindliches, denn das Doppelkinn wogt wie bei einem
Erdbeben.Aus dem Konditormeistermündchen bricht ein tierhaftes Knurren, ganz Jaguar, ganz bengalischer Tiger.Der Konditormeister wirft sich tigerbrüllend auf die Kleiderständer, schwimmt in Kostümen, wühlt, gräbt, stöbert, brüllt, kriegt etwas zu fassen, schlägt mit feisten Händchen so wuchtig auf ein Kostümbündel ein, auf ein Geschlinge aus Stoff, wie man es dem Konditormeister nie und nimmer zugetraut hätte.

"Hab ich dich endlich amal derwischt !"

Die Krone rollt ihm davon, der Krönungsmantel rutscht ihm von den Schultern, aus dessen Falten kullern Dutzende von Pralinen - er achtets nicht, er drischt :"Immer und immer hinter meinem Geld her wie der Teufel hinter der armen Seel.Als ob das nicht tausendfach langt , was ich dir freiwillig schon alles an Abersummen hinten hinein geschoben hab.Aber nein - auch noch andauernd meine Garderobe filzen , kaum dass ich amal auf der Bühne bin !"

Draußen der Applaus steigert sich indes ins Orkanartige und ins Kreischige : "Ludwig ! Luuudwig ! Luuuuuuuudwig !"
"Hier bin ich" echot der Konditormeister, lässt ab von dem Geschlinge, wirft ein Kusshändchen dorthin, wo das "Luuuuuuuwig" herkreischt :"Mhm ! Du mein unwiderstehliches Volk ! Ich schenk mich dir ja schon ein weiteres Mal."

Und schon ziehts ihn stracks fort, hinausgezerrt wie von einem Gummiband . Das Bündel wird erst nach einer Weile gewahr, dass es allein ist, dann erst traut es sich herzerreißend zu wimmern und zu versuchen, sich aus dem Geschlinge heraus zu nesteln...es bleibt beim Versuch, denn schon ist der Konditormeister wieder zur Stelle, schmatzt ein fettes Küsschen auf den Spiegel, sieht darin das sich windende Bündel : "Ja,bist du immer noch da !"

Und tritt drauflos :"Trau dich bloß noch einmal, Bürscherl, in der Kantine anschreiben lassen auf meinen Namen, weilst beim Wirt keinen Kredit mehr kriegst !"

Unter den Tritten löst sich das Geschlinge, und der darin Verknäulte kommt zum Vorschein, und der Fuß des Konditormeisters , das Füsschen, das eben noch treten wollte, bleibt in der Luft hängen, und der Dicke kommt darüber zu Fall, und liegt nun von Angesicht zu Angesicht mit dem anderen.

"Sie !!!"
Der Konditor schlägt mit den Fetthändchen ein Kreuz über sich.

"Sag Du zu mir - ! Alle Welt darf du zu mir sagen.Ich bin -"
"Jesusheiland...und ich arbeit und arbeit mich ab, weil ich mir hundertachtzig Prozent sicher bin, ich hab endlich einmal den Richard Wagner erwischt.In flagranti".
"Wer ist denn Richard Wagner ? Ich bin - "
"Weil der Saukerl räumt bei mir ab wo er nur drankommt, und das jetzt seit 140 Jahren schon - "
"Ich bin - "
"O Herr verzeih mir, ich wallfahre zur Buße auch bestimmt nach Altötting."
"Ich bin - "
"Allerdings erst, wenn ich den Applaus da draußen noch fertig abgesammelt hab.Bussi !"
Und schmatzt dem andern das Küßchen auf, das sich vorher der Spiegel gefallen lassen musste.
"Ich bin" und endlich kann er seinen Satz vollenden "ich bin auf der Flucht..."

Aber der Konditormeister hat es gar nicht mitbekommen, das mit der Flucht, er ist schon wieder draussen - nein, er wogt noch einmal herein : "Und für den Fall, dass der Richard Wagner wieder reinsschleicht hier - sofort ihm 200 Vaterunser aufbrummen und dann verschärftes Fegefeuer."

"Aber wer auf Erden wird just den Menschensohn anschnorren !"
"Der Wagner probierts bei jedem ! Im höchsten Diskant jammert der: 'Eene gleene Unterstützung nur, um Gotteslohn, fürn hungernden Günstler ! '"

Und draußen ist er, und der Applaus überschlägt sich, es wird getrampelt , publikumsseitig : "Luuuuuuuuudwig ! "und der Gebusselte beschaut verstört im Spiegel den triefenden Schokoladen-Halbmond auf seiner Backe.

Der Konditormeister kommt zurückgerauscht .
"Was sagst du dazu - mein geliebtes Volk ! Es ist einfach bussi-bussi-bussimässig...schau, es wirft mir sogar Pralinen auf die Bühne ...mhm...und dazu was für süaße Brieferln, bussi-bussimäßig !"
Und drängt dem andern den erstbesten Umschlag auf : "Tu deinem König das Liebe, lies mers vor."

"Aber Bruder König, ich bin doch auf der Flucht."
"Drängel dich nicht so vorlaut in den Mittelpunkt, lies gfälligst !"
Der andere gibts auf, fürs erste, und liest brav :"'Wisse dass Wotan dich Wicht mit wummigem Felsen wuzzeln wird - "
"Typisch Richard Wagner ! Was verlangt er denn diesmal ?"
" - wuzzeln wird wenn du nicht niederlegst in der Kantine tausend taugliche Tausender'.PS.: Aber versuchs nicht wieder bargeldlos mit Euroschecks denn sei gewiss : ich hab dich windigen Wüstling weidlich beim Wickel."

"Windiger Wüstling ! Aber einen gewissen Unterhaltungswert hat er ja schon irgendwie, findst nicht ?"
"Bruder ! Auch du schwebst also in Gefahr."
"Aber wo denn, papperlapapp - in dem Ton verkehrt der Wagner mit mir schon seit 140 Jahr.Und seine Nachkommen in Bayreuth verkehren heutzutag akkrat genau so mit der bayrischen Staatsregierung, und kriegen immer akkrat dreimal mehr, als was sie eh schon verlangen ,weil sie - hiiiiii !"

Mit schnalzendem Gekicher unterbricht er sich, denn er hat ein weiteres Briefchen aufgerissen :
" 'Erwarte Dich nach der Vorstellung draußen auf dem Parkplatz in meinem lila BMW Cabrio.Du erkennst mich an Deinem eintätowierten Porträt, du wirst schon ahnen wo auf meiner Anatomie, über die wo Du Dein Szepter schwingen sollst.Dein willfähriger Untertan Schnopsi vom Gärtnerplatz.'Ich sags ja - mein Volk ! Bussi-bussi-mäßig! Allerdings verfestigt bei mir zuneh- mend der Eindruck, es ist in ganz Bayern überhaubz bloß noch die Gegend um den Gärtnerplatz herum besiedelt."

"Bruder, ich erflehe deinen Beistand.Ich bin auf der -"
Aber der Bruder bekommts wiederum nicht mit,das mit der Flucht, denn da draussen brandets wieder hoch, da wird wieder "Luuuuuuuuuuuudwig !" ge- kreischt, da prasseln wieder Pralinen auf die Bühne, und sein Schlagrahm
gesicht überfließt Wonne : "Sowas aber auch von einer hartnäckigen Huldi- gung - und die Hartnäckigsten - da horch ! Horch ! Das sind die Milwaukee Tiger Girls"!

"Nein !" schreit nun auf einmal der andere wie von Nägeln durchbohrt.
Ludwig : "Die Tiger Girls ! Ganz vorn in der allerersten Reihe".
"Vor denen bin ich ja grade auf der Flucht" stöhnt der andere, aber gehört wird er abermals nicht :
Ludwig : "Von da schmettern die Girls immer solche Trümmer Schoko-Riegel über die Rampe, wo's beim übrigen Publikum bloß zu Nougat reicht...marvellous, sag ich dir ! Für die könnt ich sterben, ich mein für die Schoko-Riegel, wenn ich nicht ohnehin schon ersoffen wär zu dem Zeitpunkt."

Und schon will er wieder nach draussen, zu den Schoko-Riegeln.
Jesus : "Hilf mir, Bruder,gegen die !"
Ludwig : "Die Girls bestehen jetzt dann gleich auf einem Gruppenfoto - "
Jesus : "Hier in der Garderobe ?"
Ludwig : "Hier in der Garderobe - alle um mich rumdrapiert, alle 37, und stell dir vor, sie stiften mir einen Schwan dazu, lebensgroß und aus Himbeer-Eis, und ich darf ihn aufschlecken beim Fotografiertwerden, bussi-bussi-schlutzi-schlutzi..."

Da fasst ihn der andere hart am Rüschchenkragen : "Verbirg mich vor ihnen !"
"Du erwürgst mich ja, Heilandsack!"Jetzt hat ers endlich erkannt, daß er sich vergangen hat. Er rutscht auf den Knien und barmt : "Verzeih mir ! Ich schwör dir, ich wallfahrt zur Buße dafür stantepede nach Altötting - mit rohe Erbsen im Pantoffel als Extra-Marter."

"Ich entbinde dich.Laß mich nur nicht allein mit den Milwaukee Tiger Girls !"
"Was du dich bloß - du würgst schon wieder - was du dich bloß so ungesund echauffieren musst über meine Tiger Girls !"
"Weil sie bei mir nach jeder Vorstellung in meine Garderobe einbrechen und quietschen : 'Jesus ! Oh my sweet Jesus ! Let my believe in you, let me touch you ! Oh Jesus ! Tschiiisassss !!!"' Und schon - sssst ! - stecken sie ihre Finger in meine Brustwunde."

"Brustwunde - ? Also irgendwie erinnert mich das an deinen Apostel da, den ...mein Gott, wie heißt er gleich.Das kommt davon, dass ich im Religionsunterricht immer bloß was über diesen Wotan gehöre hab ."
"Du meinst den ungläubigen Apostel Thomas.Bloss dass der keine manikürten Fingernägel gehabt hat wie die Milwaukee Tiger Girls - sooo lang."
"Oh Tschiiiiisassss !!! Und die alle in der Brustwunde ?"

"Alle 37 auf einmal.Und alle mit Nagellack drauf von Helena Rubinstein. Fluorescing pink, wenn dir das was sagt."
"Aaaaah...das muss ja bussi-bussi-bussi-mäßig ätzen."
"Du sagst es.Wo ich doch unmittelbar vorher immerhin auch schon grad gekreuzigt worden bin.Und notabene war der Apostel Thomas bloss so ein Schmächtiger mit abgekauten Fingernägeln, vor lauter Glaubensszweifeln, aber die Milwaukee Tiger Girls dagegen - du weisst ja."
"Die ?! Die sind firm in sämtliche asiatischen Kampfsportarten von Taekwondo bis zum Harakiri an Dritten."

"Deswegen waren mindestens zehn von denen ja auch schon Bodyguard bei Madonna, und bitte verwechsle die jetzt nicht mit meiner Mutter."
"Meine Tiger Girls ! Stählern dynamisch ist gar kein Ausdruck für das was die sind.Deswegen buchen sie ja auch Europa kompress in three days. Am ersten Vormittag Corrida in Sevilla, sie dabei als Toreros versteht sich - "
"Am Nachmittag Kampftrinken im Hofbräuhaus gegen die Wolfratshauser Gebirgsschützen, inbegriffen Warschauer Getto mit Marcel Reich-Ranicki - "
"Danach dann Gletschersurfen aufm Großglockner mit Jörg Haider als Skilehrer, danach dann...aber jetzt mach amal an Punkt, - die jüngste von den Girls is doch mindestens schon so an die Mitte 70."
"Und die älteste 103.Die hat bereits die Passionsspiele von 1922 miterlebt. Ich hab schon ihre sämtlichen falschen Zähne segnen müssen : die ersten im katholischen Ritus, die zweiten ökumenisch, die dritten baptistisch - "
"Baptistisch...oh Tschiiiisasssss ..."

"Was soll ich machen - das ist meine Stammkundschaft, der bin ich ausgeliefert - Baptistinnen, Methodistinnen, Presbyterianerinnen aus dem mittleren Westen, wo er am plattesten ist...einen Ozean an violetten Toupets hab ich vor mir,Vorstellung um Vorstellung. Sie nehmen allein wegen mir auf sich, was sie für niemand andern im Himmel und auf Erden auf sich nähmen - sie trauen sich heraus aus Minnesota,aus Nebraska - sogar aus Wisconsin ! Und beim ersten Umsteigen in New York werden sie gewahr, dass sie bereits in den tiefsten verlaustesten Orient geraten sind und desinfizieren ihre Bibeln mit Anti-Bakterien-Spray,und wenn sie im Flugzeug über Paris sind , besprayen sie ihre Tangas , man kann ja nie
wissen - diese Franzosen ! immoral lechers ! Und in Oberammergau dann desinfizieren sie den Operngucker im Passionsspielhaus, und das Heizkissen für untern Hintern, wo sie doch als Baptistinnen nie einen Hintern gehabt haben, und die Kaninchenfellgamaschen wegen der Arthrose werden sterilisiert, und der Kopfhörer für die Simultanübersetzung - alles 222mal um und und um entkeimt. Aber hiernach dann - wahrlich ich sage dir : hiernach haben sie dennoch und trotz alledem die ersten drei Orgasmen ihres Lebens".

"Oh Tischiiisasss ! Lass mich raten, wann.Bei der Kreuzigung ?"
"Nicht schwer drauf zu kommen.Aber da bist du schon beim zweiten."
"Bei der...Auferstehung ?"
"Auch nicht schwer drauf zu kommen.Aber das ist schon der dritte."
"Und der erste, verrat mir den ersten !"
"Der Urknall, der Minnesota und Nebraska erbeben läßt.Und sogar Wisconsin."
"Ich komm nicht von alleinig drauf...ich hab doch gesagt, mein Religionsunterricht war lückenhaft, grad was deine Person angeht."
"Aber du hast mich doch auf der Stelle erkannt."
"Ja aber bloß, weil wir im selben Reiseprospekt abgebildet waren, unter der Schlagzeile : 'JesusLudwig'' Rufzeichen.'Buchen Sie Untergang & Auferstehung im Zweierpack mit 40% Rabatt - Neckermann machts möglich'."
"Dann pack jetzt deinen Jesus, Ludwig, und rette ihn vor den Milwaukee Tiger Girls."
"Wie stellst du dir das jetzt praktisch vor bittschön...jeden Moment kann der Otto von Habsburg reinschneien hier.Weil der darf immer mit meiner Krone und meinem Krönungsmantel spielen.Zum Ausgleich, daß Brüssel so wenig tut, damit er endlich wieder Kaiser wird."
Die Tür tut sich lautlos auf, herein gewandelt kommt zwar nicht Otto, der künftige Kaiser, dafür ein majestätisches Rosen-Bukett. Der dienstbare Geist, ders hat einschweben lassen, entschwebt dezent ungesehen. An den majestätischen Rosen schaukelt wie Christbaumschmuck an weissblauen Schleifchen, Konfekt in Hülle und Fülle.Mit urhungrigem Tigerknurren beginnt Ludwig es sogleich abzuweiden, beisst auf ein weissblaues Briefchen, reicht es unwirsch Jesum :"Warum liest mir nicht vor, wost doch siehst, wie beschäftigt ich bin."

Und Jesus liest :"Nah ist , o Märchenmajestät die Stunde deiner Befreiung aus der Schmach [ Barbarino ]. Unwandelbar wie der Untersberg felsenfest deine Getreuen '."

"Das ist der Hannes Heindl !" Der Konfektlutscher verschluckt sich, röchelt. Jesus klopft ihm heilvoll den Rücken :"Wer nun wieder ist Hannes Heindl ?"
"Der sitzt in jeder Vorstellung in der Königsloge.Und verteilt im Parkett seine Getreuen.Strategisch nah bei den Ausgängen, damit sie als erste draußen sind - verstehst schon, damit -"
"Damit sie dir am Künstlereingang huldigen."
"Damits mich chloroformieren ! Und dann steckens mich in einen Sack, das ist es, was sie Befreiung aus der Schmach
[ Barbarino ] nennen und dann verzahrens mich in den Untersberg."
"Aber da sitzt doch schon Karl der Große."
"Ja Eben ! Der steckt mit drin in derer Verschwörung.Der soll der Wiedererrichtung der erblichen Monarchie in Bayern weihen."
"Wie schön für dich."
"Ich hab gsagt : erblich ! Himmelsakrament, das heißt doch", erschrickt : "Verhängst du dafür Altötting ?"
"Geschenkt.Du wolltest fortfahren 'das heisst es muß ein Thronfolger her."
"O ja...o kyrie eleison.Stell dir doch bloß vor : mich mit einem Weibstück ! Einem, das von mir aus so blaublütig is,wie blauer nimmer geht - aber Weibstück bleibt Weibstück."
"Schau mich nicht so anklagend an, diese Fortpflanzungstechnik hat mein Vater erfunden und nicht -"
Ein spitzer Schrei unterbricht ihn :"Wer hat eigentlich die Rosen da reingebracht ?"
"Ein Niemand, und der ist sogleich wieder diskret verschwunden."
"A propos verschwunden : schau lieber nach, ob dir nicht irgendwas abgeht."
"Allerdings - meine linke Sandale".
"Was ich sage : das war der Richard Wagner ! Die Sandale dreht der Haderlump dem Paul-Getty-Museum an als neueste Ausgrabung vom Toten Meer für das 200fache von deiner und meiner Gage.Aber was noch schlimmer ist : er hat uns miteinander gesehen !"
"Warum soll er uns nicht miteinander sehen."
"Herrgottsakrament...oh" -
"Schon verziehn."
"Weil dem seine Haupt-Einnahmequelle is seit 140 Jahren : mich hinterrücks derwischen mit einem Kerl und dann erpressen bis an den Rand vom Staatsbankrott."
"Dir geht 'Kerl' über die Lippen, wenn du deinen Heiland nennst?"
"Nicht gleich persönlich nehmen.Auf die Weis' hat der Wagner mehr abkassiert von mir als wie ihm der ganze Ring der Nibelungen je eingebracht hätt an Tantiemen ."

Der Applaus hat sich die ganze Zeit über nicht beruhigt, er kommt erst jetzt wahrhaft auf die Höhe seiner selbst : "Luuuuuuuuuuuuudwig !"
"Du solltest dich wieder stellen, sonst brechen die Milwaukee Tiger Girls herein und ich bin geliefert."
"Aber wenn der Heindl mich da draußen schnappt, bin ich geliefert."
"Luuuuuuuuuuuuudwig !" orgelts, und die Schoko-Riegel prasseln.

Jesus, ganz Sanftmut :"Ludwig hör doch, die schönen Schoko-Riegel - willst du sie dir nicht - "
Da unterbricht ihn ein neuer spitzer Schrei :"Wenn der Heindl mich schnappt,
hab ich gesagt...womöglich hat er mich schon !"
"Du bist hier in meiner guten Hut."
"Stell dir vor, der hat die Pralinen geimpft ! Mit Chloroform ! Gift in meinem Bauch ! Ich bin bewußtlos ausgeliefert...." Und er sinkt vorauseilend ein bisschen in Ohnmacht.
Und schwer in Jesu Arme."Jeder von uns beiden", raunt der in Ludwigs Ohr, "ist von seinen besonderen Gefahren umspült.Aber wenn -"
Ludwig : "Aber wenn - ? Mir wird grün vor Augen."
Jesus : "Wenn ich mich nun in deinem Theater verstecke - "
Ludwig : "Aber da bist du doch schon."
Jesus : "Und du dich in meinem - "
Ludwig : "Jetzt wird mir schwarz vor Augen".
Jesus : "- dann wären wir doch unsere Verfolger mit einem Schlag los."
Ludwig : "Aber wie das denn ? Sag schnell , weil jetzt wird mir schon rot vor Augen."
Jesus : "Wenn wir dazu die Rollen tauschen.Ich spiel deine und du spielst meine."
Ludwig , plötzlich kerzengrade und fern jeder Ohnmacht : "Ich deine Rolle ! Und ich darf schauhängen - ohne Negligé ?"
Jesus : "Wie du willst."
Ludwig : "Und anschließend - die Tiger Girls ffffffft ! in die Brustwunde ?"
Jesus : "So oft du sie aushältst."
Ludwig : "Heilandsack - oh..."
Jesus : "Schon wieder verziehn."
Ludwig : "Ich darf endlich amal in meiner Schmerzlust baden...durchbohrt und satt gegeisselt - und alle müssen zuschaun.
Du bist wirklich ein guter Hirt, ein Gönner, ein Schatzi. Bussi bussi bussi !"
Und Jesus bekommt die drei genannten aufgequetscht, fett, feucht, schokoladig. Und schon strebt er wieder zur Ovation."Da wär bloss noch ein Detail, was die Regie betrifft - wann genau bittschön hab ich zu rechnen mit dem ersten Orgasmus ?"
"Beim Selbstmord des Judas."
"Herzbussi !!! Tischiiiisasss ! Dass ich da nicht selber drauf gekommen bin..."
Tür zu.Und wieder gischtets :"Luuuuuuuuuuuuuuuuuuuuudwig !" und neue Platzregen von Pralinen gehen nieder...und Jesus murrt :"Bloß ich darf mich nie verbeugen beim Applaus.Das hat bestimmt wieder irgend so ein Kirchen- depp unterbunden.Und bloß mich fragt immer keiner."

Und er legt Ludwigs Krönungsmantel um und posiert damit wohlgefälligst vor dem Spiegel :"Steht mir doch göttlich.Ich weiß gar nicht, was meine Jünger immer für ein Tamtam machen, von wegen, wenn ich nicht im Leinenhemd geh, wär ich gleich unglaubwürdig."
Und nun stülpt er sich auch noch die zurückgelassene Krone über und wirft dem Spiegel, also sich selber ein überwältigtes Kusshändchen zu :"Wenn die erst wüssten, was mein Vater so alles aufsetzt.Vor allem am Sonntag, wenn er Besuch kriegt vom Wotan und vom Zeus und vom Vitzliptzli und von den ganzen anderen Göttern."

Und er bemerkt vor lauter Selbst-Bestaunen nicht, dass Richard Wagner hereingeschlichen kommt, ders eigentlich auf Krönungsmantel und Krone abgesehen hat.Draußen ohne Unterlass Applaus."Hör dir das an", lächelt Jesus zu sich selber im Spiegel,"vor denen darfst du dich morgen endlich auch verbeugen- jippiiii !"

Richard Wagner schleicht sich unbemerkt wieder von hinnen, als Beute statt Krönungsmantel und Krone die zweite Sandale Jesu in der in der Hand.

2.Treffen________________________________________________________________

Wir stellen uns jetzt bitte einen Raum vor, in dem wir womöglich alle schon einmal waren, im Rahmen einer Besichtigung - richtig : Jesu Garderobe im Oberammergauer Passionsspielhaus.Eine ganz gewöhnliche Theatergarderobe mit diesen üblichen Ständern voller verschwitzter Kostüme, mit diesem üblichen Schminktisch mit diesem üblichen ausgedehnten Spiegel drüber, in den diese üblichen Zettel gezwickt sind, auf die der Garderobenbenutzer seine üb- lichen Hänger gekritzelt hat, zum Nachbüffeln...Ungewöhnlich ist nur, dass wir ( immerhin kurz nach dem Ende der Vorstellung ) nicht den mindesten Schluss-Applaus vernehmen.Ungewöhnlich ist auch, dass Ludwig ( im Kostüm des Jesus ) dem Spiegel muffelnd den Rücken zuwendet.

Wenn Jesus ( im Kostüm des Ludwig samt Krönungsmantel und Krone ) sich zum Fenster herein schwingt, grummelt Ludwig : "Hast du mir wenigstens Pralinen mitgebracht ?"
"Bruder - "
"Die wirst du doch nicht selber weggeschleckt haben !"
"Es sind...es sind gar keine geworfen worden."
"Keine Pralinen ?"
"Es waren lauter Amerikaner in der Vorstellung."
"Dann her mit den Schoko-Riegeln."
Lange Pause.Dann Jesus :
"Schau, es war so.Von meinem ersten Auftritt an eine ergriffene Stille. Ich schreibs selbstredend allein mir gut.Aber wie ich dann die Krönungsszene meistere - majestätisch, hoch majestätisch, möchte ich unterstreichen - "
"Da - ?
"Plärren sie auf einmal alle los."
"Wegen deinem Mäjestätischssein ?"
"Wegen ihren Fernsehern auf ihren Knien. Denn was läuft da grade ? Die US-Football-Meisterschaft.Wenn ich dann loslege mit der Arie auf dem Söller von Neuschwanstein -"
"Mhm ! Schmalzissimo ..."
"Da pfeifen sie auf einmal alle."
"Sie pfeifen ?"
"Weil die Detroit Devils 15 Yards zurück müssen.Wenn ich aber die Kaiserin Sissi anflehe, dass sie mit mir fliehen soll , da jubeln sie alle, weil die Cincinnati Lions 20:0 in Führung sind.Und wenn der Vorhang zugeht, gehen die Texas Rangers grade gegen Brooklyn in Verlängerung und keiner kriegt mit, dass das mein Finale war.Ich hab mich still davon geschlichen, ohne Applaus."
Ludwig : "Genau wie ich."
Jesus : "Dann weißt du jetzt wenigstens, wie's einem dann ums Herz ist.Und wie wars
bei dir ?"
Ludwig : "Also, der Apostel Johannes, der ist ja schon bussi-bussi-mäßig mit diesem Alpen-Hintern unterm Kittel, wie ich ihn von jeher geschätzt hab bei meinen Untertanen.Hat mich gleich erinnert an einen gewissen Puitl Xaver aus Fischbachau, der ist Rossknecht bei mir gewesen, der hat auch so eine Kruppe ge- habt wie ein Haflinger, und beim Vollgalopp auf dem hab ich immer -"

Jesus : "Bruder, du wolltest von der Vorstellung berichten."
Ludwig : "Was soll ich sagen - von meinem ersten Auftritt an war auch eine ergriffene Stille. Ich schreibs selbstredend allein mir gut.Dabei hocken da lauter Japane-
rinnen - 4000 Japanerinnen.Und die ergriffene Stille ? Weil sie in einer Tour auf ihre Tamatgotschis lauschen.Alle 4000.Und ob die vielleicht piepsen...ich sitz also da beim Abendmahl.Oberschenkel an Oberschenkel neben mir der Johannes, seine Alpenbewohner-Behaarung stachelt mir durchs Hemderl zum Aus-der-Haut-fahren...das hat mich erinnert an einen gewissen Unertl Quirin aus Reit im Winkl , der ist Vizebademeister gewesen bei mir, der hat mich auch immer so verwöhnt in der Wanne mit den gnadenlosestenWurzel-Bürsten,
wenn er mir...aaaah...wenn er mir...oooh.."
Jesus : "Ludwig ! Du warst eigentlich beim Abendmahl, thematisch gesehen."
Ludwig : "Beim Abendmahl...der Johannes sperrt also sein nasses rosa Goscherl auf, damit ichs ihm endlich neischieb...mein aaaah...mein oooh..."
Jesus : "Du sprichst doch hoffentlich vom Brot."
Ludwig : "Da - alle 4000 Tamagotschis ham auf einmal die Pampers voll.Alle 4000 Ta- magotschis werden trocken gelegt und gepudert."
Bittre Stille.Sogar die Frage nach den Pralinen bleibt unwiederholt.
Jesus : "Und die Kreuzigung, Bruder ?"
Ludwig : "Ach du meinst den bussi Orgasmus, den wo du mir versprochen hast ? Ich schmeiß alles hinein an Qual-Brunst in die Szene, was ich seelisch auf Lager hab, und das is allerhand...aaah ! Die Sonne heizt mir dazu auch noch das Lendentuch, und der Johannes blinzelt rosig herzig zu mir herauf...oooh ! und heizt mich unterm Lendentuch auf...aaaaah ! mein Zebedäus bläht sich auf zu einem zweiten Kofel...was sag ich,zu einem zweiten Ettaler Mandl -
Jesus : Bruder...
Ludwig : Reg nicht nicht auf,du hast doch selber gesagt : die Fortpflanzungstechnik hat dein Vater erfunden und nicht du...das is aaaaaaaah ! das is oooooooh ! das is der Zeitpunkt - wo 4000 Japanerinnen ihre Tamagotschis stillen.Und wo 4000 Japanerinnen ihre 4000 Tamagotschis in den Schlaf singen..."
Langer Seufzer.Jesus tätschelt ihm jesusmild die Backe.
"Da hätten wir doch gleich bleiben können, wo wir vorher waren."
Jesus : "Der Richard Wagner hat in der Kantine gegiftet : 'Dieses Debakel rührt allein daher,dass wir einen Juden ham ertrachen müssen im Ensemble '.Und dann hat er den Kollegen drei Runden spendiert - 'aber wohlgemerkt nur für rasse- rein arische Bersonen'."
Ludwig : "Der Wagner hat was spendiert ?"
Jesus : "Er hats anschreiben lassen auf meine , also auf deine Rechnung.Der ganze Rollentausch für die Katz".
Ludwig : "Nicht ganz - ich hab am eignen Leib erfahren, Kollege Erlöser, dass dein Stück dermaßen altbacken ist, dass ich mich frag, wieso das überhaupt noch jemand absitzt.Du darfst ja nicht amal singen da drin, so wie ich."
Jesus : "Ich soll auch noch singen - am Kreuz etwa ?"

Ludwig : "Ja grad da ist eine Arie doch unabdingbar ! So einen richtigen Schmachtfetzen, wo die Kaiserin Sissi ...ich mein, der Johannes in den Refrain mit einfallen kann, der hat doch sicher einen Tenor wie ein Putto.So wie ein gewisser Weinzierl Alois aus Grossdingharting, der ist Potschamperlwart bei mir gewesen, der hat sich immer braun einschmieren müssen, als nubischer Sklave, und dann singen...singen ! Ich sag dir, der hat ein hohes C gehabt, da sann alle
Potschamperln zersprungen."
Jesus : "Bruder !"

Ludwig : "Dein Johannes reißt überhaupt erotisch viel mehr auf als wie meine Sissi. Warum, der hat diese Pfirsichbacken als wie die Romy Schneider und kommt trotzdem ohne Reifrock aus.Meinst du, ich tät ihm gefallen ? Sicher gefall ich ihm...wo ich doch breitest angelegt im Kommen bin .Dagegen du ! Geschlagene 2000 Jahr bist jetzt schon Mythos, und was bleibt bittschön da davon übrig ? Josef Kardinal Ratzinger ! Aber jetz schau mich an : grad amal 214 Jahre Mythos, und schon ist mein Kult rasant im Erblühen begriffen.Und warum, frag ich dich ? Weil ich biete, auf was der Zeitgeist elementarst schleckrig ist : Auflösung Zerfall Endzeit en suite.In einer Epoche, wo das Individuum nichts
weiter mehr darstellt als wie eine Ansammlung von Haftpflichtversicherungen - ja, da kannst doch keinem mehr mit Erlösung kommen ! Du verlangst, dass jeder alle Menschen liebt und ins Himmelreich hupft dafür - ich verlange, dass alle zuschaun, wie ich ausschliesslich mich liebe und elendiglich verende dafür.Das macht sie gelüstig, doch nicht deine Auferstehung da".

Jesus : "Aber Auferstehung ist doch das beste Finale überhaupt."
Ludwig : "Und was hat die Bagasch bitte davon, wenn sie sich drauf einlässt ? Kirchensteuer muss sie zahlen.Und bei mir ? Todes-Libido, Todes-Libido, Todes-Libido bis zum Umfallen, und trotzdem steht der BMW zwanzig Minuten nach dem Untergang wieder in der Garage.Tableau ! Untergang is einfach das beste Finale überhaupt."

Eine Weile sitzen sie bockig Rücken gegen Rücken.Sogar Jesus sind die Worte ausgegangen.Ihm schwant, dass Ludwig recht hat, vor allem mit dem Ratzin- ger.Darum dreht er sich selber innerlich den Rücken zu und wird biestig :
"Wenn ich auferstehe am Schluss, bin ich immerhin ein Sieger.Aber was bist du am Schluss ? Eine ordinäre Wasserleiche mit Fischlaich im Gehörgang."

Ludwig schweigt.Weil ihm schwant, dass Jesus recht hat ? Das lässt den kek- ker werden :"Wenn du gelernt hättest, auf dem Wasser zu wandeln so wie ich, wär dir das nicht passiert."
Ludwig : "Täh ! Wasserwandeln, wenn ich das schon höre ! Der Moshammer Rudi wandelt ja schon in einer jeden Vollmondnacht über den Starnberger See.Dabei hangelt er sich in Wirklichkeit bloß über die Buckel von de Tutzinger Wasserwachtler.Die müssen sich vorher Badematten umschnallen, damit er ja nicht ausrutscht und in den See platscht."
Jesus : "Wer ist denn nun wieder dieser Moshammer ?"
Ludwig : "Halt so ein Replikant von mir."
Jesus : "Du leistest dir Replikanten ?"
Ludwig : "Du red nicht.Du leistest dir den Drewermann."

Das hat gesessen.Jesus schweigt beschämt und fragt sich, ob er nicht bergpredigtgemässer hätte reden sollen zu einem,welcher einen Tag lang immerhin seine Rolle auf sich genommen hat.Da kommt Ludwig ihm zuvor, kleinlaut : "Meinst du, ich könnts noch derlernen?"
Jesus : "Was ?"
Ludwig : "Das Wandeln aufm Wasser.Trotz...."
Jesus : "Trotz was ?"
Ludwig : "Meiner Wampen."
Jesus : "Bei Gott ist kein Ding unmöglich."

Ludwig : "Mir grausts nämlich wirklich vor dem Fischlaich andauernd in de Ohrwascheln."
Jesus : "Wovors mir am meisten graust, ist der Judas."
Ludwig : "Gell ? Diese impertinente Rampensau."
Jesus : "Er mandelt sich auf, als wenn der ganze Zirkus nur um ihn rum rotiert.Neben dem verkümmerst du einfach als gradaus edel angelegter Gottessohn."

Sie sind Vertraute nun auf einmal, Spiessgesellen, fast schon Verschworene.
Jesus : "Der Kerl kann sich nicht mehr retten vor Einladungen zu Cocktailparties bei Gaby Henkel und bei Lagerfeld, und sag mir eine evangelische Akademie, wo er nicht als Star herumgereicht wird ! Bei Arabella Kiesbauer ist er sowieso Stammgast, in Hollywood reissen sie sich um ihn als Charakter-Miesling, sogar den Clinton soll er spielen in 'Monica Lewinskys goldene Zigarre', bei McKinsey soll er den Nachwuchs ausbilden und Beate Uhse hat ihn enga- giert als Model damit er schwarze Ketten-Dessous vorführt im Pay-TV."

Ludwig : "Und im Vatikan, schneidet er auf in der Kantine, hat er grad einen Berater- vertrag unterschrieben mit dem Ratzinger."
Der Ratzinger ! Ein Lanzenstich ist in Jesu Herz."Nur von mir, da verlangen Sie unentwegt nur das Eine - "
Ludwig : "- in die Brustwunde langen."

Langer Seufzer Ludwigs.

Jesus : "Bist du denn wenigstens bei den Milwaukee Tiger Girls auf deine Kosten gekommen, Bruder Masochist?"
Noch längerer Seufzer Ludwigs."Ach, geh mir weg mit dene ! Die hams gar nimmer notwendig, dass sie in der zugigen Halle rumfrieren und das Finale abwarten müssen, bis sie endlich wieder ins Blutbad glitschen dürfen mit eanere Krallen.Schau her - "
Und er hält Jesus ein Papier hin.Der liest und versteht nicht :"Was ist denn nun wieder Las Vegas ?"
Ludwig : "Da engagieren sie dich hin und veranstalten immerwährende Passionsspiele mit dir, nonstop.Die Gegend ist total winterfrei."

Jesus : "Immerwährende Passionsspiele ...das fordert die baptistische Frauenkongregation bereits seit dem eigens deswegen einberufenen Kongress von Philadelphia, und der war 1901."
Ludwig : "Weil, immer zehn Jahr ausharren bis zum nächsten Orgasmus, das stehen die frommen Ladies nicht länger durch, wo's doch aa net grad jünger wern dabei. Zugespitzer Befriedigungsstau, verstehst.Deswegen verlangens jetzt ja auch drei Kreuzigungen minimum."
Jesus : "In der Woche."
Ludwig : "Aber wo denn ! Am Tag ! I hab doch gsagt nonstop.Die erste Kreuzigung dann jeweils sponsert Walt Disney, die zweite Pepsi Cola und die Nummer drei Bill Gates."

Jesus : "Aber was wird dann aus Oberammergau ?"
Ludwig : "Das kriegt alle zehn Jahr ein Sonder-Gastspiel mit der zweiten Besetzung, du brauchst dich also gar nimmer persönlich bemühen - der Schwarzenegger übernimmt.Er is ja dann auch schon a bisserl mürber, bodymäßig, dafür hängt er umso zaacher.Als Mutter Maria hams übrigens den Bob Wilson gewonnen, im schwarzen Latex.Und als Prolog den Karl Moik. Das sponsert dann allerdings die Löwenbrauerei, aus einer landsmannschaftlichen Verantwortung heraus. Im Rahmen einer Welt-Tournee des The Original Las Vegas Passion Plays. Die Einführungs-Meditation dazu hält natürlich der Dalai Lama, erwartungsgemäß. Den sponsert allerdings dann Greenpeace. Jedenfalls, die Welt-Rechte an dem Ganzen hat sich der Kirch gesichert."
Jesus : "Du meinst die baptistische Kirche..."
Ludwig : "Nein, ich mein unsern Leo Kirch.Der hat mir den Scheck sogar vertraulichst persönlich zugesteckt, schau her."
Und er betatscht suchend sein Kostüm."Wo hab ich ihn denn gleich wieder..."

Aber er wird nicht fündig.Er fahndet auf dem Schminktisch, unter dem Schminktisch, er robbt sogar unter den Ständer mit den verschwitzten Kostümen... aber dann sehen sie sich beide an und ihre Münder formen beide tonlos ein und denselben Namen : R...i...ch..a...r...d W...a...g - !!!

Der Wagner ! Wenn der den Scheck an sich gebracht hat, ist er bereits so gut wie eingelöst, das Geld so gut wie ausgegeben, ja das Dreifache der Summe wieder auf Pump draufgetürmt und Ludwig wird dafür aufkommen müssen.Und eben den hat er mit Jesum ertappt, nun ist er bereits emsig dabei, es zu verpetzen in alle nur denkbaren Richtungen,und aus allen diesen Richtungen treibt er dafür weidlich Gebühren ein, das derart Eingetriebene ist bereits so gut wie wieder ausgegeben, das Dreifache schon auf Pump draufgetürmt,und Ludwig wird auch dafür aufkommen müssen.

Dabei droht doch schon der Untersberg und Las Vegas droht sowieso.

Ludwig : "Das heißt Mathäi am letzten für uns - fangen wir ein neues Leben an irgendwo.Für dich tät sich zum Beispiel Bayreuth anbieten, als zweite Besetzung für den Wotan."
Jesus : "Bruder !"
Ludwig : "Leist dir das jetzt bittschön jetzt bloß nicht und sei auch noch hochnäsig.Weil Dein Christentum ist schlicht ein Auslaufmodell.Nehmen mir nur amal den Dalai Lama. Der braucht doch bloß irgend so ein wischiwaschi Weltanschauungs-Colloquium ankündigen für Führungskräfte in der Oberhemden-Industrie, und schon hat der hundert Mal mehr Andrang als wie dein Papst in seinem ganzen sogenannten Heiligen Jahr, das wo eh der grösste Milleniums-Flop war nach der Rechtschreib-Reform.Also entspring endlich deinem verblichnen Imitsch und machen wir uns schleunigst ausm Staub".
"Aber wie können wir das, wenn wir nicht einmal Staub haben in unserem Beutel , als Wegzehrung."
"Was redst denn, da liegen doch Münzen rum aufm Schminktisch."
"Requisitengeld.Sogar Richard Wagner hat es verschmäht."
"Besser als gar nix.Es sind immerhin runde 30 Silberlinge."

Und Jesus öffnet die Tür. "Wenn du meinst..."Aber Jesus schlägt die Tür sogleich wieder zu und stemmt sich dagegen.
"Jesusheiland ! Doch net schon wieder der Richard Wagner ?"
"Es sind gleich mehrere.Alle in Lederhosen, die Gesichter geschwärzt, aber auf allen Hosenträgern dein Porträt."
"Dem Hannes Heindl seine Getreuen mit dem Chloroform und dazu einem Sack zum Verstauen von ihrem Märchenkönig. Bleibt uns als Abgang einzig noch das Fenster."
Aber als der Dünne da dem Dicken hinaus helfen will, zischelt der : "Da stehen schon die Milwaukee Tiger Girls Wache.Die wenigstens lauern ohne Sack."
Statt kühnem Entspringen bleibt mithin als letzte, feige Zuflucht nur das Verkriechen unter die üppigen Volants des Ständers, in dem die verschwitzten Kostüme hängen.

"Vorderhand sind wir hier sicher, zumindest bis Mitternacht.Dann verfrachtet der Hausmeister die Kostüme in die Reinigung.Das ist Unser Sprungbrett zur Flucht."
"Nicht erst um Mitternacht, jetzt auf der Stell erstick ich elend in dem Mief da herin."

Unversehens aber geht Ludwigs Gegrein über in ein tierhaftes Knurren, ganz Jaguar, ganz Tiger...hat doch Richard Wagner wiedrum sich schleichend ein- gefunden.Ludwig setzt an, tigerbüllend, aus dem Kostümdschungel heraus sich auf ihn zu stürzen.
"Diesmal verbeiß ich mich aber in seine Halsschlagader und dann -"
Weiter kommt er nicht.Jesus hält ihm - "Sssscht doch ! Sonst stöbert er uns noch auf !" - das Schreimaul zu, während Richard Wagner Krone und Krönungsmantel - endlich also doch ! - an sich rafft und diskret entwischt.Dafür beißt Ludwig Jesus tierschreiend-blutrünstig in die vorgehaltene Hand.
"Kruzifix Halleluja - ! Diesmal, ich schwörs dir in Christi Namen...diesmal pil- ger ich aber ganz bestimmt zur Buße nach Altötting."

3.Treffen________________________________________________________________

Es kann durchaus nicht gleich am folgenden Abend stattfinden wie bisher,auch nicht am darauf folgenden, denn es prasselt allerhand auf unsere beiden Freunde herab .Dabei ist ihnen am Anfang das Glück durchaus hold : um Mitternacht schickt es als Erlöser den Hausmeister, und rollt wie vorausgesagt den Ständer mit den durchgeschwitzten Kostümen in die Wäscherei.Die beiden Flüchtigen hoppeln mühselig, aber ungesehen darin mit - so ungesehen sogar, dass der Hausmeister sie greift und ihnen die Kostüme herunterzerrt. Grade noch, eh er sie selber in die Waschmaschine stopfen kannt, gelingt ihnen - hups ! - ein rettender Sprung in einen Wagen mit frischer Nasswäsche, und als der Hausmeister die im Stockdunklen hinterm Passionsspielhaus über die Leine schmeißt und die beiden dazu, da gelingt ihnen ein zweites hups ! und sie sind nun frei wie die Vögelchen - Jesus im knappen Leinenunterhemdchen, Ludwig im noch knapperen Spitzenunterhemdchen.

Hannes Heindl und die Tiger Girls sind auf einmal ferne Schatten für sie, allein der Regen ist bei ihnen als wispernder Weggefährte, aber wann ist der nicht bei einem in Oberammergau.Busse werfen ihr Scheinwerferlicht auf sie, voll besetzte Busse mit goldenem Licht hinter den Scheiben, das unsere Freunde erwärmt schon beim Anblick ."Sonderfahrt Ludwig II." lesen sie vorn drauf . Sechs, sieben, zehn Busse...sie treten ihnen entgegen, winken.Als Antwort kriegen sie eine Kaskade von Regenschlamm auf ihre Hemdchen gespritzt.

Jesus versucht gar nicht erst zu wischen: "Sie haben uns bloß nicht erkannt als die die wir sind."
Ludwig wischt wütig an sich herum, aber der Dreck bleibt hängen : "Hätten wir ihnen vielleicht die Dornenkrone entgegenstrecken sollen und den Krönungsmantel, oder wie meinst du das ?"
"Nehmen wir in Demut an, was über uns verhängt ist - reisen wir ganz umfangen und beschützt von unserem Inkognito."

Aber was heißt da reisen...sie tapsen nebenander her im Regen, Hand fest in Hand gefasst, damit keiner den anderen verliere im Scheinwerfergeblende der vielen Busse mit der stolzen Inschrift : TUI, TUI, TUI...und im hui lädt ein jeder achtlos eine Schmutzfontäne auf den beiden ab, und dann laden sie ihre Menschen-Fracht in den Arrangment-Hotels ab, wo die Arrangierten vorm Einschlafen noch rasch die Video-Beute des Tages durchmustern : das da war also das Hofbräuhaus, oder war das schon die Wieskirche, der da in der Schützenuniform war der Ministerpräsident oder schon der König Ludwig, das da das U-Boot bei der Bavaria oder schon die Feengrotte in Linderhof, die 40 % Rabatt jedenfalls haben sich gelohnt, ist das nicht ein friedliches Land hier, überall Schuhplattler und nirgendwo Gewerkschaften...Nancy, mach das Licht aus, morgen ist Athen dran, oder schon Tibet ?

Die beiden, haben den Weg verloren, dafür bergende Dunkelheit gewonnen, durchs Schilf irrend und vom Regen beharrlich begleitet.
"Ich habe dieses Wandern in der Nacht immer geliebt, wenn der Wüstenwind und die Tageshitze sich gelegt hat, mir fielen dann die schönsten meiner Gleichnisse ein und keiner der Jünger ist je vom Weg abgekommen und fiel unter die Hyänen und Räuber, weil meine Stimme sie alle geleitet hat wie ein Seil, an dem sich alle festhalten konnten."

Wohl wohl, in fernen Bibeltagen...aber hier und heute prallen sie schmerzhaft gegen etwas Hartes, das Harte gibt sogleich laut, es gackert und kräht, denn das Angerannte ist ein Hühnerstall, die Blechwand eines Hühnerstalls in
Unterammergau und das Gackern und Gekrähe holt die Hühnerherrin aus dem Schlaf, und die lässt schmerzhaft ihre Mistgabel sprechen.

"Aua ! Wisse,Weib, ich bin kein Eierdieb - es ist Jesus von Nazareth welcher leibhaftig vor dir steht.Aua !"

Nun wenden sich aber, wie jeder weiß, Ober- und Unterammergau seit fernen Bibeltagen schon den blanken Hintern der Nichtachtung zu, man weiß in Unterammergau nichts von einem gewissen Jesus und anderen langhaarigen Oberammergaunern :"Brauchscht gor eta aso gschupft daherreden," belfert darum die Hühnerfrau ," i bin sowieso Buddhischtin".
"Siehst du", wispert Ludwig ,"der Dalai Lama ist auf dem Vormarsch sogar bei den Hühnern", aber da sind sie schon beim Federvieh verriegelt.Ihre erste Nacht, in der sie frei sind von ihren Jüngern, von ihren Getreuen wie Verfolgern, frei von ihrer Geschichte - diese Nacht müssen sie zubringen unter Unterammergauer Bio-Hühnern.

Ludwig sackt auf den einzigen Heuhaufen, dens im Hühnerstall gibt.
"Du wirst für mich Posten stehen, Heiland."
Jesus bleibt nur ein Lager auf nacktem Zement-Estrich.
"Ich und Posten - ?"
"Deine Pflicht, Herrgott ! Wo's doch ausdrücklich heißt im Nachtgebet :Wenn ich schlummern tu zur guten Nacht/hält mein Jesulein getreulich Wacht."
Da hat sein Religionsunterricht auf einmal keine Lücken mehr !
"Du stehst eindeutig grad dafür, dass der Heindl und die Seinigen mich nicht überwältigen im hilflosen Schlaf."

Und schon fällt ihm der Kopf vorneüber, zweifach abgefedert durchs Doppelkinn, und schon schnarcht er den tiefen Orchesterton der Überfetteten.Die Hühner über ihm auf den Stangen nehmens übel auf, ihre Mägen entleeren sich dafür unwirsch auf Ludwig und schmücken sein regennasses Haupt- und Barthaar mit unköniglich grünem Hühnerschiss.

Aber es widerfährt ihm auch in diesem seinem neuen Leben, was ihm im alten, zahnwehgezwickt vom vielen Konfektgelutsche, unter dem quastenreichen Bombast seiner Prunkbetten niemals widerfahren ist : er hat einen Traum, und der verwandelt die grünschabbligen Hühnergeschenke, die da auf ihn herabträufeln, in goldgelbschwabblige Spiegeleier in einer mächtigen Pfanne schwabbeln.Er selber, Ludwig, hat dabei eine Papiermütze auf dem Schädel statt einer Krone und regiert die Pfanne als Küchenmeister, und dann ist da auch eine Wirtin, die Wirtin gerade hereinschreit : "Acht Schnitzel," schreit sie, und sie hat just die Pfirsichbäckchen von Romy Schneider und dazu einen Reifrock an, denn sie ist keine andere als die Kaiserin Sissi :"und drei Schweinsbraten altbairisch à la maison", schreit also Sissi, "und acht Leberknödelsuppen á la Wittelsbach, und das alles tout de suite.Und der Herr Bünzli wartet schon seit einer geschlagenen dreiviertel Stunde auf sein Hirschfilet !"

"Vergiss nie, Cousinchen ,"schreit Ludwig, Ludwig in seinem Traum," ich bin kein gelernter praktischer Koch.Ich bin lediglich ein praktizierender Gourmet."
"Du warst vielleicht, Vetter, du warst ! Und wenn ich dich nicht rausgeschmuggelt hätt aus der Irrenhaft bei Nacht und Nebel und gerettet vor diesem, weißt schon, Dr.Gudden, dann wärst du jetzt eine praktizierende Wasserleich mit Fischlaich in de Ohrenwascheln und hättst nie im Leben eine zweite Lebenschance gekriegt so wie durch mich als Küchenchef in einem Nobel-Restaurant ! Also lobpreis gefälligst das Schicksal und lass nicht ewig den Schweinsbraten anbrennen ! Deine Fleischspeisen sind überhaupt hint und vorn ein einziges Königgrätz.Dafür sind deine Erdbeersoufflés allerdings ein Gedicht."
"Schön, dass du wenigstens die anerkennst, Cousinderl."

"Ein Jammer bloss, liebes Cousandl, dass da davon immer schon zwei Drittel weggeschleckt sind, wenns auf den Tisch kommen.Und dass man die Schmier-spuren deutlichst wahrnimmt von deine Wurstfinger."
"Wurstfinger - ?" Er lässt seine geschmähten Greiferchen anklagend in den Küchendampf hochfahren.
"Jawohl Wurstfinger ! Ich setz die Metapher voll bewusst.Und zwar nicht im Hinblick auf Wiener, sondern auf Regensburger Würstl."
"Deine Gäste haben gefälligst zu würdigen : es sind die Wurstfinger immerhin eines Königs !"
"Das Publikum hier ist durch die Bank basisdemokratisch gesinnt.Das sieht in sowas bloß eine pfuideiblige Sauerei."
"Basisdemokratisch ! Warum ham mir auch ausgerechnet in diesem republikanischen Zürich unser Feinschmeckerlokal eröffnen müssen."
"Erstens weil hierorts die Messieurs emigrierten Revolutionäre einkehren, so wie der Herr Georg Büchner und der Herr Lenin, und du weißt ja eh : ich hab Revolutionäre immer schon innigst geliebt.Und zweitens, weil den Kellnerinnen hierorts so kapitale Damenbärt wuchern überm Goscherl, wie man sie nicht amal im hintersten Bayerischen Wald antrifft.Und du weißt, ich hab an den Damen immer schon nicht bloß die Behaarung überm Goscherl innigst geliebt ...Jessmaria, ich hab ganz vergessen : wir haben einen neuen Gast.Eine Demoiselle Rosa Luxemburg."
"Mit einem Damenbart ?"
"Schwarz wie die Nacht...und denk dir bloss, sie hat die selbe Leibspeis wie ich."
"Salzburger Nockerln mit Schlagobers..."
"Zwei Portionen also toute de suite."
"Zwei Portionen, Cousinderl ?"
"Eine für sie und eine für mich.Ich will ihr doch Lippe dicht an Lippe gegen- übersitzen, wenn sie die Nockerln wegmampft, als obs so ein nixnutziges Mo- narcherl wär."
"Nimm Rücksicht auf meine Verletzlichkeiten wenigstens als Koch, Cousine !"
"Und wie das Schlagobers sich dabei peu à peu verfängt in ihrem Damenbart - bonheur suprème !"

Reichlich Eier hat er ja nun, Ludwig der Koch, ohn Unterlass spenden die Hühner auf sein Haupt, das reicht zu üppigstem Eierschnee, den er aufschäumt zu einem feudalen Hochgebirg - da fasst ihn eine Kellnerin mit blondem Damenbart rechts unter und Rosa Luxemburg fasst ihn links unter, wo sonst, und er ruft noch :"Pardon Mesdames, de Eierspeis ist doch no gar net aufgebacken !"

Da ist er schon ist in die Gaststube bugsiert, die Gäste Republikaner sitzen erwartungsvoll steif in einem feierlichen Rechteck.Die Dame links, die Dame rechts schiebt ihn auf den Tisch hinauf, übers gestärkte Tischtuch, der Cousine Sissi entgegen, die da thront, rittlings, auf einem Tafelaufsatz, die Republikaner jubelschreien und klatschen - ja warum jubeln und klatschen die denn bloß, und erst jetzt erkennt er : das ist ja gar kein Tafelaufsatz, auf
dem Sissi reitet, das ist eine Guillotine ! Aber da ist er schon hingestreckt, in der einen Hand hält er noch immer die Salzburger Nockerln und in der anderen den eigenen Kopf, und die Silbermesserchen der Republikaner fahren gierig in den hinein, so dass es in seinem Hirnkasten klirrend widerhallt...aber nein, es hallt gar nicht - es matscht, sein Kopf ist ein aufgeblähter Ballon aus süßsahnigem Eierschnee, es wässert ihm selber der Mund danach, er möchte sich selber wegschlecken, er schreit gierig und tierlautig , aber seine Stimmbänder sind schon weggeschleckt, es reicht nur noch zu einem windbeutligen Wollust-Krähen -

Von dem er erwacht.Dabei wars gar nicht er, der gekräht hat, es war zuständigerweise der Bio-Hahn.Und es ist gar auch nicht sein eigener Kopf, den er in der Hand hält, es ist ein fremdes Hühner-Ei, und die Hühnerherrin hat es erspäht und spiesst schon wieder mit der Mistgabel :

"Naus mit Enk und zum Deifl ! Wann i net a Buddischtin waar..."
Sie schickt hinterdrein, was dann wäre : Gewalttätiges im Themenbereich Kopf ab und Aufhängen, aber das hören sie nicht mehr, weil sie mit dem Davonrennen be- schäftigt sind.

"Da hörst du's wieder.Einzig die Ausbreitung des Buddhismus hat uns vor dem schlimmsten bewahrt."
"Dabei wolltest du doch ursprünglich nach Altötting wallfahrten gehn."
"Du bestehst drauf, Jesusheiland ?"
"Dann hätte unsere Flucht wenigstens eine Richtung."
"Aber wer zeigt uns den Weg ?"
"Warst du nicht König in diesem Territorium ?"
"Aber ich kenn mich doch bloss aus im Finstern ! Ich bin allzeit nur in der Nacht gereist, weil meine Untertanen so greislich waren."
"Also werden wir auch nächtens reisen, damit du dich wieder auf den Weg besinnst."

Aber der Weg der folgenden Nächte führt sie nur immer wieder zurück zu ein und dem selben Heustadel, in dem sie sich tagsübe verborgen hatten vor dem Heindl, den Milwaukee Tiger Girls, vor allem aber dem Regen .
"Ja mei" greint Ludwig,"zu meiner Zeit sind mir halt allerweil ständig sechs Schimmelreiter vorausg'ritten und sechs hintennach.Und von dene hat a jeder net bloß a Fackel g'habt, sondern hat aa no des königlich bayrische Straßennetz auswendig g'wusst."

Er lehnt den Kopf an Jesu Schultern und schnieft : "Du wolltst mir doch eh beibringen, wie man auf dem Wasser wandelt.So kämen wir wenigstens vom Fleck, bei dem Regen in einer Tour.Aber nicht einmal das tust du für mich...".

"Aber Bruder..." Jesus täschelt, tröstet, aber nun flennt Ludwig erst so recht con brio drauflos : "Alle haben sie mich verlassen, alle...bloß so ein verlumpter verlauster Levantiner klettet sich noch an mich und scheucht mich in die Irre,
ooooh...." Ein Gießbach von Tränen mischt sich mit den Gießbächen von Regenwasser und wird über dem Doppelkinn zum kleinen Katarakt.

Jesus, sehr gefasst : "Wenn du mich schon verlumpt nennst, dann lass uns da zu stehen und als bekennende Bettler gehn."
"Bettler - ?!"
"So hab ich mir damals mein täglich Brot erfochten, und meine Jünger sowieso.Bloss in die Evangelien hineinschreiben haben sie sichs nicht getraut."
"Ich und betteln ? Stell dir vor, ich hock da am Trottoir, und der Hannes Heindl kommt daher und schmeißt mir ein Scherflein ins Büchserl...und dann schaut er mir ins Gsicht und erkennt in dem Fechtbruder seinen Märchenkini, und dabei wars grad ein mattes Zehnerl, was er hat springen lassen - ja bildst du dir ernstlich ein, der traut sich nacher überhaupt noch mich kidnappen ? Die ganze Flieherei war für an trocknen Schoaß.Da kann ich ja gleich kleinlaut ins Theater zurück hatschen.Ooooooooh..."

Und neue Gießbäche, neue Katarakte...aber wundersamer Weise führen die Wege des Herrn unsere beiden Freunde just in diesem Augenblick nach Altenau...oder sollten es doch eher die Wege des Teufels sein ? Denn JesusLudwig stehen vor etwas, was es in Altenau eigentlich doch überhaupt nicht gibt : einer - "Kon-di-to-rei..." Ludwig buchstabiert das Wort, als wärs der Anfang des Johannes-Evangeliums.

Jesus, ganz Menschenhirt und Mahner : "Ludwig !!!" Aber Ludwig ist weit weit weg, und zugleich gefährdet nah - bei den Süß-Gebäcken, die sich da lasziv hinter der Auslagenscheibe fläzen.
Ludwig..."Ludwig trenzt einen Gier-Sabberer aufs Schaufenster."Ludwig, du siehst doch, sie haben geschlossen. Es ist weit nach Mitternacht."

Und will ihn wegziehen von den Versuchungen.Da bricht aus dem Konditormeistermündchen das bekannte tierhaftes Knurren, ganz Jaguar, ganz bengalischer Tiger.Er wirft sich auf den verlumpten Levantiner, das Knurren wird zum Tigerbrüllen, er schlägt mit fetten Händchen auf ihn ein, er kriegt einen eisernen Fahrradständer zu fassen, schwingt ihn mit beiden Ärmchen - und schleudert ihn gegen die Schaufensterscheibe.Eine Alarm-Anlage schrillt, aber Ludwig erstickt sie mit einem Sahne-Baiser.

Jesus sieht verhärmt, wie Ludwig sich tigerstöhnend über die Erdbeertorte hermacht:"Bruder, du begehst einen Diebstahl !"
"Ich steh über dem Gesetz.Ich bin der König."
"Ein Freßsack bist du ! Verzogen und verzärtelt."
"Und du bist einer, wo dem andern jeden Genuss missgönnt, deswegen hast du's ja auch bloß zum Wanderprediger bracht, auf den keiner hört."
"Aber ich habe doch die 4000 gespeist - du kannst es nachlesen bei Matthäus 15, 32 bis 39."
"Ja, mit stinkerte Stockfischerln, dass ich nicht kicher."
"Ich hab immer schon vertreten : eher schlüpft ein Kamel durchs Nadelör, als dass einer wie du in den Himmel kommt."
"Damit hast du dich endgültig entlarvt als Bolschewik !"
"Und du hast es verdient, dass du als Untoter ewig und drei Tage durchs Reich des niedrigsten Kitsch geistern musst."
"Ha ! Und du - ?" Jetzt ist Ludwig beim Kirschsträusel." Du hast ja nicht einmal mehr ein Reich des Kitsches zum Drin-Rum-Geistern, deine Firma Christentum & CoKG ist in rasanter Abwicklung ! Ich sag als Stichwort bloß - "
"Nicht schon wieder Wotan".
"Nein, ich sag : Dalai Lama ! Den nimmt garantiert ein jeder gleich mit, ganz
im Gegensatz zu dir, wenn er sich einmal als Anhalter an die Landstrasse
stellt."
Auch die Apfeltorte wird flink im königlichen Mündchen begraben."Weil, der Dalai Lama, der hat noch und noch Zulauf als Vorturner in der Branche. Aber was hast du ?" Sechs, sieben gefüllte Honigkuchen verschwinden in Ludwig, ohne dass er auch nur schlucken muss."Soll ich dich vielleicht ruchlos aufklären, o Christus, was das für eine Partei ist, die wo hierzuland dein C im Namen führt ?"

Jesu trauervoller Blick rührt auch daher, daß Ludwig ihm nicht das winzigste Häppchen anbietet."Du darfst bei der CSU nicht alle über einen Kamm scheren ! Es gibt sogar dort solche und solche."
Ludwig zwischen zwei Bienenstichen : "Na da bin ich aber gespannt auf die solchenen..."
"Solche, bei denen der Staatsanwalt schon war und solche, bei denen er noch nicht war."
"Wenn du noch einen Funken Moral hättest, Herz Jesu" - jetzt überfällt Ludwig die Sacher-Torte - "dann tätst du dich wegen denen umbenennen." Und jetzt den Pflaumen-Marzipan-Kuchen."Wenn du schon nicht durchsetzt dass die sich unbenennen !"
"Mein Vater läßt sich da drauf nicht ein.Der ist bei der CSU ihrem Kirch unter Vertrag."
"Du meinst bei der Kirche." Jetzt sind Mohrenköpfe und Schillerlocken dran.
"Nein, beim Leo Kirch.Der hat ihm sämtliche Verwertungsrechte abgekauft an den himmlischen Engelschören ."
Bis zur Schwarzwälder Kirschtorte hat Ludwig sich nun durchgearbeitet, mit triefenden Händchen bohrt er sich in die hinein und bedient dazu noch sein Mäulchen mit Happen vom Baumkuchen.

Jesus wendet sich zum Gehen.
Wenn er draußen ist, schickt ihm Ludwig einen grellen Baby-Schrei hinterher : "Iiiiiiiiiiiih ! Du setzt mich einfach hartherzig aus zwischen dem ganzen apokalytischen Naschwerk, damit ich mich hilflos überfress ! Wie soll ich denn mein Übergewicht hinschleppen zum lieben
Gottesmutterl von Altötting, wenn ich vor lauter Vollgepumptsein mit Schokoladenguss nicht mehr vom Fleck komm und in einer Tour Karamelschleim speiben muss ! So verabsäumst du deine Fürsorge für deinen König , Du Scheusal ! Du Ausbund der tiefsten lieblosen Hölle,du...iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiih..."

Aber da ist Jesus schon weit entfernt :"Vater vergib mir, denn ich weiß was ich tue", trottet gradaus dahin, überlässt sich dem Weg, und als er im Morgengrauen hilflos auf einer Kreuzung steht bremst ein Bus dicht vor ihm und die Insassen quellen so gut wie gleichzeitig heraus : "Pan Chrystus !" Und schon knien sie allesamt auf der nassen Fahrbahn, und bekreuzigen sich, und singen Frommes, denn wann singen Polen nichts Frommes, wenn sie grade auf dem Rückweg von der Wallfahrt nach Rom sind, und wann sind Polen nicht grade auf dem Rückweg von einer Wallfahrt nach Rom, sie haben dort bei einer der Selbst-Inszenierungen des bigottesten aller Polen mitgeschluchzt zwischen
zwei seiner Pilgerflüge zu den Fidschi-Inseln und nach Grönland, er hat seinen Landsleuten vorgemacht, wie er das grönländische Inlandeis küssen wird ohne dran fest zu frieren und dabei unentwegt Gebete gemurmelt für sie, und wann murmeln Polen nicht unentwegt Gebete für Polen, sogar wenn sie
Schwarzmarkt-Ware feil bieten wie jetzt im Bus Jesum :"Tschibo Kaffee, erst Klass Tschibo, kriegen Sie nur bei mir, Pan Chrystus."

In den Wallfahrerbus regnet es wenigstens nicht herein, so lässt ers über sich ergehen, und auch dass drei dutzend Polinnenhände ihn maßnehmend befingern, denn sie machen sich daran, den schier entblößten Leib des Messias mit einem Pullover zu umspinnen.Beim ersten Halt, in Altötting, ist der Pullover schon bis zum Schlüsselbein gediehen, drei Heilungen von Prostata-Krebs ge- lingen ihm nun, wo ers wieder warm hat, trotzdem er doch eigentlich seit 2000 Jahren aus der Übung ist mit dem Wundertun, und als die Polinnen - singend, immerzu singend - ihn auch noch in einen linken Ärmel zwängen fast bis zum Ellenbogen, schafft er obendrein noch je drei Heilungen von Rheuma, von Hämorrhoiden und von Kleptomanie, und was ist in Polen ende- mischer als eben Kleptomanie.

Wenn die soeben Geheilten ihm dann wieder ihre Schwarzmarktware lecker machen - "irischer Malzwhisky, Original Hongkong, für Sie, Pan Chrystus, für Freundschaftspreis" - , steckt seine Brust schon bis zur achten Rippe in dem neuen Pullover.Beim nächsten Halt, in Mariazell, gelingen ihm, derart be- heizt, drei Heilungen von Prostata-Krebs, und als sie auch ihm noch einen
rechten Ärmel überstreifen, obendrein drei Heilungen von Rheuma, von Hä- morriden und sogar von Kleptomanie, und was ist in Polen endemischer als
eben die ...Jesus an Bord, das macht eben süchtig, und süchtig macht krank und krank macht selig, zumal der Geheilte das Wunder erst beim zweiten Mal so recht auskostet, und der zum zweiten Mal Geheilte erst beim dritten - "Das ist Gelegenheit was du kriegst nie wieder, Pan Chrystus - fünf Stangen Marlboro kosten dich so viel wie bloß eine Schachtel, in Dollar versteht sich, einer wie du hat doch alle Währungen der Welt dabei", und die Frauen nadeln unablässig weiter, vorderseits haben sie schon die Knie bestrickt, hinterwärts die entsprechenden Backen mit Wolle umrankt.

"Kennst du Polenwitz, Pan Chrystus, wo Fahrer vom Wallfahrer-Bus klaut den Sprit aus eigenem Tank ? Und reinkippt in die Flaschen fürs Weihwasser, aber die Hitze ! viel Hitze ! Also klaut Fahrer Weihwasser, trinkt aus und - tot um fallt.Warum tot ? No, wo doch war Sprit in Weihwasser-Flasche...to wszystko ! Ist das eine Pointe, Pan Chrystus, zum Schießen, also was ist, kaufst du endlich Marlboro ?"

Da rummst der Bus in den Strassengraben."Der Fahrer ! Er ist tot ! Hat aus der Weihwasserflasche hat er getrunken und ist tot, weil, denkt euch bloß, da war Sprit drin...aber das doch ein Witz, ein elend chauvinistischer Witz, den darf man doch nicht weitererzählen -"

"Was heißt da darf nicht ? Da liegt Fahrer, und ist tot, oder ? Wo soll da Witz sein. Erweck ihn wieder zum Leben wie seinerzeit weisst schon, den Lazarus, wer soll uns sonst fahren nach Czenstochau, Pan Chrystus, weil, wann fahren Polen nicht nach Czenstochau.Was trödelst du denn rum, Pan Chrystus, der ist doch erst drei Minuten eine Leiche und dein Lazarus wars schon ganze vier Tage -"

Aber Jesus kann sich an keinen Lazarus erinnern und an keine Zauber-Formel zum Wiederauferwecken von toten Busfahrern, das ist ja nicht so hopp hopp zu absolvieren wie Hämorriden oder Kleptomanie, und bestimmt standen da- mals keine polnischenWallfahrer drum herum - singend, singend, immerzu Frommes singend...

Aber das Singen verstummt jäh:"Der da ist gar nicht Pan Chrystus ! Perunje, das ist ein Hochstapler ! Ich bin gleich misstrauisch geworden, wie er nicht Marlboro hat kaufen wollen !"

Und sie, die Geheilten und Ungeheilten, die zwei- und dreifach Geheilten, fe- tzen ihm den Pullover herunter, Masche um Masche vom heiligen Leib, im Nu ist die Wolle aufgetrennt, aufgedröselt, und im Nu ist ihm Wollfaden um Wollfaden neu um den Leib gewickelt, gehaspelt, gefatscht, geschnürt vom Adamsapfel bis zu den Fersen.Und so lassen sie ihn zurück, nunmehr wieder singend, immerzu Frommes singend, denn wann singen Polen nicht was Frommes...

"Riecht mal, wasn das fürn Stinkebündel."Es sind fünf, vielleicht auch sieben.
"Nach Knoblauch".
Jetzt kommen noch ein paar dazu.
"Nach Ausländerzecke."Jetzt sind es schon zehn oder zwölf, mit ihren Stiefeln rollen sie ihn hin und her, probeweise, wie man einen ungewohnten nagelneuen Fussball hin und her rollt.
Bis der Erste kickt mit voller Stiefelkraft :"Der Knoblauchstinker macht sich hintertücksch günstlich schwer."
"Will uns geen Spielchen gönn, der.Hau's ihm rein !"

Schuss, abgefälscht, Querpass, Vorlage, unhaltbar gegen den Hydranten.
"Tooor !"rufts weiter hinten, aus einem Polizeiwagen.
"Mein Neffe ist auch mit dabei" zeigt der eine Uniformierte dem andern,"der Dicke da mit der Rune auf der Glatze".Und : "Kannst stolz auf den sein", gibt der zweite Uniformierte dem ersten zurück, "guck bloß an, wie der sich volle Pulle einsetzt".
Und wenn die Kicker dem Gefesselten auf den Leib springen - "Deutschland erwache Juda verrecke !" - raunzt der erste Polizist zum zweiten :
"Nu ackert mein Neffe den ganzen Tag lang bei Siemens, immer auf Zack für die Wessis, seine Rune muß er verstecken vor denen, und nachts schiebt er Überstunden für die deutsche Leitkultur, aber wer dankts ihm, frag ich,wer ?"
"Und nu isser ausgepowert."
"Nu marschieren se ab in ihre Stammkneipe und feiern ihren Sieg."
"Alle Achtung, so 'ne zack Disziplin, dabei kann doch keener mehr von denen mehr in der NVA gedient ham."
"Ne Zumutung, dass unsereins das Stinkebündel, was die übrig gelassen haben, auch noch groß bürokratisch bemuttern muss !"
"Unterm Ulbricht hättste sowas doch stieke auf der Flucht erschossen, und unterm Adolf erst..."
"Ach Gottchen ja, unterm Adolf...heut setzt aber du das Protokoll auf gefälligst, die ganzen letzten Male haste dich egal aufgehalten, dass ich 'Schein- Asylant' mit ü schreibe."
"Bin ja schon dabei.'Langhaariger Ausländer Herkunfts-Raum östliches Mittelmeer...."
"Schreib 'durchrasst und durchmischt', dann liegste voll auf Linie mitm neuen Einsatzleiter.Weeßte doch, der kommt aus Bayern."
"' Hinreichender Verdacht auf zionistischer Agent...' "
"Biste total am Arsch ! Kannste doch heute keinem mehr mit kommen, wo die Juden wieder voll am Drücker sinn in der Presse und bei Rotgrün.Dabei brauchste doch bloß knallhart auflisten, was Fakt is : 'der Zugeführte hat Falschgeld bei sich im Nennwert von 30 Silberlingen' ."
"So und jetzt noch Stempel drunter, wo isser denn wieder - ach da : Abschiebehaft '. Und ab mit ihm in die Zelle."
"Was uns der Kerl Knochenarbeit reinstaucht , dabei isser doch sowieso fast alle."
"Wenn wir'n in Treppenschacht runter segeln lassen, isser ganz alle."
"Und was schreib ich dann ins Protokoll?"
"Selbstmord ohne Fremdeinwirkung .Der Neue aus Bayern hakt garantiert nich nach.Der will in München noch Karriere machen."
"Na denn fass ma mit an."
"Auf drei schmeißen wir."
"Eins, zwei..."

Gebettet in sein Blut, hat Jesus einen Traum : er sieht sich am Ölberg in seiner letzten Nacht, in Todesangst, und er muss so reden wie man zu Hause redet auf der Bühne in Oberammergau....

"O daß doch die Nacht vorüber wäre.Meine Seele ist betrübt bis zum Sterben !"


Und er schluchzt sich durch den Hain, sieht den Vollmond nicht, spürt den Nachtwind nicht, fällt dafür einem über die Beine, der auf einer Olivenwurzel hockt, und diese Beine sind zottelig behaart, und der Behaarte bläst auf einer Rohrflöte, und es klingt zum Davonlaufen.
"Mein Vater," fährt Jesus fort in seinem altbekannten Text,"ists nicht möglich , dass dieser Kelch an mir vorübergehe -"

Da unterbricht der Zottelhaarige sein Geblase, und der Zottelhaarige ist kein anderer als der Gott Pan in eigener Person :"Mein Herr, spielen Sie auf mich an mit Ihrer Bemerkung ?"

Aber wie sollte Jesus von Pan wissen, und so bleibt er beim Gelernten :"Ach ! Wie wird jetzt dunkel um mich her ! "
"Ich gebe Ihnen ja recht, was ich hervorbringe, ist zum Steinerweichen.Obwohl ich ja eigentlich vorgehabt hab damit - bitte lachen Sie nicht über mich - daß ich mit dem Flötenspiel die süßen Nymphchen anbalze, Sie wissen schon, wenn sie so gegen Abend in den Teich hopsen.Platsch ! Platsch ! Und ihre drallen Brüstchen hopsen mit.Und ich im Schilf, lock sie mit der Flöte, blas- blas, balzbalz, und sie lassen mich drüber, wegen meiner Musik.Hören Sie -"

Er bläst wieder und es hört sich noch schauderbarer an als zuvor.Kein Wunder, dass Jesus an seinem Text fest hält : "So soll die Stunde über mich kommen, die Stunde der Finsternisse."
Pan setzt seine Flöte ab :"Ich wußte, daß Sie so reagieren würden.Die Nymphchen reagieren genau so.Sie fangen an zu kreischen, sobald ich -"

Er bläst.Es klingt zum Ohrenabfallen.
"Und fffft ! Schon sind sie alle durch das Schilf davon."
"Die Schwere des göttlichen Gerichts liegt auf mir."
"Sie sagen es.Wie soll ich mich anders anpreisen als mit Tönen, ich bin doch nicht zum Anschauen : meine Hörner ! Meine schwarzen Zotteln ! Und das schlimmste : ich stinke sechs Meilen gegen den Wind schon nach Ziegenbock. Eine Tragödie für mich als Junggesellen".
"Die Angst des Todes umfängt mich."
"Sie habens leicht mit Ihrer billigen Verzweiflung ! Sie müssen nicht Rohrflöte üben."
"Des Menschen Sohn wird überantwortet in der Sünder Hände."
"Sie könnens ja einmal selber versuchen mit dem Blasen, anstatt dass Sie andauernd rumjammern".

Und er nötigt Jesus die Flöte in die Hände und legt ihm darauf die Finger zurecht : "Einfach auf die Grifflöcher draufdrücken.Da und da...und da...und den Daumen da.Und jetzt Luft holen, und einfach blasen."

Und Jesus bläst...
Erst jetzt, da er bläst, nimmt er wahr, was ihn da umgibt : den Olivenhain, den Sternenhimmel darüber, den sanftwarmen Nachtwind, der die silbrigen Blätter streichelt.
Und Jesus bläst zum Träumen schön.

"Bravissimo !" Pan küsst ihn auf die Fingernägel, Ergriffenheits-Tränen an den Ziegen-Wimpern :"Sie blasen wie ein Gott.Ein Künstler, wie er im Äon nur einmal auf die Erde herunter steigt..Ich fleh Sie an, spielen Sie weiter..."
"Aber morgen werd ich gekreuzigt.Es ist alles schon arrangiert, und Sie verlangen, dass ich wie ein Simpel in Weidenröhrchen puste."
"Morgen ! Da ist ja noch ewig lang hin.Also spielen Sie, spielen Sie ..."

Und Jesus spielt, und der Wind hört auf zu fächeln, weil er lauschen muss, und die Blätter vergessen sich zu bewegen, weil sie lauschen müssen und im dunklen Teich, wo die Wellen vergessen sich zu kräuseln, weil sie auch lauschen müssen - da kommen die Nymphchen geglitten, und sie horchen mit glutigen Öhrchen und schubbern sehnsüchtig die Schenkel am warmen Quellmoos und Pan machts sich zunutze und bedient sich hier und da und dort und ist auf einmal kein Junggeselle mehr...

Wenn dann die Soldaten angerumpelt kommen, um Jesum zu greifen, schälen die Nymphchen, die an Pan nicht mehr genug haben, die Krieger aus ihren Rüstungen, die sogleich dumm und schwer zum tiefsten Grund des Teiches sinken auf Nimmerwiedersehn und dann schälen sie die Krieger aus der eiser-
nen Keuschheit ihres militärischen Gehorsams, der Teich gluckst kichert da- von, die Nymphchen lassen die Krieger, die nun keine mehr sind, köstliche Siege erringen zu Jesu einschmeichelnder kopfüber-bauchunten-kopfunter- bauchoben-Musik, unter einem bald verwegenen, bald errötenden, immer volleren Mond...

Und wo bleibt Judas ? Ihm setzt die Musik zu wie keinem sonst : in die Flöte möchte er sich verkriechen vor Scham und Reue, im heißen Atem seines Meisters verbrennen und ersticken...aber wenn der Meister ihm zuzwinkert mit lustigen Augen, wagt er den Mund zu spitzen und mit zu pfeifen, sich einzuschlängeln in Jesu Melodie, und wenn er darin ist, schießt sie ihm jählings in die Waden, jagt seine Füsse unter ihm weg zum Tanz, er kreiselt dahin zwischen den Olivenbäumen, jagt ihm zum Tanz mit den Ölbäumen - er beehrt einen runzligen Stamm mit einer Rundhopserei, als wär der eine geschmeidige Tanzliesel, dann wieder führt er um einen anderen herum eine Tarantella auf wie um eine glutäugige Schöne, er betanzt den ganzen Wald, und am Morgen wird er aufwachen im Farn mit Olivenkernen im Mund und mit brennenden Sohlen nicht mehr wissen, wie es ihn hierher verschlagen hat.Und schon gar
nicht mehr, was Verrat ist und was 30 Silberlinge sind.

Und Jesus ? O lala Jesus ! Die schönste aller Nymphen, die ihn bis dahin nur mit den Auge befingert hat, rutscht herunter von ihrem Olivenzweig, schubst sich den unentwegten Flötenbläser ins Wasser und sorgt dafür, dass gerade er
nicht länger Junggeselle bleibt : "Da drin bist du ja noch meisterlicher als im Flöten, mach ruhig weiter, und überlass das Pfeifröhrchen mir, du wirst dich wundern, welche Töne ich da drauf hervorbringe, wenn du so kunstfertig weiterarbeitest in mir ."

Diese Musik weckt sogar Gottvater aus dem Greisen-Schlummer.

"Mein Gott", redet er verdattert sich selber an, "wär doch schade,wenn so ein Sohn geopfert würde - ich mache alles rückgängig !"
Und er schnitzt sich selber auch eine Bambusflöte und bläst alles neu, was er bisher geschaffen hat : den Heilsplan, den Judas, die Theologie, die Menschen, die Vulkane, den Sonnenaufgang und ( wenn er dazu kommt ) sogar auch den Kardinal Ratzinger...lassen wir ihn allein, denn er ist noch längst nicht so weit.

Stellen wir uns jetzt bitte einen nüchternen Raum vor, den wir schon kennen : die Theatergarderobe.Wobei's zum Ende wurscht ist, ob es die in Füssen ist oder die Oberammergau, wichtig ist nur : der eine hetzt mit letzter Kraft herein, und der andere ist schon da.Oder auch : der andere hetzt mit letzter Kraft herein, und der eine ist schon da...jedenfalls sackt der eine wie der an- dere ausgemergelt und hechelnd zu Boden :
"Grade noch geschafft."
"Sie sind hinter mir her."
"Sie ist hinter mir her."
"Wen meinst du mit sie ?"
"Luise Rinser.'Nach alldem', säuselt sie ,'was du durchgemacht hast, will ich dich bei mir bergen in meinem Nest und du diktierst mir deine allerjüngsten Leiden brühwarm in den Computer, gell das tust du doch für mich, Heilanderl ? Den Diktator von Nordkorea Kim Il Sung hab ich schon angehimmelt in meinen Schriften, und vorher den Adolf Hitler - jetzt darfst du meine gottselige Nummer drei sein, gell.Komm in meine Arme, ich mess dir gleich einen Heiligenschein an auf Verlagskosten, damit du auch nach was ausschaust bei der Buchmesse',wenn ich dein Leidenstagebuch promote, gell'.Da bin ich mit knapper Not davon.Und du ?"

"Ich wollt mich in dem Versteck verkriechen, wo ich mich immer am besten ausgekannt hab : im Unterirdischen von Neuschwanstein .Aber wie ich mein Geheimpförterl aufsperren will- kein Pförterl mehr da, keine Quadern...alles PVC.Stein für Stein ham die Japaner meine Burg schon lang staadheimlich ab- montiert und eine kratzfeste Kopie dafür hingestellt.Bloss die Kasematten drunter, die stehn noch fest wie eh und je.Aber da hat bloss der Max Strauss den Schlüssel, weil da hortet der drin, was es seiner Sippe einbringt, dass sie den Freistaat steuerfrei gepachtet hat.Seine Pitt Bulls ham mich gehetzt bis hier unters Fenster."

Sie leiden das Finale noch einmal durch, japsend, und erst danach nehmen sie sich gegenseitig richtig wahr :
"Dass ich dich endlich wieder hab !"
"Und ich dich..."
"Ich hab mich ja so verzehrt nach dir ...ich hab wegen dir sogar beten gelernt zu dir ."
Jesus : "Da wird dein Wotan aber eifersüchtig werden".
Ludwig : "Sei nicht hämisch.Dein Konterfei hängt ja da draussen alle Nas lang überall öffentlich einladend rum, und vor jeds hab ich mich jedsmal davorgekniegelt in meiner Verlassenheit und gefleht : 'Ach mein Jesus steh mir bei/dass dein Bubi Ludwig wiedrum bei dir sei'."
Jesus : "Wie rührend anhänglich von dir von dir."
Ludwig : "Gern geschehen.Du machst ja auch erotisch einzigartig was her, wie du dich da droben so ausstellst, bloss mit diesem Hauch von einer aufreizenden Drapierung um dein...dein...dein..."
Jesus : "Lass gut sein, Bruder."
Ludwig : "Ich habs dir bei jedem Gebet runtergerissen."
Jesus : "Bruder !!!!"
Ludwig : "Im Geiste.Muß ich deswegen jetzt gleich wieder nach Altötting ?"
Jesus : "Und eben beteuerst du noch, du hättest gebetet."
Ludwig : "Ja, aber schau - du bist einfach der bussi-bussi-mäßigste Nackerte aller Zeiten.Deswegen hab ich nach jedem Gebet..."
Jesus : "Was hast du,Bruder ?"
Ludwig : "Nein - ich trau mich nicht.Das verrat ich erst dem Kapuziner,bei dem ich
in den Beichtstuhl steig in Altötting,wenn du mich da denn schon hin-
schickst ."
Und Ludwig umschlingt Jesum mit einem abgrundtiefen Rührungsschluchzer :"Und jetzt sind wir endlich wiedervereinigt zum untrennbaren Paar".

Und kriegt für den Rührungsschluchzer von Jesum einen durchaus ebenbürtigen Mitleidsschluchzer zurück :
"Du bist ja zum Gerippe geworden.Ich spüre jeden Knochen bei dir."
Ludwig : "Und du bist voller Blut...und die Brustwunde, die ist ja ganz frisch, wer hat
dir denn die zugefügt ?"
Jesus : "Und dich - wer hat dich denn in die Zwangsjacke gesteckt ?"

Sie erwarten keine Antwort voneinander, und sie geben sich auch keine, außer tristem Schweigen.So viele Blessuren und so wenig Erfüllung ! Ihr Ausbruch hat sie nicht bis zum See Genezareth gebracht, noch nicht einmal bis Wartburg, ganz zu schweigen von Jerusalem und Klingsors Zaubergarten.

Ludwig: "Weisst, Jesserl, eigentlich iss' ja zum lachen, aber bei meiner Irrfahrt is mir
akkrat das selbe widerfahren wie damals in meinem ersten Leben.Von da her die Irrenhauskluft."
Jesus : "Bei mir wars auch wie beim ersten Mal.Von da her das viele Blut."
Ludwig : "Dann treten wir doch lieber wieder auf dem Theater auf."
Jesus : "Nur noch im Theater ! Als Knattermimen sind wir noch am sichersten auf diesen Zeiten."
Ludwig : "Und müssen froh sein, wenn sie uns überhaupt wieder nehmen.Was glaubst du, Jesserl, wer sich für meine Rolle beworben hat in der Zeit, wo wir mit- einander Gassi waren ? Guildo Horn und Zlatko."
Jesus : "Und bei mir - auch Guildo Horn.Und dazu Elfriede Jelinek."
Ludwig : "Und nicht der Moshammer ?"
Jesus : "Der wollte Oberammergau und Neuschwanstein immer schon zusammen legen, mit ihm selber versteht sich in der Hauptrolle.Das Kostüm dafür steht schon in seinem Schaufenster : ein Dreieckshoserl aus Hermelin und dazu ein Dornen-Diadem aus Leuchtstoffröhren mit Brillanten besetzt.Als Johannes hat er den Gauweiler engagiert, jetzt üben sie jeden Abend im Hobbykeller kreuzigen."
Ludwig : "Wie - die sich gegenseitig ?"
Jesus : "Ja nur.Wers länger aushalt, darf am nächsten Tag dem Moshammer sein Tou- pet aufsetzen. Und Daisy spielt die Maria Magdalena und jault , dass sogar den Tamagotschis das Piepsen vergeht."
Ludwig : "Dagegen schau uns an - meinen Krönungsmantel mitsamt der Krone hat der Richard Wagner mitgehn lassen, alles was mir noch bleibt,ist der Irrenkittel."
Jesus : "Aber der bist du, Bruder Ludwig.Der erzählt über dich alles, was es über dich überhaupt zu erzählen gibt."
Ludwig : "So wie die Brustwunde über dich, Bruder Jesus."
Jesus : "Spielen wir also weiter."
Ludwig : "Spielen wir."
Jesus : "Es ist ja nur bis Herbst, dann hab ich wieder Pause bis 2010.In der Zwischen-
zeit hat der Dalai Lama die Passionsspielhalle gemietet."
Ludwig : "Wie ichs prophezeit hab !"
Jesus : "Er bietet einen Levitations-Kurs an für Fortgeschrittene mit Vollpension.Die ersten, die gebucht haben, waren die Milwaukee Tiger Girls.Und der Hannes Heindl".
Ludwig : "Ich dagegen...ich muss noch mindestens fünf Jahre weitermachen.Und am Schluß von jeder Vorstellung See ersaufen.Achtmal die Woche..."
Jesus : "Ich werde dich nach jedem Ersaufen mit einer Wärmflasche erwarten.Und anschliessend bring ich dir endlich bei, wie man auf demWasser wandelt."
Ludwig : "Du willst bei mir die Garderobiere machen, Messias ?"
Jesus : "Meine letzte Chance.Bei dir, da suchen sie mich nicht.Nicht einmal der Ratzinger."

Und er holt eine Bambusflöte aus seinem zerfetzten Hemd.
Ludwig : "Was hast du denn da ?"
Jesus : "Ein Erinnerungsstück."
Er setzt die Flöte an den Mund.Er spielt göttlich.Und wie von dem göttlichen Flötenton herbeigeblasen, pocht jemand an die Garderobentür.Jesus, die frisch bestallte Garderobiere, waltet zum ersten Mal ihres neuen Amtes und geht nachschauen.

Ludwig : "Du,Ludwig ? Es ist Besuch für dich da.Er kommt aus Bayreuth."
Ludwig : "Der Richard Wagner schon wieder ! Stoss ihm Bescheid, er braucht sich nicht mehr bemühen - mir san ausgeplündert in jeder Hinsicht."

Aber es ist gar nicht Richard Wagner.Es ist Wotan, der den Speer reckend zur Tür herein tritt :
"Hohes Heil euch holdeste Herrscher ! Ich bin auf der Flucht."


Hannes Heindl war viele Vorsitzender des Ludwig II.-Klub
Originaltext Oberammergau
Originaltext Richard Wagner



Inselträume
Ile d' Òléron 2004









Von weitem her aber
aus Frankreich
zu euch gesprochen :
König Melchior
greift sich die Krone vom Kopf
und Joseph, eigentlich der Hausherr
muss derweil
( im Dom von Autun )
um die Ecke sitzen.
Gislebertus zeigt uns drastisch
wie er, der Joseph,
sich mopst :
"Puh, diese Staatsbesuche !"
Bei der Flucht nach Ägypten ( Matthäus 2,14 )
darf er sich dann
wieder nützlich machen
und,
Weib und Kind auf dem Esel hinter
sich her ziehend,
mit lautem Geschrei die lauernden
Untiere verscheuchen.

Autun, 16.7.08
Als sei sie selbst die Schlange, kriecht die Eva des P. Gislebertus durch
den Dschungel des Gartens Eden und rupft
( lässig nebenbei,
weil sie es laut Bibel halt muss ) den unheilberühmten Apfel ab.



Dabei gehört sie selbst zu dieser Dschungelwelt,
erzählt Pater Gislebertus ( GISLEBERTUS FECIT ) ,
der einzigartige Psychologe und Geschichtenerzähler
hier als Steinmetz am tombeau des Lazarus. Der durch Jesus auferweckt ward
von den Toten ( Joh.11, "Herr/er stinkt schon/denn er ist viertägig") ,
übers Meer hierher nach Autun geirrt kam, wo seine Schwester Magdalena 40 Jahre lang büßte, und er
schließlich der allererster Bischof von Autun wurde.Unser Lazarus !



Und wer war dann
der allerletzte Bischof von Autun ?
Der dem Mythenreigen, nach 2000 Jahren erst den
richtigen Schwung gibt ?
Charles-Maurice de Talleyrand - Perigord, der da er hinkte und anders als seine Familien-Mitglieder, keine Chance als Offizier hatte. Eine flinke Messe im abgeschiedenen Autun war schnell arrangiert, nach dem diensthabenden König kam die Revolution, kam Napoleon und der Ex-Bischof bewährte sich stets als sein allgegenwärtiger Diener.

Autor berühmter Soutisen, wie "Die Dummköpfe und Fanatiker haben überhaupt keinen Humor" oder "Außenpolitik ist die Kunst, einerm anderen so lange auf den Zehen herum zu stehen, bis dieser sich entschuldigt."

Mithin, nach dem Scheitern Napoleons, immer noch der erfolgreichste Diener Frankreichs, der dem eigentlich besiegten Land unter den Siegern einen respektalen Platz erschlich.

Kein anderer als der Erz-Kolloborateur Sacha Guitry hat ihm einen Film gewidmet ( mit sich, versteht sich in der Hauptrolle als Talleyrand ) und Jean Anouilh eine Komödie, die "Majestäten".
In der Napoleon zu Fouché sagt ( dem Erfinder der heute noch in Frankreich
umgehenden Consierge ) :"Zu Talleyrand habe ich immer gesagt, er sei ein Stück Scheiße
in einem seidenen Strumpf. Aber bei ihnen, da fehlt sogar der Strumpf."
In Autun erzähl ich euch weiter, gerade denen die nichts von Geschichte wissen oder wissen wollen,


nicht 1000 oder 2000 Jahre hinterher denken
und darum
mit dem Gegenwärtigen nicht zurecht kommen.
Dort, wo das Geschichtliche ins Mythische umschlägt,
und umgekehrt.

Hier in Augustonum geht es beides Hand in Hand.
In Autun erzähl ich euch weiter, gerade an diesem Ort an dem so viel Geschichte versammelt ist -
mit Behagen gerade das Widersprüchlichste & Disparateste,
gerade das was nicht zusammenpassen will.

Wir spazieren an der römische Wasserleitung
( der Stadtgründer, der Römer )
entlang,
der hinter der keltischen Pyramide aus
einem bezaubernden Wasserfall abgezapft wird -


Abgemacht ?
Spät erst, 2002, mit weit über sechzig, wurde ich zum Zeichner.

Im Largo Argentino in Rom kaufte ich mir in einem Museumsshop am 18.März 2002
ein Skizzenbuch ( mit Ringheftung ) weil es so schmiegsam in der Hand lag, ein angenehmes Format ( 16 x 20,5 ) und zuverlässig feste Seiten hatte : Productions Flammarions, Paris 2000.

Aber was wollte ich eigentlich zeichnen ? Ich wusste es selbst nicht. Noch nicht.
Und begab mich mit dem Drehbleistift auf die Suche...



Wieder einmal steht neben mir mein Vater
im feldgrauen Rock des Mörders, diesmal
mit dem Zeichenblock in der Hand :
"Mit dem Stift in der Hand hab ich mir
Frankreich erobert, mein Frankreich.
Nicht, wie mir befohlen, mit dem Karabiner."

Ich setz, Vater, die Eroberung fort, die
du für mich begonnen hast.

"Und zeichnest" sagt er, sein Gerührtsein
verbergend "die Schatten falsch rum dabei".

Verzeih, sage ich, ich geb mir weniger Mühe,
ich muss was ich zeichne, nicht mit der
Feldpost verschicken an meinen Sohn.

Damit es ihn erfreut. Bis zum heutigen Tag.
Er schweigt. Wir zeichnen beide das selbe Motiv.